An der Tagung angestimmt wurde das erste Loblied von Thomas Kimmich, Staudengärtner aus Leidenschaft. Er ist verantwortlich für den Unterhalt der Pflanzungen an der ZHAW und repräsentierte die Gärtnerinnen und Gärtner an der Tagung. Vor diesem Hintergrund fordert er: «Hochwertiges Grün verlangt fachkundige Gärtner. Sie müssen die Kunst und die Poesie des Jätens verstehen und ein Gespür für Pflanzenzusammenstellungen haben.» Das Staudenwissen eignete sich Kimmich in den Lehrjahren bei Gräfin von Zeppelin in Laufen an. Ein Praktikum bei Beth Chatto verschaffte ihm einen Einblick in die Arbeitsweise der Quereinsteigerin, die wie Gertrude Jekyll (1843–1932) als nicht ausgebildete Gärtnerin viele professionelle Gärtnerinnen und Gärtner beeinflusste. Chatto habe zehn Mal in Folge eine Medaille an der Chelsea Flower Show gewonnen, unterstrich Kimmich das Ausnahmetalent. Der von ihr über viele Jahre entwickelte Kiesgarten hat die Pflanzenverwendung beeinflusst. Chatto verbindet Gärtnerisches mit der Pflanzensoziologie. Damit liegt sie in der Linie von Richard Hansen, der dieses Jahr 100 geworden wäre und aus diesem Anlass im Schlussreferat von Jean Bernhard Bächtiger, Institutsleiter ZHAW, gewürdigt wurde. Das von Hansen mitverfasste Lehrbuch «Stauden und ihre Lebensbereiche» für die Systematik der standortgemässen Staudenverwendung kennt wohl jeder Pflanzenverwender. Das Standardwerk ist wahrscheinlich bis heute Grundlage und Ansporn für viele gärtnerische Höchstleistungen.
Natürliche Pflanzengesellschaften im städtischen Grün
Hansen, der bei Karl Foerster eine Gärtnerlehre absolvierte und danach Pflanzensoziologie studierte, orientierte sich an natürlich vorkommenden Pflanzengesellschaften. Wie Bächtiger ausführte, verfolgte Hansen das Ziel, diese natürlichen Pflanzengesellschaften in die Städte zu übertragen und Gärten und Anlagen zu schaffen, die nicht an das Beet gebunden sind. Hansen strebte lebendige, sich selbst regulierende Bodendecken an mit züchterisch kaum bearbeiteten Wildstauden. Bächtiger mass das zu Lebzeiten von Hansen vorherrschende Ideal des harmonischen Landschaftsbildes am gegenwärtig gültigen. Spannend sei das Forschungsprojekt «BiodiverCity» der WSL. Dabei wurden die Zusammenhänge zwischen urbaner Biodiversität, bebauter Umwelt und deren Wahrnehmung durch die Einwohner untersucht. Bemerkenswert sei, dass unter den Bildern mit unterschiedlicher Begrünungsintensität die am intensivsten begrünte Umgebung am meisten Zuspruch fand.
Der Überflieger: High Line Park
Der High Line Park in New York kann mit Sicherheit das Prädikat hochwertiges Stadtgrün für sich beanspruchen – allein schon durch seine Lage. Die High Line ist eine über 2,33 km erhaltene, aber nicht mehr als solche genutzte Hochbahntrasse im Westen von Manhattan. Sie wird seit 2008 in Etappen zu einer Parkanlage, dem High Line Park, umgebaut. Der erste Abschnitt wurde im Juni 2009, der zweite im Juni 2011 der Öffentlichkeit übergeben. Jetzt ist der Park, zu dessen gärtnerischen Höchstleistungen die von Piet Oudolf gestalteten Pflanzengesellschaften zählen, auf einer Länge von über 1,6 km (1 Meile) ausgebaut. Der Gegend um High Line, am westlichen Rand von Manhattan, hat der lineare Park einen unerwarteten Aufschwung gebracht: Der Park zieht jährlich Millionen von Menschen an. In der Nachbarschaft der Gleise entstehen Hotels und Restaurants, die Immobilienpreise steigen.
Tim Marshall, Landschaftsarchitekt, war über Internet an der Tagung zugeschaltet. Er schilderte die «Höchstleistungen», die nötig sind, um einen Park zu unterhalten, der mehr als neun Meter (30 Fuss) über Strassenniveau liegt und über neun rollstuhlgängige Aufgänge erschlossen ist. Der Material- und Maschinentransport ist die eine Herausforderung, die andere die Abfallentsorgung. Im Einsatz sind Velos mit Anhänger sowie mobile Stationen für die Abfallentsorgung.
Der Unterhalt erfordert viel Handarbeit. Dank einem Programm freiwilliger Helfer lässt sich die Parkpflege aufrecht erhalten. Einen wichtigen Part hat die Non-Profit-Organisation «Friends of the High Line» (FHL) . Sie beschafft 70 % der Mittel für den Unterhalt und ist mit der Stadt New York für die Leitung des Parks zuständig. Bestimmte Bereiche wie derjenige an der 23 Street Lawn müssen zeitweise geschlossen werden, damit sich z. B. der Rasen erholen kann. Im ganzen Park verboten sind Velos, Skates und Trottinetts. Zum Schutz der Pflanzungen gibt es zudem ein Hundeverbot. Parkwächter überwachen die Einhaltung dieser Regeln.
Entwicklung des Parks Campus Novartis
Grünräume sind auch Standortfaktor für Firmen. Hochwertiges, aktuelles Beispiel ist der Park im Campus Novartis in Basel. Lars Ruge von Vogt Landschaftsarchitekten SA beschrieb, wie auf dem Dach einer Tiefgarage eine aus der Abfolge der Hangwälder des Juras und der Rheinaue hergeleitete Auenlandschaft entstand und welche pflegerischen Massnahmen nötig sind, um dieses Landschaftsbild langfristig zu entwickeln. Die Landschaft sollte das Gefühl vermitteln, dass man sich zum Rhein bewegt. Dies wird durch Einschnitte in Form einer ausgewaschenen Lehmwand erzeugt. Für einen möglichst authentischen Eindruck wurde zusammen mit der Firma «Lehm Ton Erde» aus Voralberg viel getüftelt.
Wie Ruge ausführte, geht es in der Pflege nicht darum, ein Landschaftsbild zu konservieren, vielmehr verändere sich das Bild ständig. Die Unterhaltsgärtner mussten zunächst darauf eingestimmt werden. «Sie sollten nicht das Landschaftsbild leerputzen», so Ruge. Heruntergefallene Äste oder Laub gehören zu einer Auenlandschaft. Der Park wird künstlich bewässert. Nach nunmehr drei Jahren Entwicklungszeit wird der Wasserbedarf Jahr für Jahr zurückgefahren.
Der Park werde intensiv genutzt, zum einen als informeller Treffpunkt, zum anderen als temporärer Arbeitsort. Ein Magnet für die Mitarbeitenden im Frühjahr ist die Iris-Pfeifengras-Wiese auf einer der Terrassen. Nach drei Jahren Entwicklung haben sich dort auch Rote-Liste-Arten angesiedelt. In naher Zukunft wird der Park zum Rhein hin verlängert.
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