Die Schweizer Modebranche steht unter Druck. Immer mehr Kleiderketten und Schuhanbieter geben auf oder schliessen einen Teil ihrer Filialen. So gingen kürzlich auch die Roll-läden des Black-Out-Store im Einkaufszentrum «di alt Fabrik» in Wädenswil herunter. Ein neuer Ladenmieter war nicht in Sicht. «Das kann es doch nicht sein», sagte sich Markus Raschle, Inhaber des gleichnamigen, im Einkaufszentrum eingemieteten Gartencenters und der Raschle Dorfgärtnerei in Langnau am Albis. «Ein leeres Lokal ist schlecht für das ganze Einkaufszentrum.» Er entschied kurzfristig, das sei jetzt wohl die Gelegenheit, um eine Entwicklung aufzugreifen, deren rascher Aufschwung viele gärtnerische Fachhandelsbetriebe überrumpelt hat: das Urban Gardening.
Idee testen mit Pop-up-Store
«Die Nachfrage nach bepflanzten Gefässen hat in den letzten zwei Jahren einen ungeahnten Aufschwung erfahren, ebenso das Interesse an Hochbeeten», berichtet Raschle, «das ist heute in der Region Zürich ein Mega-Thema.» Der rührige Unternehmer suchte den Kontaktclass="s4">zur Liegenschaftsverwaltung und schlug dieser für die Leerfläche einen von ihm betriebenen Urban-Gardening-Shop vor.class="s1">Dieser ist als Zwischennutzung angedacht, bis ein neuer fester Mieter gefunden wird, sicher aber bis zum Frühsommer. Temporäre Geschäfte dieser Art werden als Pop-up-Stores bezeichnet. In Grossstädten ist das Verkaufskonzept derzeit sehr angesagt: Es sichert den angebotenen Produkten für kurze Zeit mehr Aufmerksamkeit und ermöglicht dem Betreiber, an guter Lage eine Ladenlokalität zu attraktiven Konditionen zu mieten – ideal also, um neue Ideen auszuprobieren.
Trendige Gefässe und Hochbeete
Raschle, der von sich sagt, dass er immer mal wieder etwas Neues anpacken müsse, erhielt Anfang Mai die Zusage für das 300 m2 grosse Geschäft inklusive 50 m2 Lagerfläche. Parallel zum Wädenswiler Blumenmarkt (bis 21. Mai 2016), bei dem das Gartencenter jeweils auch die Piazza des Einkaufszentrums mit Sommerflor, Kräutern und Stauden belegen darf, wurde der angrenzende Urban-Gardening-Shop eingerichtet undclass="s1">bereits am 8. Mai eröffnet. «Alle Lieferanten waren extrem hilfsbereit und zuvorkommend», betont Raschle. Nur deshalb und dank der eigenen Werbeabteilung – Ehefrau Corinna kreierte Logo, Flyer, Plakate usw. – sei eine so kurzfristige Realisierung überhaupt möglich gewesen.
Der Urban-Gardening-Shop stellt für das Gartencenter, das über eine Verkaufsfläche von lediglich 1200 m2 verfügt, eine willkommene Erweiterung dar. Weil nahezu ohne Tageslicht, wird die Fläche hauptsächlich mit trendigen Gefässen, Hochbeeten von stylisch über poppig bis natürlich, Erden, Dünger, ausgewählten Bedarfsartikeln und speziellen Accessoires für den Anbau von Gemüse, Kräutern und Beeren auf Balkon und Terrasse bespielt. Über die Hälfte dieser Artikel wurden vom Gartencenter bereits geführt, können nun aber viel effektvoller präsentiert werden. Laut Raschle lässt sich schon jetzt feststellen, dass die separate Stellung ein grösseres Kundeninteresse bewirkt und die Absatzzahlen beflügelt.
Schlichter Auftritt
Der Auftritt im neuen Ladenlokal ist schlicht, buntund grosszügig. Occasion-Paletten dienen als Warenträger und setzen – bestückt mit Gemüse und Kräutern – als improvisierte Thekenverkleidung einen coolen Akzent bei der Kassenstation. Paletten, Palettenrahmen und -deckel stehen aber auch im Verkauf und finden laut Raschle grossen Anklang. Die vom Kleidergeschäft übernommene Beleuchtung ermöglicht eine effektvolle Inszenierung. Ein visuelles Highlight sind die bunten Tubetrugs-Plastikkübel und Sackgsund-Säcke. Für attraktive frischgrüne Farbtupfer sorgenverschiedenste bepflanzte Gefässe. Sie sind sowohl Fertiglösung als auch
Ideengeber und Dekoration und sollen «gluschtig» machen. Das Gemüse dafür wird in der Dorfgärtnerei in 12-cm-Töpfen vorkultiviert. Was nicht schnell dreht, wird ausgetauscht und unter optimalen Bedingungen im Gartencenter angeboten. Dort findet die Kundschaft – neben vielen anderen Gewächsen – auch ein umfangreiches Sortiment an Gemüsesetzlingen (im Stückverkauf) und Kräuterpflanzen. «Essen ist ein geniales Thema», meint Raschle, der im hinteren Ladenteil eine einfache Kursecke eingerichtet hat, wo er vor allem Schulklassen fürs Urban Gardening begeistern möchte. «Die Dorfgärtnerei hatte schon immer ein riesiges Sortiment und grosses Wissen, das wir gerne weitergeben. Jetzt probieren wir diesen Weg aus.»
Nicht stehen bleiben
Der Detailhandel verändert sich rasend schnell. Markus Raschle sagt: «Die Welt dreht sich, wenn du nicht mitgehst, stehst du im Schatten.» Deshalb ist das Unternehmen Raschle u. a. sehr aktiv in den Neuen Medien, pflegt ein konsequentes und soeben überarbeitetes Corporate Design und setzt auf Eigenabfüllungen nach dem Motto «Wir sind die Marke». Eine originelle Spezialität ist das vom benachbarten Wädi Brau-Huusgebraute exklusive Gartenbier: in diesem Jahr ein «ChocolateStout», das nur im Raschle Gartencenter, in der Raschle Dorfgärtnerei und jetzt auch im Urban-Gardening-Shop erhältlich ist.crs
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