Artikel

Gemeinschaftsgrab inmitten

Gemeinschaftsgrab inmitten der Blumenwiese. Zahlreiche wiesenbestandene Freiflächen tragen zum parkartigen Charakter des Friedhofs Hörnli bei.

Vielfältige Gehölze prägen

Vielfältige Gehölze prägen das Stimmungsbild der einzelnen Abteilung.

Wiesengräber für Urnenbeisetzung

Wiesengräber für Urnenbeisetzungen.

Jährlich werden 570 000

Jährlich werden 570 000 Wechselflorpflanzen gesetzt.

  • Stadtgrün

Innovative Friedhofskultur

Wie lässt sich der schleichende Bedeutungsverlust der Friedhöfe aufhalten? Diese Frage beleuchteten die Referenten aus unterschiedlichen Blickwinkeln an der Friedhofstagung der Vereinigung Schweizer Stadtgärtnereien und Gartenbauämter (VSSG) auf dem Friedhof Hörnli in Riehen. 160 Teilnehmende verzeichnete die von der Stadtgärtnerei Basel unter Federführung von Yvonne Aellen, Leiterin Grünflächenunterhalt, organisierte Tagung.

Der Basler Zentralfriedhof Hörnli, der auf dem Gemeindegebiet von Riehen liegt und eine Fläche von 104 Fussballfeldern einnimmt, als Tagungsort bot eine gros­se Themenvielfalt. Im Rahmen der geführten Rundgänge am Nachmittag konnten die verschiedenen Grabformen von der Urnennischenwand über das Gemeinschaftsgrab, die Gräber für Muslime bis hin zum Wiesengrab besichtigt werden. Die Umsetzung des Friedhofspflegewerkes entsprechend der Architektur des Friedhofs, der durch unterschiedliche Heckenstrukturen in «Gebäude unter freiem Himmel» gegliederten Abteilungen, war ebenfalls ein Thema. Breiten Raum nahm zudem der fachliche Austausch ein.

Wie Yvonne Aellen an der von Emanuel Trueb, Leiter Stadtgärtnerei Basel, geleiteten Tagung zur Einführung deutlich machte, ist der Wandel der Bestattungskultur an sich nichts Neues. Eine Tendenz, mit der sich die Friedhofsverwaltungen konfrontiert sehen, ist die Zunahme von Bestattungsformen aus­serhalb der Friedhöfe. «Das gibt mir zu denken», räumte Aellen ein. Zwei bis drei Aschebeisetzungen pro Woche im Rhein seien die Regel. «Was löst die Beisetzung in der freien Landschaft bei allen anderen Freiraumnutzern aus?» Dies gelte es ebenfalls in Betracht zu ziehen, wie Aellen anregte. Um dem Bedeutungsverlust der Friedhöfe entgegenzuwirken, müssen sich die für die Friedhöfe verantwortlichen Fachleute mit alternativen Bestattungsformen auseinandersetzen. «Betrachtet man die Preise, die für Bestattungen in Bergbächen, Gletschern etc. bezahlt werden, so wird deutlich, dass Sehnsüchte dahinter stecken.»

Die Beisetzung im Gemeinschaftsgrab hat in Basel einen Anteil von 30 %. Als wesentliche gesellschaftliche Entwicklungen, die zur Zunahme des Gemeinschaftsgrabes führen, nannte die Referentin die Verdrängung des Todes aus dem Leben, den Bedeutungsverlust des christlichen Glaubens sowie die Mobilität und Lockerung der familiären Bindung. Aellen machte deutlich, dass Friedhöfe nicht an eine Konfession gebunden sind. Ein Aspekt, der in der Bevölkerung weitaus unbekannt sei.

Nebst ihrem Wert als hochentwickelte Funktionsräume nannte die Referentin als Werte der heutigen Friedhöfe ihre kulturelle Bedeutung als aufgeschlagene Geschichtsbücher, als Erholungsraum und Oase für Wildtiere. Eine Gelegenheit diese bei Friedhofsverwaltungen bekannte Vielfalt der Friedhöfe nach aus­sen zu tragen, bietet sich durch die Teilnahme am Tag des Friedhofs am 17. September (siehe Kasten).

Beispiele alternativer Grabformen

Mit der Zunahme des Gemeinschaftsgrabes sinkt der Flächenbedarf, ebenso wie die Kostendeckung für den Friedhofsunterhalt. Für die Nutzung unbelegter Friedhofsflächen sind Innovationen gefragt. Die VSSG-Arbeitsgruppe Friedhöfe möchte künftig neue Grabformen auf ihrer Web­site aufschalten. Hierzu zählt das Urnenthemengrab, wie es von Stadtgrün Bern entwickelt und an der Tagung von Walter Glauser, Leiter Friedhöfe und Familiengärten, vorgestellt wurde (siehe dergartenbau 21/2015). Die neue Grabform vereint die Elemente des Einzelgrabes wie Grabzeichen und Namensnennung und die einheitliche Formgebung des Gemeinschaftsgrabes in sich. Die Urnengrabstellen sind in eine dauerhafte Bepflanzung eingebettet. Die Gestaltung sowie das Bepflanzungskonzept variiert von Friedhof zu Friedhof. Ende Juni wird bereits das dritte Urnenthemengrab eingeweiht, das auf dem Schosshaldenfriedhof liegt und dem Thema Sträucher gewidmet ist. Wie Glauser vorrechnete, spielen auch wirtschaftliche Überlegungen bei der Grabwahl mit. Im Gegensatz zur Stadt Basel ist die Bestattung im Reihen- oder Gemeinschaftsgrab in Bern nicht unentgeltlich. Die Kosten für eine Bestattung in einem Urnenthemengrab belaufen sich in Bern auf 2000 Franken, was im Vergleich zur Beisetzung in einem Einzelgrab, die auf 20 Jahre gerechnet mit Grabstein und -bepflanzung 11 000 Franken kostet, vergleichsweise günstig ist.

Wald für Aschebeisetzungen

In der Stadt Zürich wurden zwei an Friedhöfe angegliederte Stadtwälder – auf dem Hönggerberg (3,3 ha) und in Leimbach (1,2 ha) – für die Aschebeisetzung ausgeschieden. Wie Paul Meyer, Grünflächenverwalter Grün Stadt Zürich, berichtete, wird bereits ein dritter Standort evaluiert. Die Waldflächen sind weiterhin der kantonalen Waldgesetzgebung unterstellt. Der Wald muss unverändert bleiben. Es dürfen keine Wege angelegt und keine Grabmale angebracht werden. Als Gedenkbäume dienen die bestehenden Bäume. Die Ruhezeit beträgt 20 Jahre für Gemeinschaftsbäume und 30 Jahre für Familienbäume. Danach werden die Bäume wieder für die forstwirtschaftliche Nutzung freigegeben. Eine Kennzeichnung der Bäume ist nicht erlaubt. Es wird ein Register der vermieteten Bäume geführt. Dank der Anbindung an den Friedhof kann die Infrastruktur genutzt und ein Gedenkplatz für die Ablage von Blumen im Friedhof eingerichtet werden. Der Stadtwald wird unter Wahrung der Pietät weiterhin forstwirtschaftlich genutzt. Derzeit sind 300 Bäume vermietet.

Ein Tabu ist die Beisetzung von Mensch und Tier auf dem Friedhof. Für die Enttabuisierung traten Andreas Brändli, Tierarzt und Betreiber des Tierkrematoriums in Seon, sowie die Aussendienstmitarbeiterin Esther Sager ein. Das Tier werde als Familienmitglied wahrgenommen. Ihren Erfahrungen gemäss setzen sich immer mehr Tierhalter damit auseinander, wie von einem Tier Abschied genommen wird. «Wurden vor 17 Jahren noch 20 Tiere pro Woche kremiert, sind es heute 350 pro Woche», hielt Sager fest. Eine häufig gestellte Frage der Tierhalter sei, ob sie die Asche ihres verstorbenen Tieres im Grab eines Angehörigen beisetzen dürfen. Die Enttabuisierung, so Sager, wäre eine Möglichkeit, die Friedhöfe wieder in die Mitte der Gesellschaft zu rücken.

Andreas Mäsing vom Verein zur Förderung der deutschen Friedhofskultur trat dafür ein, den Friedhof als Ort der Lebenden zu verstehen. Die Friedhöfe müssten sich auf eine Patchwork-Religiosität einstellen. Erwähnt wurde dawbei auch der erste Mensch-Tier-Friedhof in Deutschland – «Unser Hafen» in Dachsenhausen. Während die anonyme Bestattung im Gemeinschaftsgrab in der Schweiz zunimmt, ist sie in Berlin rückläufig. Der grösste Berliner Friedhof hat deshalb die anonyme Bestattung abgeschafft. Wie Thomas Gerspach im Rahmen der Vorstellung des Friedhofpflegewerks erwähnte, nehmen die Reihengräber auf dem Hörnli seit fünf Jahren wieder leicht zu. Auf eine grosse Nachfrage treffen die seit 2002 angebotenen Wiesengräber am Hang in der Abteilung 12. Das Bestattungswesen, das von der Anmeldung bis zur Grabauflösung von 35 Mitarbeitenden abgewickelt wird, und die Grünpflege sind auf dem Friedhof Hörnli getrennte Bereiche. Für den grünen Bereich, den Unterhalt des 52 ha grossen Friedhofes, sind 35 Mitarbeitende zuständig. Der Heckenschnitt (freiwachsende und geschnittene Heckenstrukturen, Eibenformgehölze) sowie die Pflege der Vielzahl der Alleebäume und Solitäre wird an externe Firmen vergeben. Mit den jährlich benötigten 570 000 Wechselflorpflanzen für den Grabschmuck ist der Friedhof Hörnli ein Grossabnehmer. Die Pflanzen werden von Gärtnereien in der Schweiz bezogen.

Tag des Friedhofes

Der seit 2014 in der Schweiz veranstaltete Tag des Friedhofs wird dieses Jahr erstmals von der VSSG koordiniert. Die teilnehmenden Gemeinden und Städte und deren Veranstaltungen werden auf der Web­site der VSSG bekannt gemacht. Zum Download steht zudem eine Checkliste für die Teilnahme bereit. Die zentrale Öffentlichkeitsarbeit wird von den Mitgliedern der VSSG-Arbeitsgruppe Friedhof, Yvonne Aellen und Walter Glauser, unterstützt. Die Initianten empfehlen, «klein einzusteigen» und den Anlass mit den Jahren zu etablieren.

Kommentare und Antworten

×

Name ist erforderlich!

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Gib eine gültige E-Mail Adresse ein

Kommentar ist erforderlich!

Google Captcha ist erforderlich!

  • Stadtgrün
  • Landschaftsarchitektur

Der Remisepark ist ein attraktiver Grünraum, versteckt im Zentrum der Wohnsiedlung Urbanplanen in Kopenhagen. Zwischen den grossen Gebäuden wachsen…

Weiterlesen

  • Stadtgrün
  • Auszeichnungen

Die Stadt Schaffhausen hat die höchste Auszeichnung des Labels Grünstadt Schweiz erhalten und wurde für ihre herausragende Pflege und Gestaltung von…

Weiterlesen

  • Stadtgrün
  • Umwelt

Am Donnerstag, 23. Januar, findet die erste Zürcher Klimatagung zum Thema Schwammstadt statt. Verschiedene Referierende informieren über inspirierende…

Weiterlesen

  • Schwammstadt
  • Baumschutz
  • Stadtgrün
  • Forschung

Eine Studie des Royal Melbourne Institute of Technology (RMIT University) mit Beteiligung der Technischen Universität München (TUM) hat den Zugang zur…

Weiterlesen

  • Landschaftsarchitektur / Planung
  • Stadtgrün
  • Landschaftsarchitektur
  • Auszeichnungen

Aus Grau mach Grün: Was aus einem denkmalgeschützten Gebäude werden kann, zeigt sich am Beispiel des früheren Flakbunkers im Herzen Hamburgs. In 58 m…

Weiterlesen

  • Stadtgrün
  • Organisationen

Ab dem 1. März 2025 übernehmen Friederike Meinhardt und Pascal Bossert die Leitung der Abteilung Stadtraum in der Dienststelle Städtebau & Architektur…

Weiterlesen

  • Stadtgrün

Die Husqvarna Group hat den Urban Green Space Report 2024 veröffentlicht. Darin wird ein besorgniserregender Rückgang der städtischen Grünflächen…

Weiterlesen

  • Stadtgrün
  • Biodiversität

Die Vogt Landschaftsarchitekten AG hat einen Masterplan für einen Naturpark auf dem Areal des ehemaligen Flugplatzes entwickelt. Dieser sieht viel…

Weiterlesen

  • Stadtgrün
  • Biodiversität

Das Programm Stadtgrün von Grünstadt Zürich kann seit dem Start im Januar 2024 erste Ergebnisse zeigen und präsentiert anhand erster Beispiele, wie es…

Weiterlesen

  • Grünräume
  • Pflanzenverwendung
  • Stadtgrün

Walnussbäume, ein bekanntes Bild in unseren Landschaften, eine vertraute Frucht in unseren Händen, sind uns in der Vielfalt ihrer Arten und…

Weiterlesen

  • Pflanzenverwendung
  • Stadtgrün

Die Biodiversität innerhalb der Stadt Zürich soll langfristig erhalten und gefördert werden. Das Ziel ist es, den Anteil ökologisch wertvoller…

Weiterlesen

  • Stadtgrün
  • Auszeichnungen

Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen hat die Preisträger des Bundespreises Stadtgrün 2024 verkündet. Unter dem Motto…

Weiterlesen

  • Stadtgrün

Die Stadt Winterthur geht neue Wege bei der Pflege ihrer Grünflächen und Sportanlagen: Ab dem Jahr 2025 werden ausschliesslich biologische Dünger und…

Weiterlesen

  • Stadtgrün
  • Landschaftsarchitektur

Ab Ende September sollen zwölf neue Pflanzgefässe auf dem Vogesenplatz in Basel für mehr Schatten und ein angenehmeres Mikroklima sorgen. Sie werden…

Weiterlesen

  • Stadtgrün
  • Umwelt

Zur Förderung der Kreislaufwirtschaft wird in Basel aus organischen Abfällen aus dem Stadtgrün ein Pflanzenkohle-Kompost hergestellt. Dieses…

Weiterlesen

  • Grünräume
  • Stadtgrün
  • Baumpflege

Laut Grün Stadt Zürich haben die extremen Wetterereignisse in den Jahren 2021 und 2022 die Kugelahorn-Bäume im Arboretum schwer geschädigt. Nun seien…

Weiterlesen

  • Stadtgrün

Mit der Fertigstellung der Energiezentrale nahe der Viaduktstrasse und der Neuen Hardstrasse entsteht im Zürcher Quartier ein neuer Freiraum. Die…

Weiterlesen

  • Stadtgrün
  • Buch-Tipp

Der Untertitel dieses Buches macht deutlich, worum es geht: urbane Gärten als Orte der Transformation.

Weiterlesen

  • Pflanzenverwendung
  • Garten- und Landschaftsbau
  • Stadtgrün

Im Innovationscluster URBORETUM erforschen Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) gemeinsam mit Partnern, wie Stadtbäume auch…

Weiterlesen

  • Stadtgrün

Per 1. September 2024 wird Sabine Gresch die Nachfolge von Florence Scholl als Stadtplanerin der Stadt Biel antreten.

Weiterlesen

Aktuelle Ausgabe

23/24/2024

Magie der Lichtkunst: Festival in Kronach

Magie der Japangärten: Gestaltung und Rituale

Webtools für mehr Biodiversität

Biozertifizierte Weihnachtssterne

 

Zur Ausgabe E-Magazine

Newsletter Registration

Frau  Herr 

Agenda

«Stadtgrün»
Stadtgärtnerei – Zentrum für Pflanzen und Bildung Sackzelg 27, 8047 Zürich

Die Ausstellung «Stadtgrün» zeigt konkrete Projekte aus dem gleichnamigen Förderprogramm. Zudem gibt es Arbeiten von Studierenden der ZHAW, ETH und OST zu sehen.
Öffungszeiten: täglich 9 bis 17.30 Uhr.

23.11.2024 00:54  –  19.01.2025 00:00
Lehrgang Vegetationstechnik in der Klima- und Schwammstadt
ZHAW Life Sciences und Facility Management, Campus Grüental, 8820 Wädenswil

Im Fokus stehen gesamtheitliche Konzepte, für resiliente, hitzemindernde und wassersensible Freiraumgestaltung. Der Lehrgang zur Fachperson Vegetationstechnik in der Klima- und Schwammstadt (6 ECTS) dauert 12 Monate (inkl. Projektarbeit). Die 24 Präsenztage fallen voraussichtlich auf den Donnerstag. Der Unterricht findet von 9 bis16 Uhr statt (6 Lektionen à 45 Minuten). Kosten: Fr. 5900.–.
Weitere Infos und Anmeldung

09.01.2025  –  09.12.2025
Volkshaus Zürich, Stauffacherstrasse 60, 8004 Zürich

Grün, blau und grau gemeinsam denken: Das ist das Motto der ersten Zürcher Klimatagung «Wie die Stadt zum Schwamm wird» am Donnerstag, 23. Januar. Es ist eine Veranstaltung des Amts für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kantons Zürich in Kooperation mit Grün Stadt Zürich. Im Fokus der Tagung stehen inspirierende Schwammstadt-Pilotprojekte aus der Schweiz und dem benachbarten Ausland sowie Aktuelles aus der Forschung. Das Vormittagsprogramm beinhaltet Projektpitches, Fachreferate und Podiumsdiskussionen im Plenum. Am Nachmittag liegt der Schwerpunkt auf Vertiefungsworkshops zu diversen Themen. Kosten: 200 Fr. 
Programm und Anmeldung

23.01.2025 08:30  –  17:00

Submissionen

Region Zürich
Restaurant Schifflände
Angebotsfrist: 08.01.2025
Region Winterthur
Grosszyklische Sanierung Theater Winterthur
Angebotsfrist: 09.01.2025
Region Zürich
Gleisbogen
Angebotsfrist: 17.01.2025