Im Frühjahr 2020 platzen die Containerflächen am Lubera-Stammsitz in Buchs SG aus allen Nähten. Strukturelle Veränderungen sind unumgänglich. Bald soll hier ein 1,5-ha-Projekt entstehen. Am zweiten Standort, im norddeutschen Bad Zwischenahn, ist geplant, neben einem Gewächshaus von 4000 m² zusätzlich 5 ha zu arrondieren. Mittlerweile wird in der deutschen Niederlassung nur noch für den Onlinehandel produziert. Eine logische Folge sei das, sagt Lubera-Geschäftsführer Markus Kobelt. «Unsere Tochterfirma Lubera Edibles in Strullendorf (D) verkauft Jungpflanzen der Lubera-Sorten an alle grösseren Pflanzenproduzenten in Europa. Es macht keinen Sinn, sie zu konkurrenzieren. Aber es macht Sinn, möglichst viel online direkt an Konsumenten zu verkaufen. Das entwickelt Lubera als Marke weiter.»
Auch in der Schweiz erwirtschaftet die Lubera AG inzwischen mehr Umsatz durch den Onlinehandel als durch das Engrosgeschäft. Der Onlineumsatz des Unternehmens – ohne Lubera Edibles – mache mittlerweile etwa zwei Drittel des Gesamtumsatzes aus, in der Schweiz liege der Anteil bei rund 60 %, so Kobelt. Um die 120 000 Bestellungen pro Jahr werden bei Lubera verpackt und versendet. 40 000 sind für die Schweiz bestimmt, 80 000 gelangen nach Deutschland – von wo aus auch Grossbritannien bedient wird. Vor der Corona-Krise verzeichnete Lubera 35 000 Stammkunden. «Jetzt sind es deutlich über 40 000», so Kobelt.
Weitere Sprachen fürs Onlineangebot in Planung
Am Stammbetrieb in Buchs stehen neben Gewächshäusern und Tunneln 6 ha der Containerpflanzenproduktion zur Verfügung, in Deutschland sind es 10 ha. Das 1500 m² grosse Gewächshaus in Buchs wird ausschliesslich für die Logistik genutzt und ist mit Tischsystem, Rüstbahnen, Rollbahnsystemen für die Verpackung, Topflinie inklusive Absetzroboter und eigener IT bestückt.
Der englische Lubera-Shop ist nach einer Schliessung während der Corona-Zeit gerade wiedereröffnet worden. Lubera wartet ab, unter welchen Bedingungen in Zukunft Pflanzenpakete nach UK gesendet werden können. Falls dies ab Januar 2021 weiter möglich ist, wird der UK-Shop auf die zentrale Lubera-Plattform übertragen, auf der auch die Shops im DACH-Raum laufen. Doch Lubera wird nicht auf den englischen Markt oder die DACH-Region begrenzt bleiben. In naher Zukunft soll der Onlineshop in weiteren Sprachen verfügbar sein.
Erdbeer-Bibliothek im Entstehen
Schon vor 25 Jahren hat Gartenbau-Ingenieur Kobelt mit der Apfelzüchtung begonnen – noch heute ein Schwerpunkt des Unternehmens. 10 000 bis 15 000 Malus-Sämlinge produziert Lubera alljährlich. Das Gute mit dem Besonderen zu verbinden, ist dabei das Ziel: verschiedene Fruchtfarben, Hängeäpfel, säulenförmig wachsende Äpfel, essbare Zieräpfel oder auch samenlose Äpfel. Lubera züchtet für den Hausapfelmarkt; für den Erwerbsanbau ist die Lubera-Tochterfirma Fruture GmbH zuständig, an der neben der Lubera AG Beat Lehner von Lehner Obstbau beteiligt ist. Zu den erfolgreichsten Sorten gehören ‘Galant’, ‘Lummerland’ und die ‘Redlove’-Äpfel.
Ein weiterer Züchtungsschwerpunkt liegt auf den Erdbeeren. Dieses Frühjahr hat Lubera auf den Freilandfeldern in Buchs eine Bibliothek von ca. 1000 Erdbeer-Genotypen gepflanzt: Selektionen aus den letzten Jahren plus Neukreuzungen.
Erste Lubera-Kartoffeln in Sicht
Neu hat das Unternehmen Gemüsepflanzen im Visier, vor allem Kartoffeln, Tomaten sowie Auberginen. Auch hier steht im Fokus, Diversität mit Resistenz zu kombinieren. Bei den Tomaten wurden allein im letzten Jahr 4000 Pflanzen getestet. Um die Züchtungsergebnisse zu verfeinern, hat Lubera dieses Frühjahr auf den Aussenflächen Gerüste gebaut, wo die Pflanzen, die selektioniert werden sollen, dicht an dicht stehen. Hier werden sie auf ihre Robustheit gegenüber Phytophthora infestans getestet. Bis in sieben oder acht Jahren möchte Kobelt ausschliesslich eigene Sorten verkaufen. «Es geht uns darum, bei Tomaten und Kartoffeln verschiedene Resistenzen in einem Genotyp zu kombinieren.» Die Resistenz-Testreihen zu den über 300 Selektionen werden am bzb Landwirtschaft in Salez durchgeführt. Unternehmer Kobelt schätzt, dass es vier, vielleicht fünf Jahre dauern wird, bis erste resistente Lubera-Kartoffeln für den Hausgartenanbau marktreif sind.
Beerenobst und Blütengehölze
Auch Kreuzungen mit Elaeagnus, Aronia oder Saskatoon-Beeren werden angegangen. «Wir sind dabei, unseren Fokus zu erweitern», so Kobelt. Seit Lubera vor zwei Jahren die Sammlung des Feigenfachmanns Gusti Berchtold übernommen hat, kann das Unternehmen auf eine der grössten Feigensammlungen der Schweiz zurückgreifen. Im Frühling 2019 wurde das Sortiment in den Versuchsflächen in Buchs ausgepflanzt. Zudem wurden aktuell etwa 80 Sorten Granatäpfel ausgepflanzt, die teils aus Regionen wie Kasachstan stammen. Ebenso wie bei den Feigen steht dabei die Frosthärte im Fokus. Weiter werden intensiv je über 50 Morus- und Kaki-Sorten getestet.
Selbst bei den Blütensträuchern ist das Unternehmen nicht untätig: Hibiscus, Mönchspfeffer, Philadelphus, aber auch Rosen und Hortensien, werden bearbeitet. «Blütengehölze sind eine sinnvolle Ergänzung der Obst- und Beerenzüchtung», erklärt Kobelt. Letztlich werde die züchterische Methodik, die bei essbaren Pflanzen erworben wurde, hier nochmals eingesetzt. Dazu kommt: «Es macht den Mitarbeitenden Spass, den Züchtungsvirus weiter ausleben zu können.» Das Lubera-Züchterteam besteht aus drei Personen. An erster Stelle ist das Markus Kobelt selbst, der seine Tätigkeit mit 50 % Marketing und 50 % Züchtung beschreibt. Als Junior-Breeder in Buchs wird er durch Moritz Köhle unterstützt, vonseiten Lubera Edibles’ ist es der Produktionsgartenbau-Techniker Frederik Vollert.
«Dann ist der Jackpot geknackt»
Was die Hausgarteneignung anbelangt, geht der Unternehmer einen eher unorthodoxen Weg. Pflanzen, die Lubera verkauft, standen als Sorte mindestens zehn Jahre auf den Feldern. In geringer Anzahl werden sie in den Shop gebracht und verkauft. «Man lernt die Fehler einer Sorte erst kennen, wenn sie verschiedensten ‹Umwelten› ausgesetzt wird – in unserem Fall den Kundengärten. Das ist der Vorteil unseres Onlinegeschäfts. Wenn die Pflanze wirklich einen Fehler hat, bekommen wir es umgehend zu hören.» Kobelt hat eine klare Vorstellung davon, was eine neue Züchtung bieten muss: Sie sollte einfach in der Kultur sein, besser als Bestehendes im Geschmack und im Erlebnis sowie resistenter. «Wenn wir noch eine Kombination aus Zier- und Nutzwert erzielen – wie bei unserer Schwarzen Johannisbeere mit sehr viel Zucker, aber roten Blättern –, dann ist der Jackpot geknackt.» |
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