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Baumkronen sind in Städten wertvoll in vielen Hinsichten: Gesundheit, Klima, Ökologie. Bild: Thami Croeser

Diese Karte mit Geodaten aus Berlin zeigt an, wo die Regel der 30% Baumkronen-Beschattung vorhanden ist. Rot bedeutet 0% Baumkronenabdeckung, Violett 30%. Bild: Cobra Groeninzicht

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Ungünstige Verteilung von Bäumen in Städten

Eine Studie des Royal Melbourne Institute of Technology (RMIT University) mit Beteiligung der Technischen Universität München (TUM) hat den Zugang zur Natur in acht grossen Weltstädten untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass Städte nicht genügend von Baumkronen beschattet werden, auch wenn es viele Bäume gibt. Weniger als 30 % der Gebäude in New York City, Amsterdam, Buenos Aires, Denver, Sydney und Melbourne befinden sich in Vierteln mit ausreichender Baumkronenbedeckung. In New York und Amsterdam ist sogar kein einziges Haus von ausreichend vielen Baumkronen umgeben, obwohl in New York 92 % und in Amsterdam 50 % der Gebäude einen Blick auf mindestens drei Bäume hatten.

Die Forschenden untersuchten über 2,5 Millionen Gebäude in acht Städten anhand der sogenannten «3-30-300»-Regel, die vom Forstwissenschaftler Cecil Konijnendijk entwickelt wurde. Demnach sollte jedes Haus, jede Schule und jeder Arbeitsplatz einen Blick auf mindestens drei Bäume haben, sich in einem Viertel mit mindestens 30 % Baumkronenbedeckung befinden und nicht mehr als 300 m von einem Park entfernt sein. Wie die Ergebnisse zeigten, erreichen nur Seattle und Singapur die 30 % Baumkronenbedeckung. Auch Parks sind nicht überall so nah zugänglich: Singapur und Amsterdam erzielten hohe Werte, während Buenos Aires und New York City schlecht abschnitten.

Laut Wolfgang Weisser, Professor für Terrestrische Ökologie an der TUM, werden Metriken, die die grüne Infrastruktur im Zusammenhang mit dem menschlichen Wohlbefinden bewerten, immer noch zu wenig in der Stadtplanung verwendet. «Die ‚3-30-300‘-Regel erfordert hingegen, dass wir nicht nur Parks irgendwo in der Stadt schaffen, sondern Natur in die Bereiche bringen, in denen die Menschen tatsächlich leben und arbeiten. Eine Gemeinde mit fast baumlosen Strassen aber einigen grossen, gut bewaldeten Parks hat auf Stadtebene gesehen pro Einwohner eine ordentliche Zahl von Bäumen – das trifft auf viele deutsche Städte zu. Wo die Menschen leben und arbeiten, stehen jedoch wenige grössere Bäume und die lokalen Anforderungen ‚3‘ und ‚30‘ zeigen, dass dies nicht ausreicht», wird Weisser in einer Medienmitteilung der TUM zitiert.

Mehr Baumkronenbedeckung für Klimaanpassung

Laut leitendem Forscher Dr. Thami Croeser  ist es besorgniserregend, dass die meisten Gebäude in der Studie den 30 %-Test für Baumkronen nicht bestanden haben. 2023 ist das heisseste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen war und 25 % der Weltbevölkerung sind mit gefährlichen Hitzeextreme konfrontiert. Deshalb, so Croeser, sei eine Baumkronenbedeckung dringend erforderlich, um Städte abzukühlen. «Frühere Forschungen haben gezeigt, dass Depressionen, Angstzustände, Fettleibigkeit und Hitzschlag in städtischen Gebieten, die keinen Zugang zu schattigen Baumkronen und grünen Freiflächen haben, häufiger vorkommen», wird Croeser vom RMIT Centre for Urban Research in der Pressemitteilung zitiert.

«Baumkronenbedeckung erhöht nicht nur die Kühlung, sie kann auch das Hochwasserrisiko verringern, die geistige und körperliche Gesundheit fördern und die städtische Biodiversität unterstützen. Studien sagen, dass wir tatsächlich mindestens 40 % Baumkronenbedeckung benötigen, um die Tagestemperaturen erheblich zu senken, sodass die ‚30‘-Metrik das absolute Minimum darstellt – und die meisten Gebäude, die wir untersucht haben, erreichen nicht einmal dieses Ziel», so Croeser.

Integration von Bäumen in die Stadtplanung

Croeser sagt, dass die derzeitigen Methoden, Strassen zu gestalten, gesundes Baumwachstum nicht unterstützen, da die Planung Infrastrukturen wie Kabel und Rohrleitungen gegenüber Bäumen begünstige. «Wir müssen die Praxis ändern, dass Flächen für Gebäude und Strassen dauerhaft so bleiben müssen wie sie sind, stattdessen könnte man solche Flächen auch zugunsten einer grünen Infrastruktur umverteilen. 30 % Baumkronenbedeckung scheinen eine hohe Messlatte zu sein, wenn wir so fortfahren wie bisher. Aber sie sind absolut erreichbar, wenn wir unsere Praxis ein wenig ändern. Derzeit räumen wir Bäumen wenig Priorität ein, und wenn sie Kabeln oder Rohren im Weg stehen, entfernen wir den Baum oder ersetzen ihn durch einen Setzling. Bäume frühzeitig in Strassen zu integrieren und dann Win-Win-Lösungen zu finden, um Versorgungsleitungen und Verkehrswege zu integrieren, ist eine der grossen Veränderungen, die wir vornehmen müssen, um einen Unterschied zu machen», so Croeser.

Ausserdem würden Bäume aktuell unter Bedingungen gepflanzt, die für ihr Wachstum hinderlich sind, sagt Croeser. «Der Boden ist verdichtet, es liegt Asphalt darüber und wenn es regnet, läuft das Wasser entlang der Rinnsteine in die Kanalisation statt zu den Bäumen oder in den Boden. Frühere Studien zeigen, dass Bäume bei besserer Bodenqualität, mit mehr Platz und wenn das Wasser direkt in den Boden gelangt, schneller wachsen können. So kann man den aktuellen Mangel an Kronenbedeckung adressieren. Zudem werden Bäume in städtischen Umgebungen mitunter gefällt und durch Setzlinge ersetzt oder sehr stark beschnitten, sodass nur wenige Bäume die Möglichkeit haben, zu grossen alten Baumkronenbäumen heranzuwachsen, ausser in einigen wenigen glücklichen Gebieten.»

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