Artikel

Anders als landlebende Insekten haben ans Süsswasser gebundene Insekten zugenommen. Das Foto zeigt sich paarende Gemeine Wasserläufer. Bild: Oliver Thier

  • Umwelt

Studie zum Insektenrückgang ergab grosse regionale Unterschiede

Eine weltweite Zusammenstellung von Langzeitstudien zur Insektenhäufigkeit zeigt, dass die Zahl der landbewohnenden Insekten rückläufig ist. Im Durchschnitt gibt es einen globalen Rückgang von 0,92% pro Jahr, was in 30 Jahren etwa 24% entspricht. Dies sind die Ergebnisse der bisher grössten Studie über Veränderungen bei Insekten, die 1676 Standorte auf der ganzen Welt umfasst und jetzt in der Zeitschrift Science veröffentlicht wurde. Es ist die erste Studie, die die verfügbaren Daten über die Entwicklung der Insektenzahl kombiniert.

In den letzten Jahren wurde eine Reihe von Studien veröffentlicht, die zeigen, dass die Zahl der Insekten im Laufe der Zeit dramatisch zurückgeht. Die prominenteste, aus Naturschutzgebieten in Westdeutschland, deutete auf einen bemerkenswerten Rückgang der Biomasse von Fluginsekten hin (>75% Rückgang über 27 Jahre). Diese wurde 2017 veröffentlicht und löste einen Mediensturm aus, der auf eine weit verbreitete «Insekten-Apokalypse» hindeutete. Seitdem gab es mehrere Folgeveröffentlichungen aus verschiedenen Orten der Welt, wobei die meisten einen starken Rückgang, andere weniger stark und einige sogar einen Anstieg zeigten. Doch bisher hat noch niemand die verfügbaren Daten über die Entwicklung des Insektenaufkommens auf der ganzen Welt kombiniert, um zu untersuchen, wie weit verbreitet und wie stark der Rückgang der Insektenzahlen ist. Die Forschung wurde vom Deutschen Zentrum für Biodiversitätsforschung (iDiv), der Universität Leipzig und der Martin-Luther-Universität durchgeführt. Die Forscher sammelten zwischen 1925 und 2018 Daten aus 166 Studien an 1676 Standorten. Die Studie zeigt grosse regionale Unterschiede. An einigen Orten nimmt die Zahl der Insekten sogar zu. Der grösste Rückgang der Insektenpopulationen ist in Nordamerika und Europa zu verzeichnen. In Europa sind die Trends negativer geworden, insbesondere nach 2005.

Erstautor Dr. Roel van Klink, ein Wissenschaftler am iDiv und UL, sagte «0,92% klingt vielleicht nicht nach viel, aber in Wirklichkeit bedeutet es 24% weniger Insekten in 30 Jahren und 50% weniger in 75 Jahren. Der Rückgang von Insekten geschieht auf eine ruhige Art und Weise, und wir nehmen von einem Jahr zum nächsten keine Notiz davon».

Weniger Insekten in der Luft

Bei der Berichterstattung über den «Insektenrückgang» haben die Massenmedien oft auf das «Windschutzscheiben-Phänomen» verwiesen: die Wahrnehmung der Menschen, dass heute weniger Insekten auf die Windschutzscheiben ihrer Autos gespritzt werden als noch vor einigen Jahrzehnten. Die neue Studie bestätigt diese Beobachtung, zumindest im Durchschnitt. Der letzte Autor Jonathan Chase, Professor am iDiv und an der MLU, sagte «Viele Insekten können fliegen, und es sind diejenigen, die von den Windschutzscheiben der Autos zerquetscht werden. Unsere Analyse zeigt, dass fliegende Insekten im Durchschnitt tatsächlich abgenommen haben. Die meisten Insekten sind jedoch weniger auffällig und leben ausserhalb der Sichtweite – im Boden, in Baumkronen oder im Wasser».

Für die neue Studie analysierten die Forscher auch Daten aus vielen dieser verborgenen Lebensräume. Dabei zeigte sich, dass heute im Durchschnitt weniger Insekten im Gras und am Boden leben als früher – ähnlich wie die Fluginsekten. Im Gegensatz dazu ist die Zahl der in Baumkronen lebenden Insekten im Durchschnitt weitgehend unverändert geblieben.

Die Studie von vor drei Jahren betraf nur fliegende Insekten. Es wurde viel über das «Windschutzscheiben-Phänomen» gesprochen, die Tatsache, dass die Windschutzscheibe Ihres Autos heute im Sommer viel sauberer bleibt, als sie es früher war. Viele Insekten fliegen jedoch nicht, sondern bleiben im Boden, im Gras oder in Bäumen. Der Studie zufolge geht sowohl die Zahl der Fluginsekten als auch die der im Boden oder auf Grasland lebenden Insekten zurück. Die Insektenmengen in Bäumen bleiben im Allgemeinen gleich.

Zunahme von Wasserinsekten

Die Zahl der Insekten, die (einen Teil) ihres Lebens unter Wasser verbringen, nimmt zu. Sie zeigen einen zahlenmäßigen Anstieg von 1,08% pro Jahr oder eine Zunahme von 38% in 30 Jahren. Dieser positive Trend war besonders stark in Nordeuropa, im Westen der USA und in Russland. Die Forscher führen dies auf die verbesserte Wasserqualität zurück. Sie stützen sich auch auf die Hoffnung, dass eine Umkehrung des Rückgangs der Insektenpopulationen möglich ist.

 

 

Kommentare und Antworten

×

Name ist erforderlich!

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Gib eine gültige E-Mail Adresse ein

Kommentar ist erforderlich!

Google Captcha ist erforderlich!

  • Maschinen und Geräte
  • Umwelt

Um Igel vor schweren Verletzungen zu schützen, dürfen Mähroboter in Köln nicht mehr in der Dämmerung und in der Nacht betrieben werden. Einige…

Weiterlesen

  • Forschung
  • Umwelt
  • Biodiversität

Eine neue Studie belegt, dass europäische Waldpflanzen aufgrund von hohen Stickstoffeinträgen im Boden und nicht, wie bisher angenommen, wegen des…

Weiterlesen

  • Branche
  • Nutzfahrzeuge
  • Umwelt

Der Deutsche Maschinenhersteller Wiedenmann bietet erstmals seine Schneeräumschilde mit biologisch abbaubarem Hydrauliköl an.

Weiterlesen

  • Pflanzenverwendung
  • Web-Tipp
  • Umwelt

JardinSuisse hat die Website neophyten-schweiz.ch anlässlich der überarbeiteten Freisetzungsverordnung zum 1. September aktualisiert und neu…

Weiterlesen

  • Stadtgrün
  • Umwelt

Zur Förderung der Kreislaufwirtschaft wird in Basel aus organischen Abfällen aus dem Stadtgrün ein Pflanzenkohle-Kompost hergestellt. Dieses…

Weiterlesen

  • Branche
  • Umwelt

Wie geplant, startete im August die Produktion der Mehrweg-Trays Euro Plant Tray (EPT). Das Produkt ist mit über einer Million Bestellungen bereits…

Weiterlesen

  • Forschung
  • Umwelt

Mithilfe eines Algorithmus können Beobachtungsdaten, die in der App «Flora Incognita» erfasst sind, analysiert und ökologische Muster abgeleitet…

Weiterlesen

  • Diverses
  • Forschung
  • Umwelt
  • Biodiversität

Ein neues Berechnungstool der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL zeigt, wo Pflanzenarten heute und in Zukunft vorkommen. Es stützt sich u. a. auf…

Weiterlesen

  • Stadtgrün
  • Landschaftsarchitektur
  • Publikationen
  • Umwelt

Die Auswirkungen des Klimawandels in der Schweiz verstärken sich, wie die jüngsten Hitzewellen und verheerenden Hochwasser deutlich zeigen.…

Weiterlesen

  • Branche
  • Umwelt
  • Pflanzenschutz

In Kloten wurde Mitte Juli 2023 eine kleine Population des Japankäfers entdeckt – die erste nördlich der Alpen. Der gebietsfremde Käfer kann grosse…

Weiterlesen

  • Produktion
  • Forschung
  • Umwelt

In einer aktuellen Studie konnte ein Forschungsteam der Universität Zürich (UZH) nachweisen, dass Pflanzen von vielfältigen Interaktionen mit…

Weiterlesen

  • Umwelt
  • Biodiversität

Die Stadt Winterthur hat ihr kommunales Inventar der Natur- und Landschaftsschutzobjekte aktualisiert und um 16 neue Objekte erweitert. Seit 1980…

Weiterlesen

  • Produktion
  • Umwelt

Welche Mehrleistungen erbringt der biologische Landbau im Vergleich zur konventionellen Produktion für die Umwelt? Antworten auf diese komplexe…

Weiterlesen

  • Diverses
  • App-Tipp
  • Umwelt

Am Weltbienentag vom 20. Mai war die Situation der Schweizer Bienen schlechter denn je: Lebensraumverlust, intensive Landwirtschaft sowie belastende…

Weiterlesen

  • Diverses
  • Umwelt

Der Klimawandel verschärft die Heuschnupfen-Situation in der Schweiz: Die Heuschnupfensaison verlängert sich, die Pollenkonzentration nimmt zu und…

Weiterlesen

  • Diverses
  • Umwelt
  • Organisationen

Anfang November 2023 hat die Jury von Guinness World Records bekannt gegeben, dass die Schweizer Firma Global Tree Project AG das grösste jemals aus…

Weiterlesen

  • Umwelt
  • Biodiversität
  • Organisationen

Pro Natura und der Schweizer Heimatschutz haben das Motiv für die diesjährige Schoggitaler-Aktion bekannt gegeben. Sie ist dem Erhalt der Baukultur…

Weiterlesen

  • Stadtgrün
  • Umwelt
  • Biodiversität

Der Stadtrat von Luzern plant eine Aufstockung der Dienstabteilung Umweltschutz um 180 Stellenprozent, wobei die bisher befristete Vollzeitstelle für…

Weiterlesen

  • Diverses
  • Forschung
  • Umwelt
  • Biodiversität

Die Gletscherschmelze hat weitreichende Auswirkungen auf die Lebensräume zahlreicher Lebewesen, die in Bächen leben, die von Gletscherwasser gespeist…

Weiterlesen

  • Umwelt
  • Biodiversität

Die Rheinböschung auf der Kleinbasler Seite, in der Nähe des Kraftwerks Birsfelden, wird im Rahmen einer Ersatzmassnahme als artenreicher Lebensraum…

Weiterlesen

Aktuelle Ausgabe

21/2024


Vertikalbegrünung: Bodenloses Grün im urbanen Raum

Retentionsgründach: Rund ums Dach – der Schwamm

Kantonsspital St. Gallen: Der Dachgarten – Lebensraum für viele

Materialumschlag aufs Dach: Per Luftstrom, Kran und Helikopter

 

Zur Ausgabe E-Magazine

Newsletter Registration

Frau  Herr 

Agenda

«Stadtgrün»
Stadtgärtnerei – Zentrum für Pflanzen und Bildung Sackzelg 27, 8047 Zürich

Die Ausstellung «Stadtgrün» zeigt konkrete Projekte aus dem gleichnamigen Förderprogramm. Zudem gibt es Arbeiten von Studierenden der ZHAW, ETH und OST zu sehen.
Öffungszeiten: täglich 9 bis 17.30 Uhr.

23.11.2024 00:54  –  19.01.2025 00:00
Naturgartentag 24: Symbiosen im Natur- und Biogarten
ZHAW, Campus Grüental, Grüentalstrasse 14, 8820 Wädenswil

Pilze, Flechten und Orchideen stehen im Fokus am diesjährigen Bioterra-Naturgartentag. Podiumsdiskussin mit Axel Fischer (VSSG), Daniel Labhart (Biogärtner), Stefan Nänni (Grünwerk), Nathalie Baumann (ZHAW) zum Thema «Biodiversität – wie weiter?». Kosten: Fr. 220.–, Mitglieder Bioterra: Fr. 190.–, Studierende: Fr. 100.–.
Weitere Informationen und Anmeldung.

29.11.2024 08:30  –  17:00
Lehrgang Vegetationstechnik in der Klima- und Schwammstadt
ZHAW Life Sciences und Facility Management, Campus Grüental, 8820 Wädenswil

Im Fokus stehen gesamtheitliche Konzepte, für resiliente, hitzemindernde und wassersensible Freiraumgestaltung. Der Lehrgang zur Fachperson Vegetationstechnik in der Klima- und Schwammstadt (6 ECTS) dauert 12 Monate (inkl. Projektarbeit). Die 24 Präsenztage fallen voraussichtlich auf den Donnerstag. Der Unterricht findet von 9 bis16 Uhr statt (6 Lektionen à 45 Minuten). Kosten: Fr. 5900.–.
Weitere Infos und Anmeldung

09.01.2025  –  09.12.2024

Submissionen

2540 Grenchen SO
Anforderungsfrist: 06.12.2024
Spielplatzunterhalt
Anforderungsfrist: 09.12.2024