Die archaisch wirkende Stampfbetonmauer gehört zu den vielen bemerkenswerten, sehr sensibel entwickelten Details eines kleinen, mit Bambus begrünten Freiraums in der Outlet-City in Metzingen, 35 Kilometer südlich von Stuttgart. Mit fast 90 Läden gehört das Einkaufsareal zu den grössten Outletstandorten in Deutschland. Die Ladengeschäfte sind in modernen, zwei- bis dreigeschossigen Gebäuden untergebracht. Im Rahmen von Erweiterungen wurde 2009 ein Wettbewerb für die Freiraumgestaltung ausgeschrieben. Das Stuttgarter Büro Koeber Landschaftsarchitektur bekam den Zuschlag für die Ausführungsplanung eines Teilbereichs, des sogenannten Schwenkel-Areals, das hier vorgestellt wird.
Zum Entwurfskonzept gehörte unter anderem die Idee, einen atmosphärischen Kontrast zum Glitzer der Modewelt zu schaffen. Entwurfsprägende Gestaltungselemente sind der Bodenbelag aus beschichtetem Walzasphalt, die polygonalen Bodenplatten aus hellem Jura-Kalkstein, die Splittflächen und die darin eingefügten Bambuspflanzungen mit ihrer urtümlich wirkenden und doch hoch-ästhetischen grünen Masse. An zwei Stellen des etwa 750 m2 grossen Freiraums gibt es Wasserspiele, im oberen Bereich drei bodenbündig eingebaute Fontänen, im unteren Bereich eine Wasserwand mit einer Cortenstahlplatte, die zu beiden Seiten von Stampfbetonmauern begrenzt wird.
Diese keilförmig zulaufenden Mauern haben eine Länge von rund 24 beziehungsweise 13 Metern und fangen an der höchsten Stelle einen Höhenunterschied von etwa einem Meter ab, sodass der Bambushain eine ebene Fläche zwischen den Gebäuden einnehmen kann.
Der Stahlbeton verdrängt die Historische Bauweise
Die ungewöhnlichen Betonmauern mit ihren lebhaft strukturierten Oberflächen und ihrer sehr schönen Abdeckung aus krustenrauen Platten fallen sofort ins Auge. Vermutlich empfindet man diese Mauern als so ungewöhnlich, weil sie in einer Bauweise ausgeführt wurden, die heute kaum noch gebräuchlich ist: aus Stampfbeton. Stampfbeton ist ein unbewehrter Beton. Das Gemisch aus Natursteinen und Zement wird durch Stampfen verdichtet. Als eine der ältesten Betonarten war diese Einfachbauweise im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts sehr beliebt. Sie wurde vor allem beim Bau von Fundamenten und Brückenpfeilern verwendet. Seit Beginn des 20. Jahrunderts verdrängt die Stahlbetonbauweise das Material jedoch zunehmend. In jüngster Zeit schien der Stampfbeton fast vergessen.
Oberfläche entsteht durch lagenweisen Einbau
Es waren der archaische Charme dieser Bauweise und die Suche nach einer individuellen Lösung, die die Landschaftsarchitekten des Büros Koeber dazu veranlassten, die Mauer aus Stampfbeton ausführen zu lassen. Die Stampfbetonmauer hat eine Dicke von 40 cm und wurde aus insgesamt sechs unregelmässigen Lagen mit Schichthöhen zwischen 10 und 25 cm erstellt. Das typische Oberflächenbild von Stampfbetonmauern entsteht durch die Trennung der Korngrössen, die sich beim Abrütteln und Abstampfen der tageweise eingebauten Betonschichten ergibt.
Um die geeignete Rezeptur für die Mischungsverhältnisse der Zuschlagsstoffe und Körnungsgrössen zu finden, liessen die Landschaftsarchitekten vom ausführenden Betrieb vorab einige jeweils 1 m2 grosse Musterstücke erstellen. Experimentierfreude und Pioniergeist waren auch bei der Frage gefordert, wie man der Mauer die gewünschte Färbung geben konnte, sodass sie nicht im üblichen Betongrau, sondern im warmen Grau des Juramarmors erscheint. Die Lösung hierfür fand sich letztlich im Beimischen von Kalksteinmehl, das bei den Verarbeitungsprozessen im Steinbruch anfällt.
Mit grosszügig bemessenen Fundamenten und Bügelbewehrung auf der sicheren Seite
Gegen das anstehende Pflanzsubstrat ist die Rückseite der Mauer mit einer Dichtungsschlämme isoliert und mit einer Dränagematte geschützt. Da man mit einer Betonstampfmauer auch «statisches Neuland» betrat, wurden die frostfrei gegründeten Fundamente mit 120 x 75 cm recht üppig bemessen. Ferner wurde die Mauer mit einer Bügelbewehrung aus Edelstahl armiert, da der Statiker Sorge hatte, dass bei dem porösen Betongefüge eine normale Baustahlarmierung über kurz oder lang durchrosten würde. Krustenplatten geben der Mauer schliesslich eine solide und interessante Krone.
Schwenkel-Areal, Metzingen
Bauherr: Holy AG, Metzingen
Planer: Koeber Landschaftsarchitektur Stuttgart
Ausführung: GaLaBau: Seidenspinner Garten- und Landschaftsbau, Stuttgart
Bauzeit: 8 Monate, 2010
Baukosten: 500 000 Euro
Verbaute Materialien: Asphaltbeschichtung, Possehl Spezialbau; Juramarmor, Glöckel Natursteinwerk; Basalt, Schmitz Naturstein in Mendig; Wasserwand, Thomas Rösler in Bermatingen
Verwendete Pflanzen: Phyllostachys nigra ‘Henonis‘ und ‘Boryana’, Phyllostachys ‘Parvifolia’, Salix alba ‘Tristis’, Acer palmatum ‘Dissectum’
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