Benjamin Epple kam auf Umwegen zum Beruf des Pflästerers. Nach seiner Ausbildung zum Landschaftsgärtner zog es ihn in das Bauhauptgewerbe. Was mit einem «Darüberstolpern» begann, wie Epple es nennt, ist inzwischen zur Berufung geworden. Die zweijährige Ausbildungszeit mitgerechnet, ist Epple nunmehr zehn Jahre als Pflästerer unterwegs, und zwar schweizweit sowie auch im grenznahen Raum. Sein jüngster Auslandaufenthalt, von dem er gerade zurück ist, führte ihn weiter weg, nach Frankfurt am Main. Dort half er beim Pflästern einer Kreis- und Schuppenpflästerung aus. Anders als in Deutschland, wo das Pflästern in Kursen innerhalb der Strassenbauerausbildung angesiedelt ist, existiert der Pflästerer in der Schweiz nach wie vor als eigenständiger Ausbildungsberuf mit dreijähriger Lehrzeit. Epple konnte aufgrund seiner Erstausbildung als Landschaftsgärtner eine verkürzte Ausbildung von zwei Jahren absolvieren. Das Berufsbildungszentrum (BBZ) des Verbandes Schweizerischer Pflästermeister (VSP) in Alpnach ist die einzige auf die Aus- und Weiterbildung von Pflästererspezialisten ausgerichtete Bildungsstätte ihrer Art im deutschsprachigen Raum. Entsprechend werden die Weiterbildungskurse auch von Landschaftsgärtnern aus Deutschland besucht, wie Epple aufgrund seiner Tätigkeit als Kursleiter am BBZ in Alpnach weiss. Als er vor vier Jahren den Schritt in die Selbstständigkeit wagte und die Firma Epple Pflästerungen in Baar gründete, sicherte er sich mit seiner Ausbildungstätigkeit ein weiteres Standbein. Unterstützt wird er im Betrieb von seiner Frau, die in einem 20 %-Pensum die Büroarbeiten erledigt.
Pflästerer gelten als Künstler unter den Verkehrswegebauern. Ein schöner Beleg dafür ist die strahlenförmig aufgeweitete Bogenpflästerung, die Epple auf dem Vorplatz einer Garage in einer Einfamilienhaussieldung im gehobenen Bereich in Bachenbülach im Raum Zürich plante und ausführte. Im Kontrast zu den umliegenden Garagenvorfahrten aus Betonverbundsteinen wird offensichtlich, welche Aufwertung eine handwerklich gekonnt ausgeführte und kunstfertig gestaltete Pflästerung für die Liegenschaft bewirken kann.
Der Kunde wünschte ursprünglich eine Schuppenpflästerung. «Dafür ist eine bestimmte Grösse des Platzes erforderlich», so Epple. Bei diesem Projekt konnte er sein gestalterisches Flair voll ausspielen und entwarf eine auf den Ort
zugeschnittene Gestaltungslösung für den 60 m2 grossen Vorplatz. Der Pflasterbelag wurde in ungebundener Bauweise mit Sandfugen erstellt. «Dies erlaubt
schmale Fugen, der Stein kommt schön zur Geltung. Die ungebundene Bauweise ist zudem die dauerhafteste», erklärt der versierte Fachmann. Dies gilt auch im Hinblick auf die Wiederverwendung der Steine. Besteht jedoch der Anspruch, den Platz mit dem Wasserschlauch zu reinigen, ist die gebundene Bauweise oder die Mischbauweise die richtige Wahl. Der Betrieb führt mehr als die Hälfte der Pflästerungen in gebundener Bauweise aus.
Zur Tragkraftstabilisation wurde bei diesem leicht befahrbaren Vorplatz eine Sickerbetonplatte eingebaut. An den Rändern wurden die Pflastersteine (8/11) in Splittmörtel mit Monokornbettung versetzt. Der Kunde wählte Basalt-Pflastersteine und farbigen Granit aus Vietnam. Epple kannte das Material aus seiner Tätigkeit im BBZ, verwendete die Steine aber erstmals bei einem realen Projekt: «Ein toller Stein, gut zu verarbeiten», so sein Fazit nach dem Versetzen von 12 Tonnen Pflastersteinen, die für den Platz benötigt wurden. Epple bevorzugt jedoch Steinmaterial aus der Schweiz oder Europa wie Quarzsandstein aus dem Guber Steinbruch in Alpnach oder portugiesischen Granit. Bezogen wurden die aus Asien stammenden Pflastersteine von der Firma akiuco mit Sitz im liechtensteinischen Triesen, die nicht nur mit Natursteinen handelt, sondern die Steinbrüche in Vietnam nach international anerkanntem Umwelt- und Sozialstandard auch selbst betreibt. Trotz reicher Steinvorkommen in der Schweiz stammen rund 80 % der in der Schweiz verwendeten Pflastersteine aus dem Ausland, was auf die hohen Abbaukosten und Auflagen zurückzuführen ist.
Spezialisierung im Spezialgebiet
«Das Pflästern an sich ist eine Nische. Mit den individuellen Gestaltungslösungen habe ich eine Nische innerhalb dieser Nische gefunden», beschreibt der engagierte Jungunternehmer sein Geschäftsmodell, das Planung, Gestaltung und Ausführung aus einer Hand umfasst. Die von Jahr zu Jahr steigende Auslastung bestätigt den eingeschlagenen Kurs. Die Auftragslage für dieses Jahr sei sehr gut, das Auftragsbuch bis Sommer gefüllt, und auch für diesen Herbst konnte sich Epple bereits «zwei schöne Aufträge» sichern. Von der Norm abweichende Pflästerungen fasst Epple unter dem Begriff «Kunstpflaster» zusammen. «Jedes Ornament, jedes Kunstpflaster ist eine Herausforderung, die ich suche», beschreibt der Pflästerer seine berufliche Vorliebe. Hierzu gehört auch das Pflästern mit Kieselwacken. «Das ist die traditionellste Form in unseren Breitengraden. Das ist jedoch in der Norm und zählt nicht zu den Spezialitäten.» Antike Kieselwacken bzw. Kopfsteinpflaster versetzte Epple etwa bei der Sanierung eines denkmalgeschützten Vorplatzes bei der Mühle Sissach. In der Zentralschweiz werden Wildpflaster meist mit Schroppensteinen erstellt, erklärt Epple. In Deutschland sind zudem Feldsteine verbreitet. Vertieft mit der Geschichte der Pflästerungen setzen sich die angehenden Handwerker in der Denkmalpflege auseinander, die im Rahmen ihres Weiterbildungslehrgangs auch am BBZ Alpnach unterrichtet wird.
Berufsübergreifendes Teamwork
Je nach Auftrag wird die Planungsleistung separat ausgewiesen oder bei der Ausführung einkalkuliert. Der Quadratmeterpreis variiert dabei von 250 Franken über 600 bis zu 1000 Franken bei besonders anspruchsvollen Gestaltungen. Rund ein Fünftel der Aufträge fallen in die Kategorie «Kunstpflaster» –Tendenz steigend. Epple hat sich im Kreis der Pflästerer einen Namen gemacht als Spezialist. Immer häufiger wird er deshalb für Spezialaufträge angefragt. Mit drei Fünftel stellen die im Unterakkord für Garten- und Landschaftsbaufirmen oder Pflästererbetriebe erstellten Aufträge den Hauptteil seiner Tätigkeit. Mehrheitlich sind dies Pflasterbeläge auf Einfahrten, Garagenvorplätzen und Gartenwegen.
Bei Flächen ab 500 m2 stösst der Einmannbetrieb an seine Grenzen. Hierbei werden Pflästererfirmen aus dem persönlichen Netzwerk beigezogen. Auch das berufsübergreifende Teamwork mit einigen GaLaBau-Betrieben ist bestens eingespielt. Regelmässig arbeitet der Pflästerer für Forster Gartenbau – Gärtner von Eden in Titterten im Raum Basel oder Bösiger Gartenbau AG in Gelterkinden. Schnittstellen der Zusammenarbeit sind dadurch definiert, dass der GaLaBau-Betrieb die Fundationsschichten für die Belagsfläche erstellt und die Steinlieferung erledigt. Epple schätzt es, wenn er gleich zu Beginn beigezogen wird. Die Beihilfe beim Abstecken und die Überprüfung der Höhen haben sich bewährt. Die Arbeitsvorbereitung im Allgemeinen und optimale Platzierung der Steinlager im Speziellen sorgen für ein effektives Arbeiten und erhöhen die Flächenleistung. Auf welcher Seite wird das Steinlager platziert? Wie viel Platz muss zwischen Pflästerung und Steinlager sein? Punkte, die auch im Hinblick auf eine ergonomische Arbeitshaltung bedeutend sind. Wer wie Epple 110 Tonnen Pflastersteine im Jahr versetzt – darauf belief sich die Menge im vergangenen Jahr –, weiss, wie wichtig die Arbeitshaltung ist. Um den Folgen einseitiger Belastung von Handgelenken und Schulter vorzubeugen, geben Physiotherapeuten in den Pflästererkursen Tipps, wie sich die Arbeitshaltung optimieren lässt. Der Einsatz des Pflästererschemels ist Standard und reduziert die körperliche Belastung.
«Pflästerungen sind nur dann viel wert, wenn sie nach den Regeln der Kunst
gebaut werden», wie Epple anmerkt.
So selbstverständlich dies erscheint,
so häufig fehlt diese Einsicht. Das Pflästererhandwerk werde oft unterschätzt. Wie Epple aus dem Blickwinkel als Kursleiter feststellt, sind die in der Landschaftsgärtnerausbildung vermittelten Grundkenntnisse nicht ausreichend, um all die Pflästerarten und -techniken kennenzulernen und anwenden zu können. «Das Wissen ist nicht vertieft.» Vor diesem Hintergrund kaum erstaunlich ist, dass 80 % der Gutachten, die der Schweizerische Pflästererverband erstellt, auf Mängel bei Pflästerungen zurückgehen, die von Landschaftsgärtnern erstellt worden sind. Im GaLaBau wird deshalb vermehrt in die Weiterbildung im Pflästern investiert. Grössere GaLaBau-Betriebe führen zum Teil auch eigene Pflästerteams. Unter bestimmten Auflagen können sie neu auch Pflästerer ausbilden.
Beruf mit Zukunft
Die Flächenleistung kommt mit der Routine. Epple weiss sehr zu schätzen, dass ihm sein Lehrbetrieb, der im Raum Basel führende Pflästererbetrieb Pensa Strassenbau AG, ermöglichte, 80 bis 90 % in der Ausbildungszeit zu pflästern. Victor Pensa, Ausbildner und überzeugter Berufsmann, ermahnte seine Auszubildenden regelmässig: «Eure Fehler sieht man jahrelang.» Intelligenz und Durchhaltevermögen sind wichtige Voraussetzungen für diesen Beruf. «Man muss genügend intelligent sein und genügend blöd, um diesen Beruf auszuüben», zitiert Epple einen in Pflästererkreisen beliebten Spruch. «Intelligenz ist erforderlich für all die nötigen Berechnungen rund um Aufbauhöhen, Bogenverlauf, Feldbreite und Handhabung der mathematischen Formeln. Gleichzeitig muss man bereit sein, auf den Boden zu gehen und sich reinzuknien.» Auch wenn sich die Nachwuchssuche derzeit schwierig gestaltet, ist
Epple überzeugt: «Der Beruf hat Zukunft. Pflästerer werden immer gebraucht. Der Beruf gibt auch viel zurück. Erstellt werden Werke, die einen selbst überdauern.»
Traditionelles Handwerk trifft auf Innovation
Das Handwerk, die Auswahl der Steine, das Erstellen des Fugenbildes, das Einklopfen der Steine auf die richtige Höhe, ist unverändert und lässt sich nicht ersetzen. Dennoch gab es in den letzten Jahren eine Reihe von Neuerungen. Hierzu zählen Sickerbetonplatten zur Tragkraftstabilisation, die Einkornbettung, die das Versetzen in Mörtel ablöste, neue Mörtelverfugungstechniken sowie die Entwicklung frost- und tausalzbeständiger Mörtel.
Verändert haben sich auch die Anforderungen an die Beläge. Epple nennt als Beispiel die Sanierung des Münsterplatzes in Basel. Mit einem Pflasterstein, der laut Norm nicht befahrbar ist, galt es, einen auf die Belastung mit 40-Tonnen-Fahrzeugen ausgelegten Pflasterbelag auszuführen. Der Belag musste darüber hinaus mit Rollstühlen, Kinderwagen und Velo angenehm zu befahren sein. Um die für den Gehkomfort schwierige Unebenheit der Rheinwacken zu verbessern, wurden diese an den neuralgischen Orten, wo viele Fussgänger und Fahrradfahrende zu verzeichnen sind, an der Oberfläche abgeschliffen und anschliessend zugunsten einer gleitsicheren und behindertengerechten Oberfläche abgeflammt. Das in Basel entwickelte System der behindertengerechten Pflästerung mit Wackensteinen wird mittlerweile in weiteren Schweizer Städten und auch in Deutschland angewandt.
Ausrüstung
Maschinen:
•Vibroplatte
•Grabstampfer
•Nassfräse
•Fugenputzmaschine
•Fugenrüttler
Hinzu kommen Nivelliergerät und Pflästererschemel,
grössere Maschinen werden bei Bedarf zugemietet.
Handwerkszeuge:
•Gross- und Kleinpflasterhammer
•Richthammer
•Setzer
•Richtlatte
•Stössel
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