Am 25. Juni 2015 fand das von JardinSuisse, Unternehmerverband Gärtner Schweiz, organisierte Unternehmerforum im Kunst- und Kongresshaus in Aarau statt. Themen, die die ganze Branche betreffen, standen ebenso auf dem Programm wie Themen für die einzelnen Fachgruppen.
Neue Konsumbedürfnisse
Den Auftakt machte Dr. Mirjam Hauser, Senior Researcher am Gottlieb Duttweiler Institute (GDI), Rüschlikon / Zürich, mit dem Referat «Food und Retail Trends – Was neue Konsumbedürfnisse für die Grüne Branche bedeuten». Technologische Entwicklungen wie Digitalisierung und Online-Vernetzung prägen jedes Geschäftsmodell. Anhand von zum Teil «unglaublichen» Beispielen, beschrieb Hauser die «technologische Revolution». Dazu gehören, um nur ein paar wenige aufzuzählen, Gemüsefeldkontrolle mit einer Drohne, Überwachung einer Viehherde mit dem App «herdwatch», Mahlzeiten aus dem 3-D-Drucker und Roboter-Autos. Der Mensch verschmilzt mit dem Computer, setzt sich eine «Google Glasses Recipes»-Brille auf, statt das Rezeptbuch hervorzunehmen, eine App schickt die fotografierte Mahlzeit dem Ernährungsberater zur Analyse. Eine Gabel kontrolliert die Essgeschwindigkeit und «Cuptime» macht darauf aufmerksam, dass es Zeit ist, Wasser zu trinken. Alles wird messbar und kontrollierbar.
Und wie geht der Mensch mit dieser Entwicklung um? «Für viele wird es zu viel und aus Informationslust wird immer mehr eine Informationslast», meinte Hauser. Es entsteht eine Gegenbewegung, immaterielle Werte wie körperliche Fitness und Gesundheit, glückliche Partnerschaft sowie Familie sind erstrebenswerter als hohes Einkommen oder grosser Freundeskreis, wie eine Studie des GDI aus dem Jahre 2014 ergab. Vereinfachung, eingeweiht sein in die Handwerkskunst, Sehnsucht nach Natur und Ursprung (www.rooftopfamrs.org oder www.urbanfarmers.com), gemeinsames Gärtnern, Guerilla gardening sind die neuen Inhalte. Regionalisierung steht der Globalisierung entgegen und schafft Vertrauen in den Produzenten und die Produkte. Markthallen erleben ein Revival, Bauern und Produzenten sind die neuen Stars.
Die Megatrends wie Digitalisierung und Globalisierung geben laut Hauser den Takt der Veränderungen an, das Profil aber entsteht im Gegentrend. So sei bei der Weiterentwicklung von Gartenangeboten u. a. Folgendes zu berücksichtigen:
• Das Smartphone wird das wichtigste Interface
• Service wird wichtiger als Produkte (die bekommt man online)
• Essen und Kochen sind Statussymbole
• Kunden wollen eingebunden sein, lernen, um wieder verstehen zu können (in Produktion einbinden, Know-how aufbauen)
• Konsumentinnen und Konsumenten belohnen umfassend nachhaltiges Handeln (langfristig betrachtet).
Neue Arbeitsmarktverhältnisse
«Wir können uns freuen, wenn wir Mitarbeitende finden, die für uns arbeiten wollen», meinte Dr. Frauke Bastians, Heute und Morgen GmbH, Köln. Der Arbeitsmarkt habe sich vom Verkäufer- zum Käufermarkt gewandelt – die Unternehmen müssen um Lernende und Mitarbeitende werben. Was ist zu tun, auf dem Weg zum attraktiven Arbeitgeber oder Ausbildungsbetrieb? Die richtigen Lernenden und Mitarbeitenden zu finden, ist aufgrund der demografischen Entwicklung nicht einfach. Zudem mangle es den Jugendlichen aufgrund der Erziehung an psychischer Reife (u. a. fehlendes Bewusstsein für eigene Fähigkeiten, wenig Motivation und Durchhaltevermögen, fehlende Sozialkompetenz, mangelndes Rechts- und Unrechtsbewusstsein).
Bastians sprach in ihrem Vortrag aber nicht nur kritische Aspekte an, sondern lieferte auch Lösungsansätze. So müsse auf dem Weg zum attraktiven Arbeitgeber die eigene Haltung hinterfragt werden, denn sich nicht auf diese Generation einzustellen, sei keine Option. Vielmehr müssten die Bedürfnisse der Zielgruppe analysiert werden. Die Umfrage «Anforderungen an einen guten Arbeitgeber aus Sicht von Schülerinnen und Schülern» hat gezeigt, dass «Unternehmenskultur und soziale Beziehungen» wichtiger sind als Rahmenbedingungen wie der Lohn oder die Sozialleistungen. Sie erwarten, bereits in der Ausbildung «echte Arbeiten» ausführen zu dürfen und dass die Mitarbeitenden Spass an ihrer Arbeit haben
Eine Analyse des Unternehmens könnte aufzeigen, was es für die Zufriedenheit der Mitarbeitenden tut. Wie steht es zum Beispiel mit der Weiterbildung? «Das einzige, was schlimmer ist, als Mitarbeiter zu entwickeln und dann zu verlieren, ist, Mitarbeiter nicht zu entwickeln und sie dann zu behalten» zitierte Bastians den Autor und Coach Zig Ziglar. Da sich die Jugendlichen hauptsächlich im Internet über Arbeitgeber informieren, sollten Firmenwebsite und Jobprofile das Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber widerspiegeln, ganz im Sinne von «Tue Gutes und rede darüber».
Neue Besitzverhältnisse
Wer sich einstellt auf die neuen Konsum- und Arbeitsmarktverhältnisse, der macht sich bestimmt auch Gedanken zu Unternehmensnachfolge und Regelung von Notfällen. Daniel Barmettler, Betriebsökonom FH, BDO AG, Luzern, und Toni Bussmann, dipl. Treuhandexperte, BDO AG, Sursee, referierten zum Thema «Notfallplanung, Nachfolgeregelung: Der Chef ist weg, was nun?». «Mit einer Notfallcheckliste kann ein Chaos verhindert werden», meinte Barmettler. Dabei unterscheidet er zwischen «kleinem Notfall» (operativer Vorsorge bei kurzfristigem Ausfall ohne Einschränkung der Handlungsfreiheit) und «echtem Notfall» (operativer Vorsorge bei kurzfristigem Ausfall mit Einschränkung der Handlungsfreiheit). Gehören u. a. Organigramm, Kontaktadressen, Pass- und Kennwörter, Konditionen zum «kleinen Notfall», sind Vorsorgeauftrag, Patientenverfügung, Ehe- und Erbvertrag, Vollmachten wichtige Elemente beim «echten Notfall». Die Regelung «kleiner und echter Notfall» ist Teil der strategischen Vorsorge bzw. einer definitiven Nachfolgeregelung in einem Unternehmen. Voraussetzung dafür sei aber der Wille zur Regelung, der Wille zur Zukunftsgestaltung und die Bereitschaft zum Loslassen, betonte Barmettler.
Der Nachfolgeregelung geht die Nachfolgeplanung voraus, mit dem Ziel einer wertorientierten, langfristigen Sicherstellung der Nachfolgefähigkeit, erläuterte Bussmann. Dabei sollen die verschiedenen Bedürfnisse und Ansprüche des Inhabers / der Familie sowie des Unternehmens befriedigt werden. Ein wichtiger Begriff sei in diesem Zusammenhang der «Unternehmenswert», der nicht nur ein finanztechnischer, sondern auch ein emotionaler Wert sei. Abschliessend empfahl Bussmann, mit einem Nachfolgecheck den Nachfolgeprozess jetzt zu starten; es sei selten zu früh dafür, aber oft zu spät.
Optische Mängel – im wahrsten Sinne des Wortes Ansichtssache
Marcel Ruckstuhl, StoneControl – Fachstelle für Belagsexpertisen, Hagenbuch, zeigte anhand von Beispielen aus der Praxis, wie optische Mängel beurteilt werden und welche Ergebnisvarianten möglich sind. Als «Königsdisziplin» nannte er Ausblühungen bei Aussenbelägen. Ein Werk muss sowohl die vertraglich vereinbarten wie auch die selbstverständlichen Eigenschaften erfüllen. Da selbstverständliche Eigenschaften – dazu gehört auch die Ästhetik – im Werkvertrag nicht einzeln aufgeführt werden, lohnt es sich, aus «vermeintlich selbstverständlichen Eigenschaften» «vertraglich vereinbarte» zu machen. «Der Kunde muss wissen, dass günstige Gehwegplatten zu Ausblühungen neigen», erklärte Ruckstuhl.
Im Streitfall sind «Grad der Störwirkung» (von auffällig bis kaum erkennbar) und Wichtigkeit des Bauteils (sehr wichtig bis unwichtig) die Beurteilungskriterien. Daraus ergeben sich drei Varianten der Bewertung optischer Mängel: hinzunehmende Unregelmässigkeit, Nachbesserung bei deutlicher Beeinträchtigung und Minderwert bei geringem Mangel mit unverhältnismässigem Nachbesserungsaufwand. Zur Frage, was seitens der Käuferschaft toleriert werden muss, meinte Ruckstuhl: «Klarheit besteht nur dann, wenn Vergleichsobjekte ausdrücklich im Vertrag vereinbart wurden.» Er empfiehlt, den «Grenzmustervergleich», bei dem zwei Muster vereinbart werden, zwischen denen die vereinbarte Ausführung liegen muss. O. Gut
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