Bereits seit einiger Zeit hatten sich Rosi und Werner Wüthrich mit der Nachfolgeregelung für ihre Baumschule im thurgauischen Amriswil/Hatswil befasst. Mit Nicole Soller hätten sie nun die «perfekte Lösung» gefunden, wie Werner Wüthrich es formuliert. Beiden Parteien steht die Freude über die erfolgreiche Geschäftsübergabe, die diesen Frühling erfolgte (dergartenbau 14/2014), ins Gesicht geschrieben. Nicole Soller packt mit grossem Engagement die neue Herausforderung an, während die Wüthrichs es schätzen, etwas kürzertreten zu können und ihr Lebenswerk, das sie vor 30 Jahren gründeten, in guten Händen zu wissen.
Er habe, so bekundet Werner Wüthrich, keinerlei Probleme damit, sich aus dem operativen Geschäft zurückzuziehen und loszulassen. Weiterhin seien er und Rosi bei Bedarf beratend zur Stelle, ohne sich jedoch einzumischen. Beide sind aktuell zu je 50 % angestellt, wenn es allerdings hoch hergeht, werden daraus auch gerne mal 100 %. Für Nicole Soller ist die Übernahme ein eigentliches «Heimspiel», stammt sie doch ursprünglich aus Amriswil. Nach einer Anstellung bei einem renommierten Zürcher Landschaftsarchitekturbüro arbeitete sie bereits seit Frühling 2011 als Kundenberaterin im Verkaufder Wüthrich Pflanzen AG. Zeitgleich hatte sie ihre eigene Firma «pflanzwerk» gegründet, die Konzepte für Gartengestaltungen und Pflanzplanungen anbietet.
Das «pflanzwerk», 2013 mit einem Preis des Jungunternehmerforums prämiert, bleibt weiterhin bestehen und bildet ein ergänzendes Standbein zur Baumschule. Soller reagiert damit auf die veränderten Bedürfnisse der Kundschaft: «Der Garten wird vermehrt als Lebensraum wahrgenommen. Viele Leute wollen nicht nur die Pflanzen kaufen, sondern wünschen sich dazu eine vertiefte Beratung und einen Plan, was sie wohin setzen können, um die gewünschte Wirkung zu erreichen.» Die Pflanzplanungen stellen eine ideale Ergänzung dar, um in den ruhigeren Monaten Lücken zu füllen. Das Angebot besteht auch für Gartenbauer, denen die Zeit oder das Know-howclass="s1">fehlt, vielfältige Pflanzungen selber zu konzipieren.
Werner Wüthrich erinnert sich gut daran, wie sehr sich der Umgang mit der privaten Kundschaft, die heute rund 30 % des Umsatzes generiert, über die Jahrzehnte verändert hat. Als er vor 30 Jahren mit der Produktion von Obstbäumen für Bauern und den Grosshandel begonnen hatte, habe man sich jeweils regelrecht daran gestossen, wenn ein Privatkunde in der Baumschule erschien, um einen einzelnen Apfelbaum zu kaufen ... Erst später erweiterte man das Sortiment um Ziergehölze und Stauden und legte den Hauptfokus nach und nach auf Gartenbauer sowie auf Endkundinnen, die jederzeit auf eine fachlich fundierte Beratung zählen können.
Mit Energie ans Werk
Für Soller ist es denn auch die kompetente Beratung, auf die sie in ihrem Betrieb besonderes Augenmerk legt. «Die Fachkompetenz hebt uns ab vom Grossverteiler und rechtfertigt die höheren Preise. Wir wollen das Spezielle anbieten und den Leuten Erlebnisse in der Baumschule ermöglichen, wenn sie etwa die Bäume im Feld selber aussuchen können.» Die Jungunternehmerin sprüht vor Tatendrang und man spürt, dass hier eine Person am Werk ist, die die Arbeit mit den Pflanzen liebt.
In ihrer Lehre als Zierpflanzengärtnerin und dem anschliessenden Studium zur Umweltingenieurin an der ZHAWclass="s4">(Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften) eignete sich Soller ein breites Pflanzenwissen an. Schon als Kind hatte sich abgezeichnet, dass sie einmal Gärtnerinwerden wollte. Kaum fünf Jahre alt, verschönerte sie die Umgebung des elterlichen Wohnhauses mit selbst ausgesätenSonnenblumen und legte als Teenager erste Blumenrabatten an, die sie selbständig pflegte. Vorbeigehende Passanten hatten jeweils Mitleid mit der jätenden Nicole; sie konnten ja nicht ahnen, dass ihr diese Arbeit grossen Spass bereitete.
Dem Konzept treu bleiben
Sie sehe, so Soller, momentan keinen Anlass, an der Ausrichtung und dem Grundkonzept der Baumschule etwas zu ändern. Sie führe das Unternehmen im gleichen Stil wie bisher weiter. Einzig kleinere Veränderungen auf dem Gelände seien geplant, um der Kundschaft vor Ort einige innovative Gestaltungs- und Pflanzideen zu präsentieren.
Nebst der Förderung der Privatkunden ist es Soller wichtig, weiterhin eine enge Zusammenarbeit mit den Garten- und Landschaftsbaubetrieben der Region zu pflegen. Die Grundlage für einen erfolgreichen Betrieb sieht die Jungunternehmerin in ihrem gut funktionierenden Team. Ein offenes Arbeitsklima, in dem sich die Mitarbeitenden einbringen können, ist ihr wichtig.
Nebst der Arbeit mit den Pflanzen sind es auch die Managementaufgaben, die Soller als sehr spannend empfindet. Das Schöne an ihrem Job sei es, immer mit den Jahreszeiten zu gehen. Besonders im Frühling sei Vollgas gefragt. «Wenn man brennt für eine Sache, kann man auch strenge Phasen gut meistern. Man weiss ja, dass wieder ruhigere Zeiten kommen», meint Soller. «Ich hätte die Baumschule kaum zu einem besseren Zeitpunkt übernehmen können. Der überaus milde Frühling markierte einen optimalen Start in die Saison.»
Pflanzen und Dienstleistungen für blühende Gärten
• Die Firma Wüthrich Pflanzen AG (www.wuethrich-pflanzen.ch) mitStandort in Amriswil/Hatswil besteht seit 1984. Das Betriebsgelände umfasst 8,5 ha, davon sind 6 ha unter Kultur. Das Unternehmen bietet sieben Vollzeit- sowie eine IV-Stelle an und bildet jeweils einen Lernenden aus. Die Baumschule verkauft und liefert an Privatpersonen und Gartenbauunternehmen in den Kantonen Thurgau, St. Gallen, Zürich und Appenzell.
• Die von Nicole Soller 2011 gegründete Firma pflanzwerk GmbH (www.pflanzwerk.ch) bietet ergänzend zur Baumschule Garten- und Terrassenkonzepte sowie Pflanzplanungen an. Zu den ausgeführten Projekten zählt der öffentlich zugängliche «EchinaPoint» der Firma Bioforce in Roggwil TG.
C. Zollinger
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