Schwächen erkannt, langwierige Planungsphase abgeschlossen und losgelegt: Bei Gartenpflanzen Daepp in Münsingen BE stehen die Zeichen auf Veränderung.
Neuordnung mit grossen Flächen
In den letzten Monaten wurden 1,5 ha neue Containerproduktionsflächen angelegt. Bedienung des GaLaBaus und Privatverkauf werden entflochten. Es entsteht eine neue Verkaufszentrale mit Abholzone für die GaLaBau-Kundschaft (siehe «Aktuell»). Der Betrieb wird umgestaltet, damit der GaLaBau, die laut Daepp wichtigste Kundengruppe mit 75 % des Umsatzes, noch besser bedient werden kann. Gleichzeitig wird der Privatverkauf, der in den letzten Jahrenzugenommen hat, weiter ausgebaut und erhält einen eigenen Bereich zugewiesen. Hier wird eine neue Verkaufsanlage hochgezogen. Es entsteht das «grösste Gartencenter im Raum Bern mit Erlebnisbaumschule», wobei punkto Grösse nicht die überdachte Fläche gemeint ist, sondern die Gesamtfläche.
Gut Ding will Weile haben
Interne Verkehrsprobleme, zu wenig Parkplätze, fehlende Infrastruktur für Privatverkauf und Selbstbedienung, Platzmangel bei den Containerkulturen – diese Probleme wollte Patrick Daepp, der das Familienunternehmen seit 2005 führt, rasch angehen. Dazu mussten aber zuerst ein Grobkonzept entwickelt und die rechtlichen und politischen Grundlagen geschaffen werden – ein langwieriger Prozess.
Das Grobkonzept entstand im Parallelplanungsverfahren mit zwei Architekturteams. In der Begleitgruppe warender Leiter Bauabteilung der Gemeinde Münsingen, ein ausgewiesener Architekturexperte, der Baumeister, ein unabhängiger Experte für gärtnerische Verkaufsanlagen, der Ortsplaner von Münsingen, Mario Mühle (Verkaufsleiter Gartenpflanzen Daepp), Baumschulkollege Roman Schwitter und Inhaber Patrick Daepp selber. «Die Begleitgruppe war sehr wichtig für ein gutes Projekt», berichtet Daepp.
Unternehmerische Überlegungen bewogen den in der Landwirtschaftszone gelegenen Produktionsbetrieb, sein Bauland gegen Gewerbeland abzutauschen. Daepp hat mit diesem Vorgehen das Risiko minimiert, dass der Baumschule Land entzogen werden könnte. Er bezeichnet sein Handeln als «ein Statement für die Firma, den Standort und die Schweizer Produktion».
Zusammen mit der Gemeinde wurde eine Überbauungsordnung (UeO) «Gartenpflanzen Daepp» mit Zonenplanänderung («Gärtnereizone») geschaffen. Es gab kein Referendum. «Gemeinde und Nachbarn wurden früh eingebunden und ständig informiert», berichtet Daepp. Aus Rücksicht auf die Anrainer habe man Parkplätze in den Betrieb hinein verlegt. «Wir sind von Anfang an sehr offen gewesen, und das hat sich bewährt», so der Geschäftsführer. Zur Finanzierung lagen Daepp die Angebote von vier Banken vor. Manche hatten nur die Werte beurteilt, andere das Businessmodell – trotzdem lagen die Angebote «erstaunlich nahe beieinander». Gewählt wurden letztlich zwei Regionalbanken. «Es war ein strategischer Entscheid», sagt Daepp. «Bei Grossbanken ist man nur eine Nummer und der Anonymität ausgeliefert.»
Die Baumeisterarbeiten vergab der Baumschulist lokal und ohne Submission an einen Unternehmer seines Vertrauens. Statt den Billigsten, der dann aber jede vergessene Kleinigkeit in den Regierapport schreibe, wolle er lieber einen Partner, der ihn von A bis Z unterstütze und mitdenke, erklärt Daepp. Er habe auch möglichst viele Schweizer Lieferanten gewählt, denn: «Wir sind ja ebenfalls Schweizer Produzenten.»
Verkaufsanlage mit Bistro
Dass selber produziert wird, das soll der Privatkunde sehen. Die Eigenproduktion beläuft sich bei Gehölzen auf 70 % und ist bei Stauden noch grösser. Gleich bei der Einfahrt, direkt gegenüber der älteren Produktionsgebäude, liegt das Herzstück der entstehenden Verkaufsanlage: ein in Zukunft von Solitärgehölzen gesäumtes zweischiffiges Verkaufsgewächshaus. Dem ca. 1000 m2 grossen Bau vorgelagert ist der neue Privatkunden-Parkplatz. Betreten wird das Gartencenter durch das seitlich versetzt angeordnete Cabrio-Gewächshaus (450 m2). Der Rundlauf führt zuerst zu den Gartenpflanzen, dann zum weitläufigen Aussenverkaufsbereich, zum Bistro mit Aussen- und Innenplätzen und schliesslich zum Verkaufsgewächshaus. Das Gartencenter, das am Wochenende vom 6. bis 8. April 2018 eröffnet werden soll, wird neben Stauden und Gehölzen auch Beet- und Balkonpflanzen, Kräuter, Gemüsesetzlinge, Erden, Gefässe und Bedarfsartikel verkaufen, nicht aber Indoorpflanzen.
«Erlebnisbaumschule soll keine Worthülse sein, wir wollen das einlösen», betont Daepp. Er verweist auf grosse Teile der Verkaufsflächen, die flexibel bespielbar sein werden. Ziel sei es, viel zu wechseln und immer wieder umzudekorieren, damit der Kunde stets Neues sehe und entdecke. Das Bistro werde in Eigenregie betrieben, um auch hier den «Erlebnischarakter» sicherstellen zu können. Im Aussenbereich werden Schirmplatanen das Bistro prägen, vorgesehen ist ebenfalls ein 175 m2 grosser Kinderspielplatz. Für besondere Wünsche soll die Kundschaft auch künftig mit dem Elektromobil zu den Kulturen gefahren werden. Vorgesehen sei zudem, einen Teil des Solitärparks in den Privatverkaufsbereich zu integrieren. Beheizt wird das Verkaufsgewächshaus zu 100 % mit Wärmepumpen, die darüber hinaus einen Grossteil der alten Gebäude beheizen. Daepp erwartet eine künftige Heizölersparnis von 11 000 Litern pro Jahr. Durch Isolation konnte der Bedarf bereits früher um 7000 Liter pro Jahr gesenkt werden.
Neue Produktionsflächen
Für die insgesamt 1,7 ha überbaute Verkaufsfläche musste Daepp einen Teil der Produktion umlegen. Dazu wurden in die- sem Jahr 1,5 ha Containerflächen neu erstellt. Eine Erweiterung um zusätzli-che 1,5 ha wird demnächst folgen. Aus-ser den (rückbaubaren) Betonstrassen, der Drainage und der Planie wurde alles von den eigenen Mitarbeitenden realisiert. «Das war eine Riesenherausforderung, vor allem im Frühling», berichtet Daepp und schiebt stolz nach: «So etwas klappt nur mit einem Superteam, und das haben wir.» Bevor es ans Bauen ging, wurde in Workshops nach Umsetzungsmöglichkeiten gesucht. «Die Realisierung war ein Prozess der Teamarbeit mit dem Ziel, die beste Lösung zu finden.Alle sollten mitziehen und mittragen, damit es ein gemeinsames Projekt wird, mit der sich der Einzelne identifizieren kann», erklärt der Geschäftsführer.
Beim Flächenaufbau wurde auf Qualität und kostenmässige Optimierung geachtet. Weil auf Fruchtfolgeflächen erstellt, war ein Auskoffern nicht möglich. Es wurde also planiert, gewalzt, ein starkes Bändchengewebe platziert, eine Splitterschicht ausgebracht und abschliessend eine übliche Mypex-Folie verlegt. Zur Sicherstellung einer hohen Flexibilität wurde über die ganze Fläche das Raster einer Überkopfbewässerung gelegt, ergänzt durch Giessschächte (Anschlussmöglichkeit für Tropfbewässerung) und Zapfstellen (zum Ausgies-sen per Schlauch). Aufgrund der zu geringen Wasserspeicherkapazität braucht die Baumschule jetzt aber eine neue Steuerung zur wassersparenden Bewässerung mit mehr Zeitfenstern. Zurzeit testet Daepp das Steuerungssystem der Firma PlantCare (siehe dergartenbau 19/2017). Es sei entschieden, diese Bewässerungssteuerung zunächst auf einer Fläche von 1 ha einzuführen, so der Geschäftsführer. Man wolle das neue System noch besser kennenlernen, bevor dann ein weiterer Ausbau erfolge.
Die neue Produktionsfläche für Containerpflanzen ist in verschiedene Bereiche gegliedert:
• Quartiere mit Überkopfberegnung undDrainage am tiefsten Punkt. Überschüssiges Wasser wird ins 600 m3 fassende Lagersilo zurückgeführt und rezirkuliert.
• Quartiere mit Tropfbewässerung und Anbindesystem (Eigenentwicklung von Daepp Senior) für Schlinger, Stämmchen und mittelgrosse Solitärpflanzen).
• Quartier mit Mattenbewässerung (Aufbau: Mergel, Silofolie, Matte, Mypex), vier Bewässerungssektoren und Rezirkulation für Rosen und sonstige mehltauanfällige Pflanzen in eher kleinen Topfgrössen, meist 7,5-, 10- und 12-Liter-Container. Drainage mit Sickerbeton in der Feldmitte. Dank reduzierter Blattnassdauer ist der Krankheitsdruck bei diesem Bewässerungssystem geringer und die Pflanzenqualität höher.
• Quartiere für Alleebäume mit Tropfbewässerung und Anbindevorrichtung in V-Form (System Lehmann). Diese Flächen sind mit dem Radlader (bis 3,5 t) befahrbar. Dies dank Mergelschicht auf sehr starkem Bändchengewebe.
• Einschlagsflächen mit Substrat für die eigene Produktion aus dem Freiland, die im Betrieb getopft oder wieder aufgeschult wird.
Die Neuanlage wird von einer Wildhecke umrahmt: als Windschutz, zur besseren Einbettung in die Landschaft und zur Förderung des ökologischen Gleichgewichts (Nützlinge). Das 2,5 ha grosse Freiland dahinter will Daepp ab März 2018 mit Grossgehölzen in Kultur nehmen. Die Auswahl an Solitär- und Charaktergehölzen soll ausgebaut werden. Mit insgesamt 22,5 ha in Münsingen und Belp entwickelt sich Gartenpflanzen Daepp in der fünften Generation zur achtgrössten Baumschule der Schweiz.
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