Ebenso wie ein Manko innerhalb der Denkmalpflege für Gärten besteht, genauso gibt es einen Nachholbedarf für die Wertschätzung historischer Gärten in der Grünen Branche. Wie der 48-jährige, erfahrene Berufsmann feststellt, ist jedoch ein Umdenken im Gang. «Das Verständnis für die alten Gärten wächst.» Hierfür gibt es einige Belege. Eine Vorreiterrolle nimmt der Kanton Basel-Landschaft ein, der einen Leitfaden für Besitzer von historischen Gärten herausgegeben hat. Die Sensibilisierung der Bevölkerung für das Gartenerbe ist zudem zentrales Ziel der Kampagne nationales Gartenjahr 2016 – Raum für Begegnung. Weiter richten die Denkmaltage 2016, die am zweiten Septemberwochenende veranstaltet werden, den Fokus auf das Gartenerbe. Darüber hinaus hat das Bundesamt für Kultur gemeinsam mit der Arbeitsgruppe Gartendenkmalpflege von ICOMOS Suisse den Leitfaden «Gartendenkmäler in der Planung» verfasst.
Der Schutz historischer Gärten erfordert jedoch nicht nur Fachwissen auf planerischer Ebene, sondern vor allem auch in der praktischen Umsetzung. Gärten verfallen rasch ohne sachgemässe Pflege. Mehrere Hundert Jahre alte Baumbestände etwa können durch einen falschen Schnitt leicht zerstört werden. Nebst der historischen Pflanzenverwendung und den stilistischen Aspekten der Pflanzen sind Kenntnisse über Bauweisen und Materialverwendung im historischen Garten wie Wege, Zäune und Kleinbauten wesentliche Voraussetzungen. Auf diese traditionellen Techniken in ihrem erlernten Beruf spezialisiert sind Handwerkerinnen und Handwerker in der Denkmalpflege.
Der Grundstein für diese neue Weiterbildung wurde 2011 mit einem Workshop auf dem Ballenberg gelegt. Vor dem Hintergrund seiner jahrelangen Erfahrung im Unterhalt historischer Gärten, so beim Schloss Jegenstorf und beim Schloss Hindelbank im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Firma Schmid & Partner Gartenbau AG, wurde Schmutz zum Workshop eingeladen. Aus dem Profil der Tätigkeiten resultierten die Modulbeschriebe für den Pilotlehrgang. Das Angebot sollte auf möglichst viele Berufe ausgedehnt werden. Der GaLaBau ist neben Schreinern, Pflästerern und Holzbauern einer von insgesamt acht Berufen, in denen seit 2012 ein Lehrgang angeboten wird.
Modellbeispiel für gartendenkmalpflegerisches Handwerk
Schmutz schloss den Lehrgang 2014 mit einer 30 Seiten umfassenden Diplomarbeit über die Instandstellung der Gartenanlage Wildhainpark in Bern ab, deren Umsetzung er auch leitete. Die Methodik des Dokumentierens und die Erstellung von Faktenblättern als zentrale Inhalte des Lehrgangs fand hierbei Anwendung. Die Bandbreite des Projektes reichte von der Sondiergrabung zum Nachweis historischer Gartenteile, der Freilegung und Sicherung verdeckter Gartenteile und Materialien über den kontrollierten Rückbau der Pflasterdecke und des Oberbaus sowie der Korrektur der Natursteinpflästerung, der Umsetzung des revidierten Weg- und Platzkonzeptes sowie des Pflanz- und Begrünungskonzeptes bis hin zur Ausarbeitung der Pflegeplanung. Für die freigelegten Bauteile wurden Befundkarten angelegt. Während der gesamten Bauphase wurden vor jedem Eingriff Sondierungen vorgenommen und die Ergebnisse laufend auf der Karte eingezeichnet. Breiten Raum nahm die Reparatur der 50 m2 grossen Natursteinpflästerung aus behauenen Kieselwacken ein. Basierend auf einer Zustandsanalyse wurde die gesamte Pflästerung nach heutigem Wissensstand und mit den heute gängigen Zusatzmaterialien in der ungebundenen Bauweise wieder eingebaut. «So kann dieser Eingriff von künftigen Generationen auch ohne Dokumentation zeitlich eingeordnet werden», wie in der Diplomarbeit ein wichtiger Grundsatz in der Denkmalpflege erläutert wird.
Pensum von 600 Lektionen und
250 Stunden Eigenstudium
Das Rüstzeug zur Bewältigung solch komplexer Projekte zur Instandstellung wurde in rund 600 Lektionen erworben. Hinzu kamen 250 Stunden für das Eigenstudium und die Ausarbeitung der Projektarbeiten. Zwei Drittel des Lehrgangs sind fachübergreifende Module, die einen breiten Horizont vermitteln. Grundsätze der Chartas sind ebenso Lerninhalte wie Architektur- und Kunstgeschichte. Dabei wird der gemeinsame Unterricht mit den Handwerkern in der Denkmalpflege anderer Berufe nicht nur im Schulzimmer abgehalten, sondern die Hälfte der Zeit verbringen die Teilnehmenden auf Exkursionen. Dies fördert das Verständnis für die Belange anderer Berufe.
Die Rücksichtnahme auf das Werk anderer ist ein Muss in der Denkmalpflege. Projektarbeiten, bei denen die verschiedenen Handwerker gemeinsam agieren, gehören ebenso zum Lehrgang wie die Definition von Schnittstellen zum eigenen Fachgebiet. Die Kommunikation ist nicht nur unter den verschiedenen Handwerkern wichtig, sondern auch an der Schnittstelle zwischen Planer, Bauherr und Denkmalpfleger. Vielfach ist zudem die stilsichere Kombination von traditionellem Handwerk mit modernen Elementen ein zentraler Aspekt. Für das Gartendenkmalpflegemodul belegte Schmutz Vorlesungen im Rahmen des Masterstudienganges für Architekten und Denkmalpfleger an der Hochschule Burgdorf. Alternativ dazu bietet die Hochschule Rapperswil das Modul Gartendenkmalpflege an.
Die Weiterbildungslehrgänge für Grünflächenspezialistinnen und Grünflächenspezialisten decken die Grünflächenmodule weitgehend ab. Die speziellen Pflegetechniken in historischen Gärten wurden im Rahmen von zwei Unterrichtstagen sowie durch Fachvorträge vertieft. Als eine von vielen Besonderheiten erfordert die Arbeit in historischen Gärten einen auf die Bauweise angepassten Maschineneinsatz. Wer über einen Fachausweis als Grünflächenspezialist verfügt, kann die Module für den Handwerker in der Denkmalpflege «aufsatteln».
Für wen eignet sich die Weiterbildung?
Als wichtige Voraussetzungen nennt der Handwerker in der Denkmalpflege Geduld und Beharrlichkeit. Gärtnerinnen und Gärtner, die überwiegend im Bereich Gartenumänderungen und Pflegearbeiten tätig sind, bringen gute Voraussetzungen mit. Erforderlich sind fünf Jahre Berufserfahrung, davon insgesamt ein Jahr Tätigkeit im Bereich historischer Gärten. Mitbringen sollte man weiter die Bereitschaft für eigenverantwortliches Lernen. Für die zeitintensive berufsbegleitende Weiterbildung ist inklusive Fachliteratur und Reisespesen und exklusive Lohnausfall mit Kosten in Höhe von 15 000 Franken zu rechnen. Bei erfolgreichem Abschluss wird ein Teil der Weiterbildungskosten rückerstattet. «Die Freude, etwas, das andere erstellt haben, an eine nächste Generation weiterzugeben», ist für den Handwerker in der Denkmalpflege stets aufs Neue ein Ansporn.
Infos zum Lehrgang
Der nächste Lehrgang beginnt im März 2017. Hierzu findet am 27. Oktober 2016, 18 Uhr, an der Berner Fachhochschule für Architektur, Holz und Bau ein Informationsanlass statt. Anmeldung bis 13. Oktober 2016 unter www.handwerkid.ch
Auskunft bei Jardin Suisse erteilt Simon Lüscher.
Kommentare und Antworten