«Die Gründe für das bevorstehende Aus sind komplex», sagt Karolina Frei, die den Betrieb seit vier Jahren führt. Vorher hatte die gelernte Staudengärtnerin jahrelang als Kindergärtnerin und Primarlehrerin gearbeitet – ein Versuch, sich den Traditionen und Erwartungen zu entziehen.
Dritte Generation rutscht rein
«Oft war ich einfach nur die Tochter von Hans Frei oder die Enkelin von Max Frei»,class="s3">erzählt Karolina Frei, die nach einiger Zeit dennoch den Weg zurück in die Gärtnerei gefunden hatte. Dort erledigte sie in Teilzeit das Büro und blieb daneben pädagogisch tätig. Als dann Hans und Elisabeth Frei eine Nachfolge suchten, wurde ihr die Geschäftsführung übertragen. «DasOrganisatorische fasziniert mich», erklärt sie ihre Motivation.
Gegründet hatten die Gärtnerei in Wildensbuch 1932 ihr Grossvater Max Frei und seine Frau Lia. Neben Gemüsesetzlingen und verschiedenen Zierpflanzen führten sie bereits auch Spezialkulturen wie Alpenpflanzen und Lilien. In zweiter Generation, unter Hans und Elisabeth Frei,wurde die Spezialisierung zum eigentlichen Staudenbetrieb Anfang der 1980er-Jahre abgeschlossen – es entstand ein Mekka für Liebhaberinnenclass="s4">von z. B. Geranien-, Päonien- und Minzenspezialitäten. Rund 120 Päoniensorten hat Hans Frei in über drei Jahrzehnten zusammentragen; die rosafarbene, gefüllt blühende ‘Aphrodite’ ist eine Eigenzüchtung.
AG-Gründung zur Traditionserhaltung
Um den Betrieb in der Tradition, in der er stand, zu erhalten, wurde 2002 eineclass="s3">Aktiengesellschaft gegründet: die Frei Weinlandstauden AG. «Aus heutiger Sicht wäre eine Stiftung dafür wohl angemessener gewesen, vermutet Karolina Frei. An der Betriebsgesellschaft ist die Familie Frei nur mit einer Aktienminderheit beteiligt. Das Grundstück (0,75 ha)– ein Drittel in Bauland, zwei Drittel Landwirtschaftsland – verblieb im Besitz von Hans Frei und wurde an die Frei Weinlandstauden AG verpachtet.
In ihrer Funktion als neue Geschäftsleiterin versuchte Karolina Frei ab 2010, denclass="s3">veralteten Betrieb umzustrukturieren und moderat zu modernisieren, um die Wirtschaftlichkeit zu steigern und neue Kundensegmente für die sorgfältig produzierten Pflanzen in Bioknospenqualität zu erschliessen. Das führte nicht nurfamilienintern zu Spannungen, auch das Aktionariat und langjährige Mitarbeitendeclass="s3">zeigten Mühe. «Ich merkte, eigentlich waren das fachliche Wissen und die Person meiner Eltern gefragt», erzählt die Geschäftsführerin, «und es war schwierig, zu akzeptieren, dass diese Erfahrungen so bei mir nicht vorhanden sind.» Aber es ging vorwärts: Ein neues Team kam zusammen, die interne Organistion wurde optimiert, der Online-Shop aufgeschaltet, das Verkaufslokal umquartiert und der Gewinn reinvestiert, z. B. in eine Sprenkleranlage im Freiland.
Unsicherheiten und keine finanziellen Reserven
Durch eine Handänderung kehrte ab 2012 Unsicherheit ein. Die Fortführung des Pachtverhältnisses über 2018 hinaus war plötzlich ungewiss; die neue Eigentümerschaft meldete einen allenfalls möglichen Eigenbedarf an. «Wir wollten aussiedeln und suchten Land, doch das war ein aussichtsloses Unterfangen. Manmüsste dafür schon richtig viel Geld haben», erzählt Karolina Frei.
Dann kam der Frühling 2013 oder eben: Er kam nicht. «Der Umsatz brach komplett ein. Wir kamen zwar durch, aber für das Aufbauen von Reserven für einen allfälligen Neuanfang reichte es nicht und die menschlichen Energieressourcen erwiesen sich ebenfalls als beschränkt.» ImNovember beschloss der Verwaltungsrat die Ausarbeitung verschiedener Szenarien und die Einberufung einer ausserordentlichen Generalversammlung imclass="s1">März 2014. An dieser Aktionärsversammlung wurde der Verkauf der Firma an ein GaLaBau-Unternehmen vorgeschlagen. Es hätte noch vier Jahre in Wildensbuch produziert und den Betrieb sodann an einen anderen Standort verlegt. Für diese Lösung hätten alle Aktionäre ihre Aktien verkaufen müssen, was nicht zustande kam. Folglich bliebnur der Weg der geordneten Liquidation.
Bis Ende Juni läufts normal
«Wir ziehen diese Saison bis Ende Juni ganz normal durch», betont Karolina Frei. Die Kundschaft kann wie gewohnt bestellen: Kästen und Folienhäuser stehen voll und die beiden alten Vermehrungshäuschen sind mit Saatschalen belegt. Das erhältliche Sortiment ist auf der Website aufgeschaltet und wird wöchentlich aktualisiert. Auch der Markt in Winterthur wird weiter befahren, allerdings nur noch freitags. Am 27. April findet im Folienhaus wie im Vorjahr ein Jazzkonzert statt, und am 1. Mai wird mit einem Tag der offenen Tür das Maifest 2014 gefeiert.
«Was am Schluss an Pflanzen noch übrig bleibt, wird günstig zu haben sein», sagt die Geschäftsführerin. Hans Frei wird dafür sorgen, dass der Genpool bei Minzen und Geranien erhalten bleibt. Er wird zudem das Päonienfeld weiter betreiben. Das Inventar will die AG verkaufen, zwei Doppelwand-Folienhäuser mit ölbetriebener Warmluftheizung gehören dazu. Sehr willkommen wäre der AG ein Betreiber, der die Gärtnerei noch bis zum Auslaufen des Pachtvertrags mietet.
Bei einer Praktikantin und einer Lernenden läuft das Arbeitsverhältnis im Sommer aus, eine Staudengärtnerin wird die Stelle wechseln und hat gekündigt, eine Saisonarbeitskraft ist aus persönlichen Gründen nicht mehr dabei. Aber drei zumclass="s1">Teil langjährigen saisonalen Arbeitskräften mit eher kleinen Pensen musste Karolina Frei kündigen. Und sie selbst? «Ich werde die Kulturen fertig betreuen, bis Ende Jahr die Auflösung begleiten und nach persönlichen Perspektiven suchen. Sicher ist, dass ich den Verkauf von Rosenin Bioknospenqualität (vgl. Kasten) fortführen werde. Das lässt sich auch nebenberuflich betreiben.»
Frei Weinlandstauden AG
Die Gärtnerei produziert ein vielfältiges Sortiment an Biostauden und Biokräutern (2012: 2251 Arten und Sorten)
Spezialitäten: Minzen, Pfingstrosen, Rosen, sortenechte Aster amellus ‘Grunders’
Absatz: 65 % Privatkundschaft, 35 % GaLaBau-Firmen, Bio-Läden
Adresse: Breitestr. 5, 8465 Wildensbuch ZH, Tel. 052 319 12 30
www.frei-weinlandstauden.ch
Rosen in Bioknospenqualität
Vor drei Jahren bezog Karolina Frei 100 Stück wurzelnackte Biorosen aus den Niederlanden und testete die Pflanzen. Diese bewährten sich und erwiesen sich im Vergleich zu gespritzten Herkünften als widerstandsfähiger. Im Folgejahr bestellte Frei ein kleines Sortiment und erlebte mit den getopften und überwinterten Pflanzen den sofortigen Marktdurchbruch: Es sind die einzigen Rosen in Bioknospenqualität in der Schweiz. Auf dieses Jahr wurde das Angebot erneut vergrössert – auf nunmehr 1000 Stück in mehr als 100 Sorten.crs
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