Schon wieder ein neues System zur Kennzeichnung chemischer Stoffe, werden sich manche Gärtnerinnen und Gärtner wundern. Wie kam es dazu und warum? Seit 1. Dezember 2012 sind bereits Produkte mit den neuen, weltweit gültigen GHS-Symbolen gekennzeichnet. Der Entscheid für die Einführung dieses Systems fiel an der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (1992). In zahlreichen Ländern gab es keine Kennzeichnung von Chemikalien. Das hat in Schwellen- und Entwicklungsländern zu vielen Todesfällen im Umgang mit Chemikalien und Pflanzenschutzmitteln geführt. Der zweite Grund lag darin, dass die Gefahren chemischer Stoffe unterschiedlich eingestuft wurden. Am Beispiel von Koffein lässt sich dies aufzeigen: Während der Stoff von China als «nicht gefährlich» und Indien als «nicht giftig» eingestuft wurde, bezeichneten die EU und die Schweiz Koffein als «gesundheitsschädlich». In den USA und Kanada galt er als «giftig» und in Neuseeland als «gefährlich». Gemäss Einstufung durch das GHS wird Koffein mit dem Symbol des Totenkopfes deklariert und als «hochgiftig» eingestuft. Seit Anfang Dezember 2012 ist Kaffee also auch in der Schweiz eine «hochgiftige» Brühe – und Vorsicht: Rund 100 Tassen entsprechen einer tödlichen Dosis.
Mehr als Gefahrensymbole
Die neun Gefahrensymbole des «Global harmonisierten Systems zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien» (kurz: GHS) sind jeweils mit einem Begriff verbunden (z.B. explosiv, ätzend, gesundheitsschädigend usw.). Sie sind aber nur ein Hinweis darauf, sich weiter zu informieren. Weitere Informationen enthalten wie bisher die Risiko- und Sicherheitshinweise. Sie werden im GHS-System zwar auch als Risikohinweise bezeichnet, aber neu als H-Sätze (= hazard statements) und die Sicherheitshinweise als P-Sätze (= precautionary statements) bezeichnet. Als viertes Warnelement kommt bei der GHS-Kennzeichnung ein Signalwort dazu, das entweder «Gefahr» oder «Achtung» bedeutet.
Die neue Kennzeichnung hat direkte Auswirkungen auf den Verkauf. Besonders gefährliche Chemikalien (Chemikalienverordnung seit 1.12.2012) sind in zwei Gruppen geteilt. Gruppe 1 darf nicht mehr an Privatpersonen verkauft werden. An berufliche Kundschaft darf nur verkaufen, wer über die notwendige Sachkenntnis verfügt (neu). Darunter fallen hochgiftige Chemikalien, die bei Kontakt über die Haut, beim Einatmen oder Verschlucken lebensgefährdend wirken, explosiv und gesundheitsschädigend sind oder Krebs erzeugen, die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und genetische Defekte auslösen können. Chemikalien der Gruppe 2 dürfen nicht mehr in Selbstbedienung angeboten werden. Beim Verkauf an Privatpersonen besteht die Pflicht zu beraten, wozu Sachkenntnis notwendig ist. Neben den bereits erwähnten sind dies ätzende und umweltgefährdende Chemikalien, letztere jedoch erst ab einem Inhalt von mehr als einem Kilo. Zudem gehören hochentzündliche Stoffe und einige weitere Stoffe, die giftige Gase entwickeln können, in diese Kategorie. Die Aufzeichnungspflicht für explosive, giftige und ätzende Chemikalien ist aufgehoben worden (neu).
Die Rolle des SECO beim Pflanzenschutz
Bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln sind in der Schweiz drei Bundesämter, die Forschungsanstalt Agroscope und das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) beteiligt. Die Aufgabe des SECO ist es, die gesundheitsgefährdende Wirkung von Pflanzenschutzmitteln zu prüfen und Berufsleuten einen möglichst wirkungsvollen Schutz zu empfehlen. Aus dieser Warte werden Zulassungen für PSM nicht verweigert, solange ein wirkungsvoller Schutz der Personen möglich ist.
Bei 50 % der Pestizide sei Vorsicht geboten. Die Referentin Livia Bergamin stellte die knifflige Frage, worin für Anwenderinnen und Anwender die grössere Gefahr liege, beim Konzentrat direkt aus der Flasche oder bei der verdünnten Spritzbrühe. «Bei der Spritzbrühe. Die Haut kann die verdünnte Mischung besser aufnehmen als das Konzentrat.» Ausserdem sei während eines Spritzeinsatzes die Haut länger dem Sprühregen ausgesetzt. Der wirksame Schutz der Haut durch Handschuhe und durch Anzüge sei bei der Arbeit mit chemischen Pflanzenschutzmitteln sehr wichtig, in gewissen Anwendungsbereichen oft noch wichtiger als ein wirkungsvoller Atemschutz.
Das häufig verwendete Insektizid Karate Zeon wird gemäss Etikette und Sicherheitsdatenblatt als «gesundheitsschädlich» und «umweltgefährlich» eingestuft. Zusätzliche Risikohinweise (R-Sätze) und Sicherheitshinweise (S-Sätze) informieren die Anwenderinnen und Anwender, worauf sie besonders achten sollen und wie sie sich schützen können. Beim erwähnten Mittel sind es Gefahren des Einatmens (R20/22) und die mögliche «Sensibilisierung durch Hautkontakt» (R43). Mit letzterem Hinweis ist die Gefahr von Allergien gemeint. Der Sicherheitshinweis ist naheliegend: «Bei der Arbeit geeignete Schutzhandschuhe und Schutzkleidung tragen.»
Verbesserte Sicherheitsdatenblätter
Als teilweise nicht sehr hilfreich beurteilt die Fachfrau vom SECO manche Sicherheitsdatenblätter. Weil sich die Produktionsfirmen für alle Arten von Schadensfällen absichern möchten, werden alle möglichen (und unmöglichen) Schutzmassnahmen aufgelistet. Das ergebe vielfach keinen Sinn, weil die vorbeugenden Massnahmen zu allgemein oder gar unpassend seien. «Wir werden deshalb diese Sicherheitsdatenblätter in Zukunft daraufhin kontrollieren und versuchen, Verbesserungen zu erreichen.»
Sicherheitsdatenblätter müssen für jedes chemische Mittel von den Produktionsunternehmen erstellt werden. Sie sollten in jedem Betrieb vorhanden sein, sodass sich Mitarbeitende über die chemischen und toxischen Eigenschaften eines Produkts informieren können. Darin ist weiter ersichtlich, welche Gefahren für Mensch und Umwelt bestehen sowie welche Schutzmassnahmen bei der Anwendung und welche Gegenmassnahmen bei Unfällen getroffen werden sollten.
Welche PSA darfs sein?
Die persönliche Schutzausrüstung (PSA) muss ihren Zweck erfüllen. Anhand von Beispielen zeigte Chantal Leuenberger, Arbeitshygienikerin, auf, dass nicht jede PSA diese einfache Anforderung auch erfüllt. Unterschieden werden dabei drei Kategorien von PSA. Die erste Kategorie schützt vor geringfügigen Risiken. In
die höchste Risikostufe (Kategorie III) fallen tödliche Gefahren oder ernsthafte
Gesundheitsschäden. Ursachen können Stromschlag, Stürze aus der Höhe, grosse Kälte (–50 Grad) u. a. sein. In die Kategorie II sind mittlere Risiken eingeteilt, die mit Brillen, Gehörschutz, Sicherheitsschuhen, Schutzhelmen oder Schnittschutz vermindert werden.
Bei der Wahl von PSA sind die Anforderungen an die Produkte ein wichtiges Kriterium. Zum Beispiel Handschuhe: Wovor sollen sie schützen: vor mechanischer Beanspruchung, vor Schnitten, Chemikalien, vor Kälte oder Nässe? Wenn Handschuhe einen ganz bestimmten Zweck erfüllen müssen (z.B. Schutz vor einer definierten Chemikalie), geben Beständigkeitslisten (Internet) darüber Auskunft.
Kontrolle über Sondermüll
Abfallentsorgung ist ein anspruchsvolles Thema. Bereits bei der Beurteilung, welche Stoffe als Abfall und welche als Sonderabfälle bezeichnet werden, beginnen die Schwierigkeiten. In einem Betrieb ist diese Unterscheidung wichtig: Welche Materialien werden rezykliert, welche über den Betriebskehricht entsorgt? Was ist Sondermüll, der nur von spezialisierten Betrieben entsorgt werden darf?
Seit 1985 ist klar, dass die Entsorgung von Sonderabfällen rückverfolgbar sein muss. Auslöser für entsprechende Gesetze war der «Verlust» von 40 Fässern mit hochgiftigem Abfall, die auf dem Transport von Seweso nach Basel nie an ihrem Bestimmungsort angekommen sind.
Sonderabfälle werden heute von spezialisierten Unternehmen abgeholt. Sie müssen beschriftet sein und einen Begleitschein mit detaillierten Informationen über Stoff, Absender, Transporteur und Entsorgungsfirma enthalten. Die Formulare sind online beim Bundesamt für Logistik und Bauten erhältlich.
Kommentare und Antworten