In der Pflanzenproduktion werden die pflanzenbaulichen Eigenschaften des Torfes als Substratbestandteil geschätzt. Denn Torf verfügt über eine hohe Luft- und Wasserkapazität, eine konstante Qualität, eine geringe mikrobielle Aktivität und einen niedrigen pH-Wert, der auf jeden gewünschten pH-Wert aufgekalkt werden kann. In der Schweiz beläuft sich der jährliche Torfbedarf auf rund 150 000 Tonnen. Dieser wird durch Importe, die meist aus dem Baltikum stammen, gedeckt. In Europa wurden durch den Torfabbau bereits 60 Prozent der Moorflächen zerstört. In der Schweiz sind Moore und Moorlandschaften von besonderer Schönheit und von nationaler Bedeutung seit 1987 durch die Bundesverfassung geschützt. Daher ist der Torfabbau grundsätzlich verboten.
Welchen Einfluss haben die Substrat-eigenschaften auf die Düngung? Welches sind die wichtigsten Substratkomponenten, und welche Erfahrungen gibt es bezüglich der torffreien Pflanzenproduktion? Die Granutec Fachtagung Pflanzenproduktion der Hauert HGB Dünger AG gab den rund hundert teilnehmenden Fachleuten in praxisnahen Fachvorträgen spannende Impulse rund um den Einsatz von torffreien Substraten. Auch wurde dargelegt, dass der Trend zur Verwendung von torffreien Erden im gärtnerischen Hobbybereich verstärkt Einzug hält. «Die Blumen- und Pflanzenerden unserer Eigenmarken sind seit 2013 torffrei», erklärte Rainer Pietrek, Purchasing Product Manager Garten / Pflanzen Outdoor bei Coop, in seinem Referat und fügte hinzu: «Bereits seit 1996 bieten wir unter Oecoplan Erden an, die torffrei, besonders umweltschonend und für den Biogartenbau bestens geeignet sind.»
Einfluss von Substrateigenschaften auf die Düngung
Kultursubstrate bieten der Pflanze Halt und versorgen sie mit Wasser und Nährstoffen. «Die in Substraten enthaltenen Nährstoffe müssen bei der Düngung unbedingt berücksichtigt werden», betonte Ludwig Eberspächer, Produktmanager Profidünger Baumschule/Zierpflanzen/Agrar bei Hauert Deutschland. Nur so könne eine bedarfsgerechte Nährstoffversorgung sichergestellt werden. Nährstoffe sind beispielsweise aufgrundeiner vom Substrathersteller vorgenommenen Aufdüngung vorhanden oderweil nährstoffreiche Zuschlagsstoffe beigemischt wurden. «Letztere reduzieren vor allem die benötigte Düngermenge von Phosphor und Kalium», präzisierte der Referent. Er wies darauf hin, dass die Rohstoffe je nach Jahreszeit natürliche qualitative Schwankungen aufweisen können und die Düngung stets dem aktuellen Nährstoffgehalt angepasst werden muss.
Der pH-Wert des Substrates hat enormeAuswirkungen auf die Verfügbarkeit verschiedener Nährstoffe. Negative Auswirkungen von einem zu hohen pH-Wert seien die schlechte Verfügbarkeit von Eisen, Mangan, Bor oder Kupfer. Eine physiologisch saure ammoniumbetonte Düngung und die Verwendung von weichem Giesswasser können hier entgegenwirken. Bei einem zu niedrigen pH-Wert entsteht hingegen Nitrit, und Aluminium, Blei und Cadmium werden für die Pflanzen verfügbar. Eberspächer empfiehlt in solchen Fällen, physiologisch alkalisch nitratbetont zu düngen, das Substrat aufzukalken und hartes Giesswasser zu verwenden. Im Weiteren hat die biologische Aktivität von Substraten einen entscheidenden Einfluss auf die Freisetzung verschiedener Dünger. Für die Stickstofffreisetzung von organischen Düngern sowie von Methylenharnstoffen sind Mikroorganismen unabdingbar. «Bei belebten Substraten ist daher von einer schnelleren Stickstofffreisetzung auszugehen», erklärte der Produktmanager. Einige Risiken belebter Substrate sind: starker Abfall des pH-Werts, starker Anstieg des Stickstoffgehaltes und des Salzgehaltes sowie eingeschränkte Lagerfähigkeit.
Die wichtigsten Substratkomponenten
Heute ist Torf (Weiss- und Schwarztorf) mit Abstand die am meisten verwendetete Substratkomponente und wird nur sehr langsam durch andere Zuschlagstoffe ersetzt. Seine positiven Eigenschaften wie die konstante Qualität und die hohe Luft- und Wasserkapazität machen den Umgang mit ihm sehr einfach und sicher. Hinzu kommt das hohe Mass an Erfahrung, das seitens der Substrathersteller und Pflanzenproduzenten vorliegt. «Eine Mischung mit anderen Zuschlagstoffen ist jedoch pflanzenbaulich wie auch ökologisch sinnvoll», betonte Eberspächer. Der Einsatz von Substratkompost, hergestellt aus verrotteten pflanzlichen Abfällen aus dem GaLaBau, ist je nach Qualität mit einem Anteil von bis zu 40 % möglich. Durch den hohen Gehalt an P und K (oft über 1500 mg P2O5 und 4000 mg K2O/l), einen pH-Wert von über 8 und einen sehr hohen Salzgehalt (über 5 g KCI/l) muss die Düngung entsprechend diesen Eigenschaften angepasst werden.
Dank seinen guten Drainage- und Puffereigenschaften eignet sich Rindenhumus besonders zum Einsatz in
Containersubstraten mit langen Standzeiten. Rindenhumus weise einen hohen Kaliumgehalt (bis 800 mg K2O/l) auf, betonte Eberspächer in seinen Ausführungen. Ein Einsatz in Substraten lasse sich mit einem Anteil von bis zu 50 % empfehlen.
Holzfasern, die meist aus regionalem Weichholz wie Fichten oder Kiefern hergestellt werden, verfügen über gute Drainageeigenschaften und einen geringen Nährstoff- und Salzgehalt (weniger als 100 mg K2O/l). Sie sind in Substraten bis zu 40 % einsetzbar. Kokosprodukte wie Kokosfasern, Kokosstaub und Kokos-chips sind «Abfallprodukte» aus der Kokosnussherstellung. Sie weisen relativ hohe Mengen an Kalium (bis 800 mg K2O/l) und einen, bedingt durch den Herstellungsprozess hohen Salzgehalt auf. «Um Torf zu ersetzen, eignet sich auspflanzenbaulicher Sicht Kokosstaub hervorragend», sagte Eberspächer. Als Zuschlagstoff kann zudem kultivierte Torfmoosbiomasse den Torf nachhaltig ersetzen (siehe Kasten).
Torffreie Produktion bei der Huplant Pflanzenkulturen AG
Die Geschäftsführer der Huplant Pflanzenkulturen AG in Hirschthal, Yvonne und Adrian Huber, sind Pioniere, wenn es um die torffreie Produktion in Bioqualität geht. Das im Jahre 2001 als Zierpflanzengärtnerei für den Grosshandel gegründete Unternehmen beschäftigt heute 35 Mitarbeitende und kultiviert auf einer gedeckten Produktionsfläche von 12 000 m² (Gesamtfläche 70 000 m², davon Freilandfläche 20 000 m²) Beet- und Balkonpflanzen, Stauden und Zierpflanzen.
«Vor zwei Jahren haben wir den Torfausstieg gewagt und produzieren nun komplett torffrei» , erklärte Adrian Huber (vgl. dergartenbau 5/2015). Zu Beginn stand das Unternehmerpaar mit der nachhaltigen Idee der torffreien Produktion ausschliesslich skeptischen Meinungen gegenüber. «Doch Aussagen wie ‹Das funktioniert nie!› spornten uns zusätzlich an», erinnerte sich der Geschäftsführer. Das neue Substrat musste für eine erfolgreiche Kultur verschiedene Vorgaben erfüllen. «Die Substratmischung sollte für alle Kulturen in den Topfgrössen T 9 bis T 30 und die diversen Bewässerungssysteme wie Ebbe-Flut-, Tropf- und Giesswagenbewässerung unseres Produktionsbetriebes geeignet sein», präzisierteHuber. Dank einer engen Zusammenarbeit mit dem Erd- und Düngerlieferanten und laufend vorgenommenen kleinen Anpassungen konnte eine optimale Erdrezeptur gefunden werden.
«Bei der Kultur in torffreiem Substrat verhält sich die Düngung komplett anders als bei der Kultur in torfhaltigen Substraten», berichtete Huber. Um eine optimale Stickstoffversorgung zu garantieren, sei beim Basisdüngersystem «Hauert Plantaktiv Basis 6-14-37» die Stickstoffversorgung von den anderen Nährstoffen abgekoppelt. Ein grosser Vorteil: Das Nährstoffverhältnis kann sehr einfach variiert und dem Bedarf der Kulturen angepasst werden.
«Wöchentlich nehmen wir von der gleichen Kultur, dem gleichen Satz und der gleichen Sorte Proben», erläuterte Huber. Die im erhöhten Kompostanteil natürlich vorkommenden Phosphor- und Kaliumreserven werden somit kontinuierlich im Labor analysiert, um das Nährstoffverhältnis der Düngung im Bedarfsfall anzupassen. Alle zwei Wochen werden die Untersuchungen durch interne Bodenanalysen ergänzt.
«Wir geniessen täglich die kleinen Erfolge unserer nachhaltigen Kulturführung – da ist nun wieder Leben im Topf», freut sich Huber. Der erfolgreichen torffreien Produktion folgte zu Beginn dieses Jahres ein weiterer bedeutender Schritt in puncto Nachhaltigkeit: Seit dem 1. Januar 2017 ist die Huplant Pflanzenkulturen AG zertifizierter Biobetrieb in Umstellung.
Weiterführende Links
• www.coop.ch/content/act/de/ta ten-statt-worte/tat-nr--177.html
MOOSzucht für den Klimaschutz
Das kürzlich gestartete Forschungsprojekt MOOSzucht der Uni Greifswald (D) hat sich zum Ziel gesetzt, Methoden zur Massenvermehrung von Torfmoosen im Fotobioreaktor zu entwickeln und die Produktivität von Torfmoosen züchterisch durch Selektion und Smart Breeding zu erhöhen. Das dreijährige Forschungsvorhaben wird im Programm «Nachwachsende Rohstoffe» des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit 1,1 Mio. Euro gefördert.
Torfmoose sind wurzellos und können deshalb nur in nassen Mooren wachsen. Nach ihrem Absterben werden sie zu Torf. Dieser über Jahrtausende abgelagerte Torf ist derzeit die Produktionsgrundlage des modernen Gartenbaus. Insgesamt werden in Deutschland jährlich rund 8,5 Mio. m³ verbraucht, davon 3 Mio. m³ gering zersetzter Torf. Alternativen gibt es bisher kaum. Kultivierte Torfmoosbiomasse kann Torf nachhaltig ersetzen. Ihr Anbau auf wiedervernässten Moorflächen trägt ausserdem erheblich zum Klima- und Umweltschutz bei. Nach der Aussaat von Torfmoosen können sie einige Jahre später wieder geerntet und im Gartenbau verwendet werden.
Nach bisherigen Untersuchungen der Greifswalder Forscher könnte eine Torfmooskultivierung auf rund 40 000 ha den deutschen Bedarf an gering zersetztem Torf ersetzen. «Eine Herausforderung ist die bislang geringe Verfügbarkeit von Torfmoosen als Saatgut für die Einrichtung von Torfmooskulturen, da Torfmoose in Deutschland selten und geschützt sind», erklärt der Projektleiter Prof. Hans Joosten vom Institut für Botanik und Landschaftsökologie der Universität Greifswald. Ziel des Forschungsvorhabens MOOSzucht sei daher, Torfmoossaatgut im Fotobioreaktor im grossen Stil zu vermehren. In einem anderen Forschungsprojekt ist es den Forschenden der Universität Freiburg bereits gelungen, das Moos Sphagnum in Bioreaktoren artenrein zu vermehren. Das Bild zeigt junge Torfmoospflanzen zur Saatgutproduktion.
Quelle: Uni Greifswald
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