Der Basler Zentralfriedhof Hörnli, der auf dem Gemeindegebiet von Riehen liegt und eine Fläche von 104 Fussballfeldern einnimmt, als Tagungsort bot eine grosse Themenvielfalt. Im Rahmen der geführten Rundgänge am Nachmittag konnten die verschiedenen Grabformen von der Urnennischenwand über das Gemeinschaftsgrab, die Gräber für Muslime bis hin zum Wiesengrab besichtigt werden. Die Umsetzung des Friedhofspflegewerkes entsprechend der Architektur des Friedhofs, der durch unterschiedliche Heckenstrukturen in «Gebäude unter freiem Himmel» gegliederten Abteilungen, war ebenfalls ein Thema. Breiten Raum nahm zudem der fachliche Austausch ein.
Wie Yvonne Aellen an der von Emanuel Trueb, Leiter Stadtgärtnerei Basel, geleiteten Tagung zur Einführung deutlich machte, ist der Wandel der Bestattungskultur an sich nichts Neues. Eine Tendenz, mit der sich die Friedhofsverwaltungen konfrontiert sehen, ist die Zunahme von Bestattungsformen ausserhalb der Friedhöfe. «Das gibt mir zu denken», räumte Aellen ein. Zwei bis drei Aschebeisetzungen pro Woche im Rhein seien die Regel. «Was löst die Beisetzung in der freien Landschaft bei allen anderen Freiraumnutzern aus?» Dies gelte es ebenfalls in Betracht zu ziehen, wie Aellen anregte. Um dem Bedeutungsverlust der Friedhöfe entgegenzuwirken, müssen sich die für die Friedhöfe verantwortlichen Fachleute mit alternativen Bestattungsformen auseinandersetzen. «Betrachtet man die Preise, die für Bestattungen in Bergbächen, Gletschern etc. bezahlt werden, so wird deutlich, dass Sehnsüchte dahinter stecken.»
Die Beisetzung im Gemeinschaftsgrab hat in Basel einen Anteil von 30 %. Als wesentliche gesellschaftliche Entwicklungen, die zur Zunahme des Gemeinschaftsgrabes führen, nannte die Referentin die Verdrängung des Todes aus dem Leben, den Bedeutungsverlust des christlichen Glaubens sowie die Mobilität und Lockerung der familiären Bindung. Aellen machte deutlich, dass Friedhöfe nicht an eine Konfession gebunden sind. Ein Aspekt, der in der Bevölkerung weitaus unbekannt sei.
Nebst ihrem Wert als hochentwickelte Funktionsräume nannte die Referentin als Werte der heutigen Friedhöfe ihre kulturelle Bedeutung als aufgeschlagene Geschichtsbücher, als Erholungsraum und Oase für Wildtiere. Eine Gelegenheit diese bei Friedhofsverwaltungen bekannte Vielfalt der Friedhöfe nach aussen zu tragen, bietet sich durch die Teilnahme am Tag des Friedhofs am 17. September (siehe Kasten).
Beispiele alternativer Grabformen
Mit der Zunahme des Gemeinschaftsgrabes sinkt der Flächenbedarf, ebenso wie die Kostendeckung für den Friedhofsunterhalt. Für die Nutzung unbelegter Friedhofsflächen sind Innovationen gefragt. Die VSSG-Arbeitsgruppe Friedhöfe möchte künftig neue Grabformen auf ihrer Website aufschalten. Hierzu zählt das Urnenthemengrab, wie es von Stadtgrün Bern entwickelt und an der Tagung von Walter Glauser, Leiter Friedhöfe und Familiengärten, vorgestellt wurde (siehe dergartenbau 21/2015). Die neue Grabform vereint die Elemente des Einzelgrabes wie Grabzeichen und Namensnennung und die einheitliche Formgebung des Gemeinschaftsgrabes in sich. Die Urnengrabstellen sind in eine dauerhafte Bepflanzung eingebettet. Die Gestaltung sowie das Bepflanzungskonzept variiert von Friedhof zu Friedhof. Ende Juni wird bereits das dritte Urnenthemengrab eingeweiht, das auf dem Schosshaldenfriedhof liegt und dem Thema Sträucher gewidmet ist. Wie Glauser vorrechnete, spielen auch wirtschaftliche Überlegungen bei der Grabwahl mit. Im Gegensatz zur Stadt Basel ist die Bestattung im Reihen- oder Gemeinschaftsgrab in Bern nicht unentgeltlich. Die Kosten für eine Bestattung in einem Urnenthemengrab belaufen sich in Bern auf 2000 Franken, was im Vergleich zur Beisetzung in einem Einzelgrab, die auf 20 Jahre gerechnet mit Grabstein und -bepflanzung 11 000 Franken kostet, vergleichsweise günstig ist.
Wald für Aschebeisetzungen
In der Stadt Zürich wurden zwei an Friedhöfe angegliederte Stadtwälder – auf dem Hönggerberg (3,3 ha) und in Leimbach (1,2 ha) – für die Aschebeisetzung ausgeschieden. Wie Paul Meyer, Grünflächenverwalter Grün Stadt Zürich, berichtete, wird bereits ein dritter Standort evaluiert. Die Waldflächen sind weiterhin der kantonalen Waldgesetzgebung unterstellt. Der Wald muss unverändert bleiben. Es dürfen keine Wege angelegt und keine Grabmale angebracht werden. Als Gedenkbäume dienen die bestehenden Bäume. Die Ruhezeit beträgt 20 Jahre für Gemeinschaftsbäume und 30 Jahre für Familienbäume. Danach werden die Bäume wieder für die forstwirtschaftliche Nutzung freigegeben. Eine Kennzeichnung der Bäume ist nicht erlaubt. Es wird ein Register der vermieteten Bäume geführt. Dank der Anbindung an den Friedhof kann die Infrastruktur genutzt und ein Gedenkplatz für die Ablage von Blumen im Friedhof eingerichtet werden. Der Stadtwald wird unter Wahrung der Pietät weiterhin forstwirtschaftlich genutzt. Derzeit sind 300 Bäume vermietet.
Ein Tabu ist die Beisetzung von Mensch und Tier auf dem Friedhof. Für die Enttabuisierung traten Andreas Brändli, Tierarzt und Betreiber des Tierkrematoriums in Seon, sowie die Aussendienstmitarbeiterin Esther Sager ein. Das Tier werde als Familienmitglied wahrgenommen. Ihren Erfahrungen gemäss setzen sich immer mehr Tierhalter damit auseinander, wie von einem Tier Abschied genommen wird. «Wurden vor 17 Jahren noch 20 Tiere pro Woche kremiert, sind es heute 350 pro Woche», hielt Sager fest. Eine häufig gestellte Frage der Tierhalter sei, ob sie die Asche ihres verstorbenen Tieres im Grab eines Angehörigen beisetzen dürfen. Die Enttabuisierung, so Sager, wäre eine Möglichkeit, die Friedhöfe wieder in die Mitte der Gesellschaft zu rücken.
Andreas Mäsing vom Verein zur Förderung der deutschen Friedhofskultur trat dafür ein, den Friedhof als Ort der Lebenden zu verstehen. Die Friedhöfe müssten sich auf eine Patchwork-Religiosität einstellen. Erwähnt wurde dawbei auch der erste Mensch-Tier-Friedhof in Deutschland – «Unser Hafen» in Dachsenhausen. Während die anonyme Bestattung im Gemeinschaftsgrab in der Schweiz zunimmt, ist sie in Berlin rückläufig. Der grösste Berliner Friedhof hat deshalb die anonyme Bestattung abgeschafft. Wie Thomas Gerspach im Rahmen der Vorstellung des Friedhofpflegewerks erwähnte, nehmen die Reihengräber auf dem Hörnli seit fünf Jahren wieder leicht zu. Auf eine grosse Nachfrage treffen die seit 2002 angebotenen Wiesengräber am Hang in der Abteilung 12. Das Bestattungswesen, das von der Anmeldung bis zur Grabauflösung von 35 Mitarbeitenden abgewickelt wird, und die Grünpflege sind auf dem Friedhof Hörnli getrennte Bereiche. Für den grünen Bereich, den Unterhalt des 52 ha grossen Friedhofes, sind 35 Mitarbeitende zuständig. Der Heckenschnitt (freiwachsende und geschnittene Heckenstrukturen, Eibenformgehölze) sowie die Pflege der Vielzahl der Alleebäume und Solitäre wird an externe Firmen vergeben. Mit den jährlich benötigten 570 000 Wechselflorpflanzen für den Grabschmuck ist der Friedhof Hörnli ein Grossabnehmer. Die Pflanzen werden von Gärtnereien in der Schweiz bezogen.
Tag des Friedhofes
Der seit 2014 in der Schweiz veranstaltete Tag des Friedhofs wird dieses Jahr erstmals von der VSSG koordiniert. Die teilnehmenden Gemeinden und Städte und deren Veranstaltungen werden auf der Website der VSSG bekannt gemacht. Zum Download steht zudem eine Checkliste für die Teilnahme bereit. Die zentrale Öffentlichkeitsarbeit wird von den Mitgliedern der VSSG-Arbeitsgruppe Friedhof, Yvonne Aellen und Walter Glauser, unterstützt. Die Initianten empfehlen, «klein einzusteigen» und den Anlass mit den Jahren zu etablieren.
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