1. Habe ich Anspruch auf Lohn, wenn mich mein Chef wegen hohem Fieber nach Hause schickt?
Wenn Sie hohes Fieber haben, sind Sie krank und sollten nach Hause gehen. Bei Krankheit haben Sie von Gesetzes wegen einen Anspruch auf Lohnfortzahlung (Art. 324a OR). Allerdings benötigen Sie dafür ein Arztzeugnis, das der Arbeitgeber ab dem ersten Tag verlangen kann. Falls dies derzeit aufgrund der erhöhten Anfragen nicht möglich sein sollte, teilen sie Ihrem Arbeitgeber schriftlich mit, dass Sie aufgrund der besonderen Situation noch kein Arztzeugnis erhalten haben, dies aber so schnell wie möglich nachholen.
2. Ich gehöre zur Risikogruppe (Alter, bestehende Vorerkrankung etc.) und habe Angst vor einer Ansteckung. Kann ich die Arbeit verweigern und muss mir der Arbeitgeber trotzdem den Lohn bezahlen?
Wenn Sie zu einer Risikogruppe gehören und einer hohen Gefahr der Ansteckung ausgesetzt sind, können Sie die Arbeit verweigern und zu Hause bleiben. Es ist dann wie bei einer anderen Krankheit, die Sie zu Hause auskurieren. Ihr Arbeitgeber muss Ihnen Homeoffice ermöglichen. Ist dies aus betrieblichen Gründen nicht möglich, so werden Sie unter Lohnfortzahlung beurlaubt (Art. 10c Abs. 2 COVID-19-Verordnung 2).
3. Darf mir mein Arbeitgeber wegen des Coronavirus für einen gewissen Zeitraum Homeoffice oder eine andere Tätigkeit zuweisen?
Grundsätzlich hat der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer ein Weisungsrecht. Schwerwiegende Störungen des Betriebsablaufs, wie sie beim Coronavirus auftreten können, sind Ausnahmesituationen, die es dem Arbeitgeber erlauben, von seinen Mitarbeitenden andere als die üblicherweise ausgeführten Arbeiten zu verlangen oder sogar den Ort der Arbeits-ausführung zu verlegen. Dieses Weisungsrecht des Arbeitgebers ist aber begrenzt und es ist immer eine Einzelfallbeurteilung nötig.
Der Arbeitgeber kann Arbeitnehmer also ohne weiteres anweisen, für eine befristete Zeit Homeoffice auszuüben, falls diese Arbeitsart im Arbeitsvertrag vorgesehen ist. Das einseitige und befristete Anordnen von Homeoffice dürfte aktuell auch ohne vertragliche Bestimmung durchsetzbar sein, selbst wenn der Arbeitsvertrag keine Homeoffice-Bestimmungen vorsieht, sofern dies für den Arbeitnehmer möglich und zumutbar ist (Art der Arbeit, Vorhandensein von Räumlichkeiten, technischer Geräte etc.).
4. Seit dem 16. März 2020 sind die Schulen geschlossen und ich kann die Kinder nicht allein zu Hause lassen. Zahlt mir der Arbeitgeber den Lohn?
Nach Art. 40 Abs. 2 EpG ist bei behördlichen Massnahmen, die zur Folge haben, dass der Elternteil die Arbeitsleistung nicht erbringen kann, die Lohnfortzahlung nach Art. 324a OR geschuldet. Denn wenn das Kind nicht in die Schule oder die Krippe gehen kann, obwohl es nicht krank ist, erfüllt der Elternteil seine gesetzliche Pflicht, wenn er sich um das Kind kümmert und der Arbeit fernbleibt (Art. 276 ZGB). Die Eltern sind jedoch verpflichtet, rasch eine Fremdbetreuung zu organisieren. Normalerweise wird von Arbeitnehmern erwartet, dass sie innert drei Tagen eine anderweitige Betreuung finden. In der aktuellen Situation ist allerdings zu erwarten, dass Gerichte nicht auf diese drei Tage beharren würden, sondern ein paar Tage mehr als angemessen erachten. Der Elternteil hat folglich während eines beschränkten Zeitraums Anspruch auf Lohn. Dieser Zeitraum hängt entweder davon ab, was in den Anstellungsbedingungen (Arbeitsvertrag) zur Lohnfortzahlung festgelegt ist oder, bei fehlender Definition, weche Lohnfortzahlungs-Skala zur Anwendung gelangt.
5. Mein Betrieb ist wegen des Coronavirus geschlossen. Wird mir der Lohn ausbezahlt?
Wenn der Betrieb von sich aus entschieden hat, seine Arbeitsstätte zu schliessen, ist der Arbeitgeber zur Weiterzahlung des Lohnes verpflichtet. Dies gilt auch, wenn der Arbeitnehmer im Stundenlohn angestellt ist und regelmässig gearbeitet hat.
Muss das Unternehmen aufgrund eines behördlichen Entscheids schliessen, besteht ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Lohnfortzahlung, da der Arbeitgeber das Betriebs- und Wirtschaftsrisiko trägt. Der Arbeitgeber kann jedoch auch bei einer Arbeitslosenkasse seiner Wahl Kurzarbeitsentschädigung geltend machen. Teilweise wird bezüglich der Lohnfortzah-lungspflicht bei behördlicher Anordnung eine abweichende Meinung vertreten und eine Lohnfortzahlungspflicht verneint.
6. Mein Arbeitgeber möchte Zwangsferien anordnen. Darf er das?
Allgemein gilt: Gemäss Art. 329c Abs. 2 OR bestimmt grundsätzlich der Arbeitgeber den Zeitpunkt der Ferien. Dieser hat jedoch auf die Wünsche des Arbeitnehmers soweit möglich Rücksicht zu nehmen. In der Regel wird der Ferienbezug einvernehmlich geregelt. Bei Uneinigkeit hat der Arbeitgeber das Recht, den Ferienbezug einseitig zu bestimmen.
Möglicherweise dürfte die Anordnung von Zwangsferien jedoch aufgrund eines dringlichen betrieblichen Bedürfnisses auch ohne die ansonsten übliche Vorankündigungsfrist von drei Monaten zulässig sein, wobei wiederum fraglich bliebe, ob in der aktuellen Lage der Erholungszweck erfüllt wäre. Da sich beidseitig Interessen gegenüberstehen, ist es auf jeden Fall wichtig, dass sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber absprechen. Allerdings dürfen Sie nicht dazu gezwungen werden, Ferien zu beziehen, die Ihren bisher erworbenen Ferienanspruch übersteigen.
7. Darf der Arbeitgeber die Weisung erteilen, dass die Arbeitnehmer ihre Überstunden kompensieren müssen, wenn nicht genügend Arbeit vorhanden ist oder der Betrieb geschlossen werden muss?
Grundsätzlich setzt die Kompensation von Überstunden die Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer voraus, und zwar sowohl zum Grundsatz der Kompensation, sowie zu deren Zeitpunkt und zu deren Dauer. Sollte jedoch nicht genügend Arbeit vorhanden sein oder droht sogar die Betriebsschliessung, dürfte aus der betrieblichen Notwendigkeit heraus ausnahmsweise die einseitige Anordnung des Arbeitgebers zur Kompensation von Überstunden zulässig sein. Arbeitnehmer haben zudem auf die Interessen des Betriebs Rücksicht zu nehmen. So dürfen Sie beispielsweise nicht Überstunden aufsparen für Zeiten, in denen der Betrieb wieder besser läuft. Diese wäre unter Umständen rechtsmissbräuchlich.
8. Muss der Arbeitgeber mich im Vorfeld über Kurzarbeit informieren bzw. mein Einverständnis haben? Oder könnte ich darauf bestehen, dass weiterhin mein voller Lohn ausgezahlt wird?
Bei der Einführung der Kurzarbeit handelt es sich um eine Reduktion des Lohnes auf 80% des bisherigen Gehalts (Art. 31 Abs. a Abs. d AVIG). Deshalb braucht es zwingend das Einverständnis der Arbeitnehmenden; und zwar von jeder Person einzeln. Der Arbeitnehmer kann auch ablehnen und auf das volle vertraglich vereinbarte Salär bestehen. Er geht dabei aber das Risiko ein, den Job zu verlieren, wenn der Arbeitgeber aus finanziellen Gründen kündigen muss.
9. Wie viel Lohn erhalte ich während der Kurzarbeit?
Die Kurzarbeitsentschädigung beträgt 80% des auf die ausgefallenen Arbeitsstunden anrechenbaren Verdienstausfalles, will heissen 80% des wegfallenden Lohnes, unabhängig davon ob Sie im Monats- oder im Stundenlohn angestellt sind. Beispiel: Angestellt zu 100%, momentan wegen Kurzarbeit nur noch zu 50% beschäftigt: Die Arbeitslosenkasse zahlt 80% des Lohnes auf der Minderarbeit (also 80% von 50%).
Massgebend ist der vertraglich vereinbarte Lohn in der letzten Zahltagsperiode vor Beginn der Kurzarbeit. Dazu gehören unter anderem diese Lohnbestandteile: Grundlohn (Monats-, Stunden- oder Akkordlohn), Ferien- und Feiertagsentschädigung, weitere Zulagen gemäss Arbeitsvertrag oder GAV).
10. Wie ist die Situation bei den Lernenden: Müssen diese wegen den geschlossenen Berufsschulen Mehrarbeit leisten?
Der Lehrvertrag ist ein zeitlich befristeter Arbeitsvertrag mit der Besonderheit, dass nicht die entgeltliche Arbeitsleistung den massgebenden Vertragsinhalt bildet, sondern die Ausbildung. Hauptpflicht ist die Ausbildung. Auch Lernende können aber bei besonderen Anlässen oder betrieblicher Notwendigkeit zu Überstunden oder Mehrarbeit herangezogen werden.
Gemäss Art. 345a Abs. 2 OR hat der Arbeitgeber der lernenden Person ohne Lohnabzug die Zeit freizugeben, die für den Besuch der Berufsfachschule erforderlich ist, was bedeutet, dass die Unterrichtszeit grundsätzlich als Arbeitszeit gilt. Derzeit bieten die meisten Schulden Distance Learning an. Erfolgt nun der Schulunterricht mittels Distance Learning, sollte dem Lernenden genügend Arbeitszeit zur Verfügung gestellt werden, um seinen schulischen Pflichten nachzukommen. Wird die Ausbildungspflicht seitens des Arbeitgebers vernachlässigt, sollte das Gespräch mit dem Berufsbildungsverantwortlichen im Betrieb oder beim kantonalen Berufsbildungsamt gesucht werden.
Quelle: Grüne Berufe Schweiz
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