Der Welfengarten gehört zum Gesamtensemble der Herrenhäuser Gärten (hannover.de/Herrenhausen), aber mit einem eigenständigen historischen Hintergrund. Er war zuerst Barockgarten, dann Landschaftsgarten und im weiteren Verlauf wurde er immer wieder umgestaltet. Über die Jahrhunderte sind historische Gestaltungselemente überformt worden oder verschwunden. Heute erinnern noch alte Baumgruppen (mächtige Buchen, Eichen, Kastanien, Ahornbäume, Eschen und Platanen überwölben die Rasenflächen), Teiche und eine historische Brücke des Baumeisters Laves an die Gestaltung des 19. Jahrhunderts.
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vereint
Der Park wird sowohl von den Anwohnerinnen und Anwohern der Hannoverschen Nordstadt als auch von den Studierenden der angrenzenden Universität Hannover gerne und viel genutzt. «Er ist der Teil der Herrenhäuser Gärten, der von den vier Gärten den höchsten Durchlauf hat, aber am wenigsten beachtet wird. Wildwuchs, Trampelpfade, teilweise vermüllt – dieses Trauerbild vermittelt der 1720 vom Gartenkünstler Ernst August Charbonnier angelegte, heute etwa 17 ha grosse Welfengarten am Hauptgebäude der Universität.» So beschreibt Knut Diers, Redaktor der Mitgliederbroschüre «Aus den Gärten» (Informationen für die Freunde der Herrenhäuser Gärten, 1/2016), die Situation vor der Umgestaltung. Im Oktober 2015 wurden vier Planungsbüros zu einem gartenarchitektonischen Wettbewerb aufgerufen. Das Projekt «Welfengarten – ein Park zwischen Geschichte und Alltag» von den Berliner Landschaftsarchitekten Kamel Louafi (landschaftsarchitektur-louafi.de) und Landschaftsarchitektin Dörte Eggert-Heerdegen (deh-landschaft.de; DEH) gewann den Wettbewerb und ist heute realisiert.
«Wir, also ich und die Mitverfasserin Dörte Eggert-Heerdegen, wünschen uns, dass die Spuren der Geschichte in der neuen Interpretation erkennbar sind, der Park zugleich aber als moderner Stadtteilpark und Universitätscampus genutzt werden kann. Es geht uns also um einen Park zwischen Tradition und Moderne, der mit seinen Wurzeln in der Geschichte verankert ist und dabei im Heute lebt», erklärt Landschaftsarchitekt Kamel Louafi in einem Interview («Aus den Gärten», 1/2016). So verschmelzen heute Barockachsen, geschwungene Wege des Landschaftsparks und der funktionale Bedarf innerhalb des Campus zu einem neuen Wegesystem, das über den Welfengarten hinausreicht. Der Entwurf greift zudem eine historische Graft auf und bildet sie in Form von Sitzelementen nach.
Highlight der Neugestaltung
«Durch die modernen raumgreifenden Sitzelemente wird ein neues Gestaltungselement zugeführt, das dem Park einen eigenen urbanen Code verleiht», erklärt Dipl.-Ing. Norbert Wasserfurth-Grzybowski, Bürogründer und Inhaber von Studio DL, in der Fachzeitschrift luxlumina 23/2018. Das Lichtplanungsbüro Studio DL (studiodl.com) wurde mit der Entwurfs- sowie mit der Ausführungsplanung und Baubetreuung von Louafis Lichtidee beauftragt.
Die Podeste bestehen aus einer hellen Metallkonstruktion mit Treppenstufen sowie kompakten weissen Quadern. Um die Graftelemente zu verbinden und die raumgreifende Konstruktion in den dunklen Abendstunden nutzbar zu machen, erfolgt der Lichtverlauf von innen nach aussen. Dieser Effekt wird durch das gezielte nachzeichnen der inneren Linie der Architektur durch ein Lichtband erreicht.
Vandalensicher und umweltfreundlich
Für die teilweise gebogenen Graftelemente sind laut Studio DL Sonderleuchten konstruiert worden, die aufgrund der öf fentlich zugänglichen Konstruktion Vandalismus standhalten müssen. Aluschienen mit vollvergossener Hartharz-Abdeckung (ein Produkt, das u. a. im Schiffsbau verwendet wird) schützen nicht nur vor Feuer und Kälte, sondern auch vor starker mechanischer Einwirkung. Statt einer punktuellen Verschweissung oder einer Verschraubung der LED-Leisten, kam ein Hochleistungskleber zum Einsatz.
Zudem erforderte die Lage der Lichtinstallation in einem Park auch aus umweltrelevanten Gründen besondere konstruktive sowie technische Anforderungen an die Leuchten. Geachtet wurde vor allem auf eine geringe Lichtverschmutzung. «Das haben wir durch sehr niedrige Lichtpunkte und versteckt eingebaute LED-Leisten erreicht», betont Emlyn Étienne Goronczy (StudioDL). Das sehr warm wirkende Licht (Lichtfarbe von 2700K) locke kaum Insekten an. Dank vollvergossener Leuchten-gehäuse ist ein Eindringen in die Leuchte nicht möglich. Zudem strahle das Licht nach unten. Die Schaltzeiten der Lichtanlage sind derzeit aus Umweltschutzgründen so eingestellt, dass sich die Anlage um Mitternacht abschaltet. Eine Anpassung der Schaltzeiten soll sich aber aus der Nutzungspraxis ergeben.
Der Welfengarten wird durch die Sitzelemente mit der Lichtinstallation atmosphärisch aufgewertet und die Nutzungsdauer ohne weiteren Eingriff in die Landschaft ausgedehnt. Es ergeben sich dadurch weitere Möglichkeiten, den Welfengarten auch in den Dunkelstunden zu beleben und ihn im Bewusstsein der Öffentlichkeit neu zu definieren. «Aber nicht nur ein erweiterter Aufenthalt für Anwohner und Studenten ist somit möglich», meint Norbert Wasserfurth-Grzybowski. Der einzigartige Lichtraum minimiere Angsträume und stärke somit die Verbindungsfunktion des Welfengartens im Stadtgefüge. |
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