«Die klassische Innenbegrünung ist ein Auslaufmodell», glaubt Moritz Küderli, CEO und Geschäftsinhaber der Hydroplant AG mit Hauptsitz in Zürich. Er setzt auf die umfassende Objektbegrünung – Pflanzen als integraler Bestandteil der Architektur sowohl im Gebäude als auch aussen. Hier erwartet er «eine sehr schöne Zukunft», denn das Thema Grün werde im urbanen Umfeld hoch gewichtet und liege im Trend. Es gehe dabei nicht nur um Ästhetik. «Gute Begrünung muss auch einen Zweck haben», betont Küderli. Allerdings bestehe die Gefahr, dass Branchenfremde in den Bereich hineindrängten: «Wir Begrüner müssen schauen, dass diese Nische nicht von anderen besetzt wird, z. B. von Newcomern, die unbeschwert an solche Themen herangehen.»
Fachplanung und Ausführung bei «Virchow 16» auf dem Novartis-Campus
Verdichtung und Erwärmung sind zwei Herausforderungen, auf die Architekten weltweit mit begrünten Gebäuden reagieren. Das machte auch der indische Architekt Rahul Mehrotra (RMA Architects, Mumbai/Boston) beim Neubau desLaborgebäudes «Virchow 16» auf dem Novartis-Campus in Basel. Sein Konzept, bei dem er durch dieVogt Landschaftsarchitekten AG, Zürich, unterstützt wurde, sah eine Begrünung der westlichen Hauptfassade mit Kletter- und Hängepflanzen vor – ein Vorhang bestehend aus immergrünen und laubabwerfenden Pflanzen. Innen sollte sich ein mehrgeschossiger begrünter Lichthof vom dritten Obergeschoss bis zum Dach erstrecken. Fachplanung, Ausführung und Unterhalt der Fassaden- und Innenbegrünung erfolgten durch die Hydroplant AG. «Ich möchte uns über realisierte Projekte wie dieses definieren», erklärt Küderli und schiebt nach: «Das ist unser bislang grösstes und komplexestes Beispiel und sehr schön herausgekommen. Es hat uns viele positive Reaktionen eingebracht.»
Ein Jahr lang gab es fast wöchentlich eine Fachplanersitzung, an der Details wie Beckenaufbau, Zu- und Ableitungen, Bewässerung und Pflanzenwahl sowie die Schnittstellen nach aussen definiert wurden. «Wir konnten dabei sehr viel Fachwissen einbringen», berichtet Küderli, z.B. bei der Bepflanzung.Ausserdem wurde mit Pfeilern eine bauliche Lösung für Pflegeeingriffe in der Atriumbegrünung entwickelt, aus der meterlange Schlinger wie Philodendron pertuseum, Scindapsus aureus oder Tetrastigma voinierianum an filigranen Kletterleitern nach oben wachsen. Diese Pflanzen wurden bereits ein Jahr vor der Pflanzung beim Lieferanten in den Niederlanden reserviert.
Als Überraschung erwies sich gemäss Küderli, dass kein Kunstlicht verwendet werden konnte, Notüberläufe nur minimal dimensioniert waren und einige Pflanzen unerwartet und unerwünscht Früchte ansetzten (Belagsverschmutzung) und ausgetauscht werden mussten. Innen und aussen wurde je eine steuerbare Anstaubewässerung (HF-System mit Drainageplatten) realisiert. Auch wurden in der Anfangsphase noch Schläuche zur Bewässerung der Bodendecker verlegt.
«Leider hatten wir den Service nur für ein Jahr», bedauert der Geschäftsführer der Hydroplant. Das sei zu kurz. Er ziehe es vor, den Unterhalt für eine gewisse Zeit zu sichern, um die Entwicklung begleiten zu können. Jetzt sei eine Facility-Service-Firma für die Pflege zuständig und sein Unternehmen aus der Gewährleistung raus.
Entwicklungen und Verschiebungen
Von den 50 Mitarbeitenden der Hydroplant sind 30 im Service tätig. Gibt es für Innenbegrüner immer weniger zu tun? Diese Frage drängt sich auf, weil z. B. Banken aus Kosten-Nutzen-Erwägungen einen Teil ihrer Pflanzen aus den Büros verbannen und an die Mitarbeitenden verschenken? (siehe dergartenbau 12/2017: «UBS reduziert Bürobegrünung»)
Küderli beurteilt die Situation differenziert. Der Bankensektor stehe unter Druck und müsse Kosten sparen. Deshalb würden nicht mehr alle Büros per se mit Pflanzen ausgestattet, sondern eher üppig begrünte Aufenthalts- und Kundenzonen geschaffen. Bei mittelgrossen bis grösseren Firmen, so der Geschäftsführer, seien eher Pflanzengruppen gefragt, zum Beispiel für Sitzungszimmer, Empfangsräume oder die Cafeteria. «Es sind nicht unbedingt weniger Gefässe, sondern die Gefässe sind anders verteilt», erklärt Küderli. Besonders erfreulich sei die Zusammenarbeit mit KMU-Firmen, in denen sich der Chef selbst einsetze, dass es Grün im Unternehmen gibt. Wo Grün als wichtig eingeschätzt werde, sich ein persönlicher Kontakt ergebe und auch ein direktes Feedback erfolge. Die IT-Branche und Firmen, denen es gut gehe, seien bestrebt, ihren Mitarbeitenden mit schönen Büros etwas zu bieten und eine Erlebniswelt zu schaffen, berichtet Küderli. «Grün ist dabei ein Thema, aber nicht unbedingt mit bepflanzten Gefässen, sondern mit begrünten Gestellen, einem besonderen Solitär, einer Vertikalbegrünung oder mit von oben herabhängenden Pflanzen», präzisiert der Geschäftsführer. Als Beispiel für den Einsatz von Vertikalbegrünung erwähnt er die Modeboutique Grieder. In ihren Geschäften in Zürich, Basel und Genf bietet sie ihrer Kundschaft mit einer Pflanzenwand einen besonderen Eyecatcher.
«Bepflanzte Gefässe sind rückläufig, neuartige Begrünungen nehmen zu», fasst der Inhaber der Hydroplant zusammen. Wenn Gefässe gefragt seien, dann oft entsprechend einer bestimmten gestalterischen Absicht, wie beim neuen 25-hours-Hotel in Zürich West. Dort wachsen die Grünpflanzen in klassischen Tontöpfen und verbreiten einen kombinierten Hauch von Oma-Wohnzimmer und Urban-Gardening-Chic.
Gefässe kamen auch bei der Ausführung einer anderen Innenbegrünung auf dem Novartis-Campus in Basel zum Einsatz, und zwar beim Bürohochhaus Asklepios 8 von Herzog & de Meuron. Ziel der Architekten war es hier, eine stimulierende und multifunktionale Umgebung zu schaffen. Damit die Menschen miteinander ins Gespräch kommen, wurden unter anderem wohnzimmerähnliche Räume für Pause und Meetings eingerichtet – begrünt mit Gruppen von verschieden hohen Pflanzen in unterschiedlich grossen Gefässen.
Bei kleineren Innenbegrünungen setzt Hydroplant nach wie vor auf Hydrokultur. «Das ist sauber und am einfachsten in der Pflege», argumentiert Küderli. Bei Solitärpflanzen könne es auch mal Erde sein. Entscheidend sei aber, was der Kunde wünscht: «Wir setzen das ganz einfach um.» Zuweilen etwas problematisch sei die beschränkte Verfügbarkeit von Pflanzen in Hydrokultur. Auch in den Niederlanden gebe es nicht mehr so viele Produzenten und selber stelle die Hydroplant in ihrer Gärtnerei in Gossau keine Pflanzen mehr von Erde auf Hydro um.
Objektbegrünung im Aussenbereich als Chance
Hydroplant, ein Spezialist für die Begrünung von Räumen, habe schon früher hin und wieder Projekte zur äusseren Gebäudebegrünung realisiert, erläutert Küderli. Heute aber werde dieser Bereich bewusst als Erweiterung gepflegt. «Ich will Gebäude begrünen, egal ob innen oder aussen, Terrassen, Fassaden und Innenhöfe gehören ebenfalls dazu», sagt der Geschäftsinhaber.
Hydroplant AG in Zahlen
• 51 Mitarbeitende
• 4 Standorte: Hauptsitz/Showroom in Zürich Oerlikon;Gärtnerei (4000 m2) in Gossau; Service-Stützpunkt Zentralschweiz in Baar; Service-Stützpunkt Bern in Worb
• 45 Jahre am Markt
• 10 000 Büros begrünt
• 4000 Drachenbäume inszeniert
• 245 308 Tage lang Pflanzen gepflegt
• 1010 Fassaden und Wände belebt
• 5 Pflanzengefässe mitentwickelt
• 10 Auszeichnungen erhalten, darunter den Red Dot Design Award für Verticalis – das grüne Wandbild.crs
45 Jahre Hydroplant AG
45 Jahre Hydroplant AG
Von der vor 45 Jahren gegründeten, auf Hydrokultur spezialisierten Gärtnerei mit drei Mitarbeitenden und 300 m2 Gewächshausfläche in Dübendorf hat sich die Hydroplant AG über die Jahrzehnte hinweg stetig weiterentwickelt. Standen zu Beginn Innenpflanzungen und deren Pflege im Vordergrund, kam Ende der 80er-Jahre der Wiederverkauf von Hydrokulurpflanzen hinzu. Aufgrund des veränderten Marktumfeldes verlor dieser in den letzten Jahren an Bedeutung und wurde 2016 eingestellt.
Seit zehn Jahren wird das Unternehmen in zweiter Generation von Moritz Küderli geleitet. Er hat die Strategie angepasst und das Unternehmen neu als Spezialisten für die effektvolle horizontale und vertikale Objektbegrünung sowohl im Innen- wie auch im Aussenbereich positioniert.
Das 45-Jahre-Jubiläum feiert die Hydroplant mit verschiedenen Anlässen. Am ersten Jubiläumsevent vom 1. Juni 2017 referierte Prof. Dr. Volker Mersch-Sundermann über den medizinisch nachweisbaren Einfluss von Pflanzen auf die Luftqualität in Grossraumbüros. Ende August wird für geladene Gäste ein Sommerfest veranstaltet. Weitere Infos: www.hydroplant.ch.C.-R. Sigg
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