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Der gärtnerische Detailhandel

Der gärtnerische Detailhandel sei in einer sehr spannenden Situation, befand John Stanley, der die Branche international seit Jahrzehnten eng begleitet.

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Gartencenter-Guru John Stanley: «Keep it simple, keep it easy»

Ende November weilte der Australier John Stanley in der Schweiz. Der in 35 Ländern tätige Berater, Referent und Autor ist eine internationale Kapazität im gärtnerischen Detailhandel. Seit mehr als 30 Jahren beschäftigt er sich mit den aktuellen und zukünftigen Bedürfnissen der Kundschaft. Stanley gab in der Schweiz einen Workshop, ging mit Kursteilnehmenden auf eine «Mistery Shopping Tour» und hielt am Sitz der Neogard AG einen gut besuchten Vortrag, in dem er spannende Zeiten ankündigte. Seine Aussage: Aufgepasst, jetzt treten die «Millennials» an!

Was kommt in den nächsten fünf Jahren auf unabhängige Gartencenter und Endverkaufsbetriebe zu? «Wer Spass am Wandel hat, darf sich auf spannende Zeiten freuen», meinte ein munterer John Stanley bei seinem Auftritt in Gon­ten-schwil. «Wer nicht, der sollte jetzt besserclass="s2">die Branche verlassen.» Den erfahrenen Trendscout hatte der Unternehmerverband JardinSuisse in Zusammenarbeit mit der Einkaufsgenossenschaft «Grüne Profi» (EGP) in die Schweiz geholt. Hier skizzierte er am 27. November 2015 vor 70 Fachleuten, wohin die Reise geht. In einem mitreis­senden Referat zeigte Stanley auf, welche Anpassungen seiner Meinung nach nötig sind, damit die Betriebe überleben.

So viele Veränderungen in kurzer Zeit wie noch nie

«Die Unternehmen werden sich innerhalb von fünf Jahren schneller verändern müssen als je zuvor», betont der Referent. «Was heute funktioniert, wird in Zukunft nicht mehr funktionieren.» Wie Stanley verdeutlichte, rücken die Millennials (geboren zwischen 1981 und 2000) innerhalb der nächsten 18 Monateclass="s1">zur kaufkraftstärksten Konsumentengruppe auf. Dieser Konsumententyp tickt ganz anders als die bislang wichtigen Babyboomer (geboren zwischen 1946 und 1964), die ins Rentenalter kommen und an Bedeutung verlieren. Millennials erwarten laut Stanley Öffnungszeiten und Service rund um die Uhr – 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. 90 % von ihnen informieren sich routinemäs-sig online über Produkte (Babyboomer: 86 %), 60 % benützen dazu ein Smartphone, von denBabyboomern dagegen nur 14 %. Millennials sind Technik-affin. Sie gelten aber auch als kritisch gegenüber herkömmlichen Marketingmethoden, wollen nicht alles selber besitzen und kennen den Wert von Pflanzen kaum. Druck­erzeugnisse als Informa­tionsquelle sind für sie nur halb so wichtig. Während sich Babyboomer beim Kaufentscheid stark durch Werbung und Verkaufsberater (62 %) beeinflussen lassen, zählt für Millennials vor allem die persönliche Empfehlung (82 %). Wichtig ist auch der Unterschied bei der Social-Media-Nutzung: Da empfehlen die Jüngeren das von ihnen gerne genutzte Detailhandelsgeschäft mit 29 % viel häufiger weiter als die Älteren (18 %). Facebook sei ein sehr wichtiges Tool zur Weiterempfehlung, betonte der Referent.class="s2">Bei seinen Gartencenterbesuchen in der Schweiz habe er jedoch den Eindruck gewonnen, dass dieser Kommunika­tionskanal kaum genutzt werde. «Um die Millennials zu verstehen, müssen wir die richtigen Leute in unserem Unternehmen haben», betonte der Berater.

Flächen anders nutzen und neue, kombinierte Angebote entwickeln

Den Gartencentern in der Schweiz empfahl er eine Weiterentwicklung, die sich an neuen Ladenformaten wie dem Spaceclass="s1">Ninety 8 von Urban Outfitters in Williamsburg (New York) orientiert, in dem Detailhandel, Kunstgalerie, Dachterrasse mit Bar und sich ständig weiterentwickelnde, wechselnde Flächennutzungen (Pop-up-Verkauf, Marktstände, Events) miteinander kombiniert sind. Der Gartencenter-Guru geht davon aus, dass im gärtnerischen Detailhandel die Bedeutung von Outdoorpflanzen an Bedeutung verlieren wird, nicht zuletzt weil diese künftig online – und dort auch bei branchenfremden Händlern – erworben werden. Zukunftsfähig seien Konzepte wie jenes von Beckworth Emporium in England: Es bietet auf 25 % der Fläche Gartencenter-Artikel an, betreibt auf weiteren 25 % der Fläche ein Restaurant und präsentiert sich auf 50 % der Fläche als Markthalle mit frischen und hauptsächlich regional hergestellten Lebensmitteln. Saisonale Attraktionen wie zwei Eislaufbahnen im Winter (während acht Wochen) ziehen zusätzliches Publikum an. «Die Kombination mit einem Lebensmittelmarkt ist das Modell für 2020», sagte der Referent, «man sieht das immer mehr, auch in Italien oder Dänemark.»

Laien helfen, gärtnerische Kompetenzen zu entwickeln und umzusetzen

«Millennials müssen ins Marketing einbezogen sein. Das Mitmachen ist ihnen wichtig, ebenso die persönliche Geste und die direkte Kundenansprache», betonte Stanley. «Nutzen Sie Facebook, nutzen Sie Pinterest, entwickeln Sie mobile Apps, organisieren Sie In-Store-Events und suchen Sie die Zusammenarbeit mit Gartenbloggern – die haben Einfluss, sind wichtig und werden noch wichtiger», empfahl der Gartencenter-Guru. Er beschrieb die Millennials als aktive Kundinnen und Kunden, die es für Pflanzen zu begeistern gilt.

Sein Rat ans Publikum: «Keep it simple, keep it easy». Das bedeute u. a., keine lateinische Pflanzennamen zu benutzen und nicht einfach Dinge zu verkaufen, sondern Inspirationen und Lösungen anzubieten sowie Anleitungen zu geben, wie Pflanzen zu ziehen, zu verwenden und zu pflegen sind (z. B. erklärende Ein-class="s1">bis Zweiminutenvideos, abrufbar per QR-Code). Der Millennial habe Angst davor, Fehler zu machen, erklärte der Experte. Dieser neue Konsumententyp müsse erst den Umgang mit Pflanzen erlernen. Er benötige ein Coaching zum Gärtnern und stehe Formen des gemeinschaftlichen Gärtnerns offen gegenüber. Erfolg versprechend seien Ansätze, bei denen der Kunde mitwirken und sein eigenes Produkt erschaffen könne – selber Grossgefässe für die Terrasse bepflanzen, selber einen Gemüsegarten anlegen oder selber eine Sichtschutzhecke realisieren.

Das grosse Erlebnisse bieten

Für Gartencenter sieht der Berater dann Wachstumschancen, wenn es ihnen gelingt, sich von der preisgetriebenen Massenproduktion abzuheben. Dazu muss das Handwerkliche, das Individuelle, der Mensch im Vordergrund stehen und etwas Besonderes geboten werden, z. B. ein «Lösungszentrum» im Laden oder die Möglichkeit, einen persönlichen Einkaufsassistenten beizuziehen. Als «must have» bezeichnete der Referent einen speziell gekennzeichneten Ort, der sich zum «Selfie-Knipsen» anbietet, natürlich mit Firmenlogo im Hintergrund für beste Gratiswerbung. Unentbehrliche Grundlagen für den Erfolg seien qualitativ hochstehende Toilettenanlagen, Sauberkeit, eine zeitgemässe Infrastruktur, Sicherheit und Sitzmöglichkeiten. Darüber hinaus brauche es in Zukunft aber auch qualitativ hochstehende Produkte und Dienstleistungen, das Angebot von unwiderstehlichen Lösungen, einen tollen Kundendienst, eine ansprechende Kommunikation über alle (vor allem auch digitale) Medien und ganz besonders das intensive Pflegen und geschickte Nutzen einer Kundendatenbank. «Die grösste Herausforderung ist nicht das Geld», betonte Stanley, «sondern das Wahrnehmen und Zulassen von Veränderungen.» Er empfahl den Zuhörern, sich nur drei Ziele zu setzen. Diese zu erreichen, sei machbar. Es sollte allerdings bloss mit Sechs-Monate-Plänen gearbeitet werden. «Eine Planung über drei Jahre und länger hat keinen Sinn», so der Berater, «die Welt ändert zu schnell.»

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Im Fokus stehen gesamtheitliche Konzepte, für resiliente, hitzemindernde und wassersensible Freiraumgestaltung. Der Lehrgang zur Fachperson Vegetationstechnik in der Klima- und Schwammstadt (6 ECTS) dauert 12 Monate (inkl. Projektarbeit). Die 24 Präsenztage fallen voraussichtlich auf den Donnerstag. Der Unterricht findet von 9 bis16 Uhr statt (6 Lektionen à 45 Minuten). Kosten: Fr. 5900.–.
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