Nach vier Tagen körperlicher und mentaler Höchstleistung war die Freude und auch die Erleichterung von Niels Bucher und Benjamin Räber gross, als der Abpfiff durch die Halle der Landschaftsgärtner ertönte. «Es waren anstrengende Tage. Wir haben uns sehr über die Familie und die Schweizer Fans gefreut, die uns am letzten Tag permanent angefeuert haben», so Bucher und Räber. «Wir sind sehr zufrieden mit dem, was wir hier erreicht haben und an Erfahrungen sammeln durften», betonten die beiden jungen Landschaftsgärtner.
«Ich habe ihnen zu ihrer guten Arbeit gratuliert und gesagt, sie sollen diese Momente richtig geniessen», so Simon Hugi, Schweizer Experte und gleichzeitig auch Chefexperte des Skills 37, Landscape Gardening. «Niels Bucher und Benjamin Räber haben sich über die vier Wettbewerbstage hinweg konstant nach vorne gekämpft», lässt Hugi diese Weltmeisterschaft Revue passieren. Am ersten und am zweiten Tag habe das Team zu genau gearbeitet und sei deshalb in extreme Zeitnot geraten. Sie hätten es zwar geschafft, jeden der vier Gärten fertig zu bauen, doch aufgrund des zeitlichen Engpasses seien leider auch ein paar Flüchtigkeitsfehler passiert.
Kein Sand in der Wüste
Organisatorisch lief nicht alles reibungslos am Austragungsort. «Die Bedingungen waren in diesem Jahr wirklich schwierig», erklärt der Chefexperte. Neben anfänglicher Stromausfälle und somit verschobener Pausenzeiten für die Teams, fehlte am dritten Wettbewerbstag auf vielen Baustellen der Sand, was zu einer mehr als zweistündigen Unterbrechung führte. «Besonders die Logistik und somit die Materiallieferung und -bereitstellung, liess sehr zu wünschen übrig. Wenig hat hier reibungslos ineinander gespielt und entsprach den Vorstellungen der Experten», meint Hugi. Er führt viel darauf zurück, dass den Angestellten aus Pakistan, Asien oder Indien wohl der Bezug zu diesem Beruf fehlte.
Trotzdem ist es den Beteiligten gelungen, diese Turbulenzen weitgehend von den Teams fernzuhalten. Fast alle Experten haben beispielsweise zur Schaufel gegriffen, als schliesslich doch noch die fehlenden Mengen an Sand geliefert wurden. Sich in solchen Situationen die hohe Motivation zu erhalten, ist eine grossartige Leistung. Diese mentale Stärke haben die beiden jungen Schweizer hier als Team bewiesen.
Insgesamt kämpften 23 Nationen im Skill 37 der Landschaftsgärtner. Neu mit dabei waren unter anderem Kolumbien, China, Norwegen, Iran, Russland und Taiwan. «Die Asiatischen Teilnehmer trainieren nur in ihren Bildungszentren und sind nicht in Unternehmen und somit in der freien Marktwirtschaft tätig», erklärt Hugi, was in Teilen den überraschenden Erfolg Chinas erklärt.
Die Wettbewerbsaufgabe
Zum ersten Mal war die Wettbewerbsaufgabe im Vorfeld nicht bekannt. Zudem galt es nicht nur einen Garten, sondern vier Gärten in vier Tagen zu bauen. Dabei blieb die zur Verfügung stehende Wettbewerbszeit mit insgesamt 22 Stunden gleich.
Die Landschaftsarchitektin Kamelia Bin Zaal aus den Vereinigten Arabischen Emiraten schaffte es auf diese Weise, den Besucherinnen und Besuchern die Entwicklung der Stadt Abu Dhabi vor Augen zu führen. War es am Anfang nur eine geschützte Feuerstelle in der Wüste, die durch die umrahmenden Mauern aus Betonstein und den Dünencharakter der Pflanzung dargestellt wurde, so sah der Garten vom zweiten Wettbewerbstag schon weit mehr nach Sesshaftigkeit aus: Die Mauern entwickelten sich zu Hochbeeten, es gab viel mehr Grün und in den Innenhof führten Stufen aus Sandsteinplatten. Der dritte Garten war Spiegelbild der heutigen Stadt: Üppige Grünflächen, die allerdings ohne Bewässerung nicht überleben würden. Im Innenhof setzte sich der Sandstein in Form eines Plattenbelages fort und eigentlich hätte in der Mitte noch ein Wasserspiel entstehen sollen. Dieses fiel jedoch dem Chaos durch den fehlenden Wüstensand zum Opfer. Die Aufgabe des vierten Tages bestand darin, eine zukunftsfähige trockenheitsresistente Bepflanzung in einem zur Landschaft passenden Charakter zu gestalten. Für die Hochbeete waren zwei Holzbänke zu bauen und eine weisse Sichtschutzwand mit arabischem Muster musste exakt platziert werden.
«Dieses Konzept hatte den entscheidenden Vorteil für die Zuschauer, dass es je-den Nachmittag einen fertigen Garten zu bestaunen gab», erklärt Hugi. Nachdem die Bewertung der Pflanzung fast ein Drittel der Gesamtpunktzahl ausmacht, ist diese Gewichtung an vier Tagen zudem gerechter darstellbar. «Ich wäre sehr glücklich darüber, wenn wir diese Konzeption so fortsetzen könnten», hofft der Schweizer, der hiermit die Meinung aller Experten vertritt. Die WorldSkills 2019, die vom 29. August bis 3. September in Kasan / Russland stattfinden, wird ein Russischer Landschaftsarchitekt zusammen mit dem Skill-Manager planen.
Doch vor den WorldSkills 2019 finden noch die SwissSkills 2018 vom 12. bis 16. September in Bern statt: www.swiss-skills.ch. Auf der grössten Show der Berufswelt werden 75 Schweizer Berufsmeister gekürt und weitere 60, zum Teil sehr kleine Demonstrationsberufe vorgestellt. Und natürlich sind auch hier die Landschaftsgärtner mit am Start.
Bewertung der Baustellen
Insgesamt bewerteten 24 Experten die Baustellen der 23 Teams. Der Experte aus Indien war in diesem Jahr zum ersten Mal dabei und noch ohne ein Team angereist. Die objektive Bewertung der jeweiligen Tagesmodule bestand aus der Vermessung der Höhen und einzuhaltenden Masse. Die subjektive Bewertung der einzelnen Gartendetails wie Mauern, Pflanzungen, Holzarbeiten und Beläge erfolgte in Experten-Dreierteams. Zudem wurden jeden Tag für den Gesamteindruck der Gärten Punkte vergeben. Auch das konsequente Einhalten der Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften, der Umgang mit Maschinen und Werkzeugen, die Sauberkeit sowie die Teamarbeit wurden laufend bewertet und flossen in das Punktekonto mit ein. P. Reidel
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