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Blick von Osten nach Westen

Blick von Osten nach Westen über den Bastionsgarten mit Brunnenschale zur Aussichtsterrasse und Willibaldsburg.

Kräuterbuch des Hieronymus

Kräuterbuch des Hieronymus Bock, 1551.

Übersichtsplan des Bastionsgarten

Übersichtsplan des Bastionsgartens. Die Beete sind nach den Jahreszeiten angeordnet: Frühjahr (F), Sommer (S), Herbst (H), Winter (W) sowie Gemischt (G).

Darstellung Helianthus annunus

Darstellung Helianthus annunus L.

  • Garten- und Landschaftsbau

400 Jahre Hortus Eystettensis – 15 Jahre Bastionsgarten

Vor genau 400 Jahren, im Jahr 1613, erschien das Kupferstichwerk «Hortus Eystettensis» mit seinen grossformatigen Pflanzenporträts – ein Anlass für die Sonderausstellung «Von Sonnenblum, Honigbaum und Liebesapfel – 400 Jahre Hortus Eystettensis» auf der Willibaldsburg in Eichstätt.

In diesem Jahr wird der auf dem Pflanzenbuch des Hortus Eystettensis basierende Bastionsgarten 15 Jahre alt – ein sehenswertes «lebendes Pflanzenbuch» und beliebtes Ausflugsziel.Die Abbildung einer Sonnenblume an einer Orientierungssäule weist den Weg zum Bastionsgarten. Vor dem Besuch des Gartens empfiehlt sich ein kurzer Abstecher zur Aussichtsterrasse. Von hier aus überblickt man die «aufgeschlagenen Buchseiten» des Hortus Eystettensis.

Auf der Willibaldsburg in Eichstätt veranlasste der Firstbischof Johann Conrad von Gemmingen (1561–1612) verschiedene Baumassnahmen. Ein Teil der Burg, der «Gemmingen-Bau», ist bis heute erhalten geblieben. Der Firstbischof liess auch den Hortus Eystettensis anlegen, wobei ihm die italienischen Renaissancegärten mit ihren prächtigen Pflanzen und Wasserspielen die Anregung boten. In diese Zeit fielen die Entdeckungsreisen und der Aufschwung der Wissenschaften. Viele Ärzte, Apotheker und Botaniker teilten per Brief ihr Wissen über Pflanzen, Vermehrung und Bestimmung. Interessiert waren ebenso Fürsten und Kaufleute, die botanische Raritäten tauschten und kauften.

Den Auftrag zur Anlage eines Eichstätter Botanischen Gartens erteilte der Firstbischof dem Arzt und Botaniker Joachim Camerarius (1534–1598). Nach dem Tod von Camerarius betreute der Apotheker und Botaniker Basilius Besler ­(1561–1629) die Gartenanlage.

Garten und Wasserversorgung

Der Bastionsgarten entstand 1998 auf der Schmiedebastion, da sich die genaue Lage und Form des ehemaligen Gartens nicht mehr feststellen liessen und man nicht auf weitere Unterlagen zurückgreifen konnte. Die Neuanlage orientiert sich am Faksimileband des Kupferstichwerks «Hortus Eystettensis». Die mit alten Klinkerplatten eingefassten Beete sind nach Jahreszeiten gegliedert. Im Nordwesten wachsen auf dem ersten Beet die Pflanzen des Frühlings, entsprechend der ersten Seite des Prachtbandes. Im Garten sind nur Pflanzen aus Beslers Herbarium zu finden. Fichten und Thuja bilden als typische Pflanzenarten des Renaissancegartens das Gerüst des Bastionsgartens. Der Bastionsgarten mit seiner Fläche von 2000 m2 bietet Pflanzenliebhabern von Ostern bis Oktober immer wieder wechselnde Blühaspekte.

Auf den Pflanzenschildern im Garten sind Zahlen, römische Ziffern, der lateinische Name und die deutsche Bezeichnung nach Besler in damals gebräuchlicher Rechtschreibung angegeben. Die Zahlen entsprechen den Tafeln mit Pflanzendarstellungen aus der ersten Auflage des Pracht­bandes. Mit römischen Ziffern wird die jeweilige Pflanze auf der Tafel bezeichnet, da teilweise mehrere Pflanzen auf einer Buchseite zu sehen sind. ­Anhand dieser Beschilderung ist es möglich, die damaligen aufwendigen Pflanzenporträts mit den Pflanzen im Garten zu vergleichen und dieser wiederzufinden.

Der Buchrücken des gedachten aufgeklappten Buches entspricht der kurzen Mittelachse, die in Süd-Nord-Richtung durch den Garten verläuft. Betont wird die Achse durch einem Brunnen aus dem 17. Jahrhundert. Es ist wahrscheinlich, dass dieser und noch ein weiterer Brunnen im früheren Garten des Hortus Eystettensis standen. Über Pumpen gelangte das Wasser aus der Altmühl zu den Brunnen und den Pflanzen. Heutzutage wird zum Gies­sen des Bastionsgartens Regenwasser genutzt, das von den Dachflächen der angrenzenden «Grossen Stallung» in ein Rückhaltebecken im Boden fliesst.

Auf einem der Pflanzenschilder im Garten ist zu lesen: 279-I, Cynara cardunculus, Strobildorn / Artischoch. Im Pflanzenregister von Besler lassen sich die Angaben nachschlagen. So erfährt man, dass die Gemüse-Artischocke zu den Blühpflanzen des Sommers zählt. Die Artischocke mit ihren schlanken Blättern, bewehrt mit Stacheln, wird bis zu einem Meter hoch und ist ausdauernd.

Eine im Herbst blühende Pflanze ist der Indianische Feigenbaum, Opuntia ficus indica, 359-I. Bei Basilius Besler hiess Opuntia ficus indica, der Feigenkaktus, «Stachlichter Indianischer Feigenbaum». Der Name bezog sich auf Westindien, die Karibik. Die Eichstätter Pflanze muss für frühere Betrachter ein Exot gewesen sein, «gliedrige … Kaktusohren mit spitzen Stacheln und leuchtend gelben Blüten».

Faksimileband: Der Garten von Eichstätt – Hortus Eystettensis

Empfohlen wird dieses umfangreiche Werk für Freunde der Buchkunst und botanisch Interessierte Fachleute. Beim Nachdruck wurde u. a. besonderer Wert auf Papierwahl, Reliefdruck und den handgemachten Einband gelegt. So zeugt das Werk von der damaligen sorgfältigen Pflanzendarstellung in Kupferstichtechnik.
Herausgeber: Basilius Besler, Erscheinungsjahr: 2008 (1. Auflage), Verlag: Schnell & Steiner, Preis: sFr 201.–, Masse: 25,5 x 38 cm, Sprachen: Deutsch, Englisch, Italienisch, Hardcover, 286 Seiten mit 367 grossformatigen Farbtafeln.

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