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Die Technikerklasse HF 2020/22 mit Fachlehrer Simon Lüscher (links) und Ausbildungsleiter Michael Flühmann (rechts) vor dem Castel del Monte.

Olivenplantage Masseria Tutosa.

Über 2 Millionen Stauden umfasst der Bestand der Baumschule Vivai Cantatore.

60 m tiefe Höhle im Kalkstein.

Trulli von Alberobello.

Anschauungsbeispiel für Pflanzenverwendung im Mittelmeerklima in den Aragon-Gärten in Bari.

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  • Aus- und Weiterbildung

Auf Studienreise in Apulien

Im zweiten Semester gehen die Techniker HF der Gartenbauschule Oeschberg jeweils auf Studienreise. Auch in diesem besonderen Jahr wurde diese Tradition fortgeführt und Süditalien, genauer Apulien, als Reiseziel bestimmt. Von Bari aus besuchten die zwölf Studierenden zwei Baumschulen, ein Olivengut und einen Steinbruch. Frei von den üblichen Touristenströmen konnten Sehenswürdigkeiten wie die Grotte di Castellana und die Trulli von Alberobello besichtigt werden. Hier lassen die Studierenden ihre Eindrücke aufleben. 

Wie eine Fata Morgana wirken die saftig grünen Anlagen der Baumschule Vivai Cantatore in der kargen Landschaft Apuliens. Die in erster Generation vom Gründer Vincenzo Cantatore geführte Baumschule erstreckt sich über 6 ha und wird von zehn fest angestellten Mitarbeitern bewirtschaftet. Zusammen mit seinen Kindern Ida und Michele entwickelt Cantatore den Betrieb stetig weiter.

Getopft wird von Hand an der Topfmaschine. Der Bestand umfasst über 2 Millionen Stauden. Hinzu kommen Gross­gehölze in Töpfen. Das Unkraut wird manuell reguliert. Das Wässern ist komplett automatisiert. Bewässert wird morgens um 4 Uhr. Da in Apulien längere Trockenperioden normal sind, ist die Wasserversorgung essenziell. Sie wird durch Regen­wasserspeicher und eine Grundwasser­pumpe gewährleistet. Der Grundwasserspiegel liegt in einer Tiefe von 270 m. Entsprechend gross ist der Aufwand für die Erschliessung. Eine Bohrung kostet inklusive Bewilligung rund 41 000 Euro. Im Umkreis von 10 km sind maximal zwei Grundwasserpumpen zugelassen. Weil das Grundwasser sehr kalkhaltig ist, muss es zum Schutz der Leitungen chemisch aufbereitet werden. 

Die Sommer in Apulien sind durch die Klimaerwärmung in den letzten zehn Jahren 3 bis 4 °C wärmer geworden. Deshalb musste das Substrat zugunsten einer höheren Wasserspeicherung angepasst werden. Bestand das Substrat früher aus 70 % Naturerde und 30 % Torf, sind es nun 5 % Naturerde, dafür 80 % Torf und 15 % Lavasteine/Ton. Der Betrieb ist sich der Problematik, die mit dem Torfeinsatz verbunden ist, sehr wohl bewusst. Der Torfanteil wird deshalb schrittweise durch Holzfasern ersetzt. 

Michele Cantatore schilderte beim Betriebsrundgang, wie die Preise bei Palmen eingebrochen sind. War eine stattliche Palme vor zwei Jahren 3000 Euro wert, sind es nun noch 900 Euro. Ursache ist der Rüsselkäfer, der sich nur schwer bekämpfen lässt und grosse Schäden bei ausländischen Palmen anrichtet. Ein Lichtblick sind einheimische Palmen, die vom Rüsselkäfer verschont bleiben.

Bis vor zwei Jahren produzierte die Baumschule fast ausschliesslich für den lokalen Markt. Heute hat sie internationale Abnehmer, überwiegend aus dem Mittelmeerraum. Nach Osteuropa liefert der Betrieb Zimmer- oder Kübelpflanzen. Die Baumschule ist für ihre imposanten Johannisbrot- und Olivenbäume bekannt, die bis zu 500 Jahre alt sind. Solche Exemplare werden zu Preisen von 7000 bis 9000  Euro gehandelt. Der Verkauf startet Mitte Februar mit der Fachmesse Myplant & Garden in Mailand und dauert bis Mitte Juli. Dieses Jahr fiel die Messe aufgrund der Corona-Pandemie aus. Mit dem Verkauf über das Internet ist die Nachfrage trotzdem konstant geblieben.

Olivengut Masseria Tutosa

Die Studienreise führte uns weiter zum Olivengut Masseria Tutosa in Brindisi. Das Olivengut aus dem 17. Jahrhundert war früher im Besitz der reichen Familie Zevallos. Das Gut besitzt eine Kirche, eine Wohnanlage sowie eine unterirdische Ölmühle mit antiken Felsbehausungen. Dazumal wurde in der Ölmühle Lampenöl hergestellt und in die ganze Welt verschifft. Die Oliven wurden von Hand eingesammelt und durch ein grosses Loch  in der Decke der Höhle in einen Aufbewahrungsraum geworfen. In der Nähe dieses Raumes befand sich das Mahlwerk. Frisch gemahlen kam die Masse in die Olivenpresse. Dazumal gab es keine Vorrichtungen, die so stabil waren, um dem Druck der Olivenpresse standzuhalten. So bot sich eine massive Steinhöhle an. Die Arbeiter lebten während der Ölpressung mit der ganzen Familie samt Hoftieren in der Höhle auf engstem Raum.

Die Oliven werden in der heutigen Zeit durch eine spezialisierte Firma weiterverarbeitet. Auch ist die Olivenproduktion nicht mehr die Haupteinnahmequelle. Heute besitzt das Gut rund 5000 Olivenbäume, die alle fünf Jahre durch die Eigentümer geschnitten werden. Dabei werden die nicht produktiven Äste herausgenommen. Im Optimalfall sollten die Olivenbäume jährlich geschnitten werden, was aus Kostengründen nicht möglich ist. Die Oliven werden geerntet, sobald die ersten Früchte reif sind. Nicht alle Oliven sind zu diesem Zeitpunkt völlig ausgereift. Das zeigt sich an der grünen bis schwarzen Farbe der Früchte. Die unterschiedlichen Farben haben also nichts mit einer Sorte zu tun.

Das Rütteln der Olivenbäume für die Ernte wird von Hand oder maschinell ausgeführt. Am Boden werden vorgängig Tücher oder Netze ausgelegt, um die Ernte bequem einzusammeln. Nach dem Ernten sollten die Oliven direkt zu Öl verarbeitet werden. Sobald der Gärungsprozess eintritt, kann kein Speiseöl mehr gewonnen werden. In der Regel liefert ein Olivenbaum rund 50 kg Oliven.  

Ein grosses Problem ist die bakterielle Krankheit Xylella, die sich in ganz Süditalien rasch verbreitet. Sie wird durch die Zwergzikade übertragen. Jüngere Olivenbäume sind häufiger von der Krankheit betroffen. Da das Olivengut keine Spritzmittel verwendet, kann es nur darauf hoffen, dass die alten Olivenbäume weiterhin genügend robust sind. Nach dem Olivengut besichtigten wir die von der alten Befestigungsanlage umgebene Hotelanlage –  die Haupteinnahmequelle der Masseria Tutosa.   

Baumschule und Botanischer Garten der Firma Vivai Capitanio 

Francesco Intini bereist alle Jahre die Welt, um Ausschau nach neuen und innovativen Pflanzen zu halten. Er ist verantwortlich für den Botanischen Garten der Baumschule Vivai Capitanio in Monopoli.Monopoli liegt südlich von Bari, direkt am Meer. Die Baumschule wird von den beiden Brüdern Capitanio geführt und besteht seit 32 Jahren. Das Unternehmen ist an drei Standorten vertreten und gehört mit seinen 100 Angestellten zu den grössten in dieser Region. Die Vielfalt der kultivierten Pflanzen ist mit 600 verschiedenen Arten und Sorten enorm. Das Firmengelände umfasst 50 ha. Hier werden zurzeit über 4 Millionen Pflanzen kultiviert. Bis sie verkaufsfertig sind, werden sie zwei bis vier Mal umgetopft. In der Hauptsaison werden täglich 35 000 Pflanzen abgesetzt, wobei 25 % der Pflanzen nach Europa und Asien gelangen.

Ein grosser Teil des Areals ist nicht geeignet für die Pflanzenproduktion, da es uneben ist. Deshalb wurde vor über 30 Jahren ein botanischer Garten angelegt. Er ist Hobby und Stolz der Familie. Der Botanische Garten umfasst über 2000 verschiedene Pflanzen. Sie dienen auch als Mutterpflanzen, um Stecklinge zu gewinnen. Neben den mächtigen, bis zu 1500 Jahre alten Olivenbäumen sind alte, zur Ölproduktion genutzte Höhlen im ­Botanischen Garten erhalten geblieben.  

Grotte di Castellana

Unser Chauffeur brachte uns anschlies­send in das 20 km von Bari entfernte Multi­servizi. An diesem Morgen war es drückend heiss, weshalb wir uns auf die Führung in den Grotten bei 18 °C freuten. Eine Treppe führte rund 60 m in die Tiefe. Normalerweise werden die Grotten täglich von 1000 Menschen besucht. Aufgrund der Corona-Pandemie wurden jedoch weniger Führungen angeboten.

In der Haupthöhle, wo unsere Führung begann, liesse sich der Mailänder Dom ohne Probleme versenken. Hier befindet sich die Statue von Franco Anelli, dem Entdecker dieser Höhlen. Er beging die Grotten erstmals im Jahr 1938 mit seinem Begleiter Vito Matarrese. Die Einheimischen wussten seit eh und je von dieser Grotte. Sie glaubten jedoch, dass die Grotten der Eingang zur Hölle seien. Die Höhlen wurden über Jahrtausende ausgewaschen. Ein Grossteil der Grotten besteht aus Calciumkarbonatkristallen und die orangefarbigen Steine sind aus Eisenoxid. Ein Tropfstein (Zapfen) benötigt 150 Jahre, um 1 cm zu wachsen.

Der Rundweg führt über Brücken und durch mehrere Höhlen. Stalaktiten, Stalagmiten, Vorhänge, Säulen und kostbare Kristalle liessen sich auf dem 1,5 km langen Weg in das Höhlensystem bestaunen. In der hinteren Grotte hörten wir zunächst nur das Tropfen des Wassers. Erst als das Licht anging, sahen wir einen mit weissen Alabastern (wasserhaltiges Calciumsulfat) gefüllten Raum. Diese Höhle wird «Weisse Grotte» genannt. 

Steinbruch Cava Calella

Der Steinbruch Cava Calella befindet sich in Locorotondo. Cava bedeutet Steinbruch. Calella ist der Nachname des Besitzers. Giovanna D’Urso, die im Betrieb für die Administration zuständig ist, führte uns auf einer zweistündigen Tour durch den Familienbetrieb. Der Steinbruch, in dem tagtäglich tonnenweise Kalk gewonnen wird, ist seit 2007 im Besitz der Familie Calella. Unter anderem werden Bodenplatten, Blumentröge, Mauersteine, Lampeneinfassungen und Wandverzierungen hergestellt. Was den Steinbruch von anderen unterscheidet, ist die Kompetenz sowohl im Bereich Abbau als auch in der Verarbeitung. Diese Kombination ist in dieser Region eher selten anzutreffen: Entweder hat sich ein Unternehmen auf den Abbau oder spezifisch auf die Verarbeitung des Rohstoffes spezialisiert. Weitere Standbeine des Unternehmens sind Baggerarbeiten und Tiefenbohrungen für Wasserbrunnen sowie die Gartenplanung. Der Steinbruch ist durch den abrupten Rückgang im Baugewerbe von der Corona-Pandemie stark betroffen.   

Eine weitere Einnahmequelle für den Betrieb ist das Recyceln von Naturstein-Abfallprodukten. Der Steinbruch verfügt über einen internen Recyclingbrecher: Naturstein-Abfallprodukte (Bauschutt) werden im Steinbruch deponiert und anschliessend recycelt. Weiter werden externe Rohstoffe (Natursteine) verarbeitet. Der im Steinbruch der Familie Calella gewonnene Kalkstein wird «Pietra local» genannt, was lokaler Stein bedeutet. Für den Rohstoffabbau muss eine Bewilligung eingeholt werden. Die Region Locorotondo erteilt die Bewilligung für zehn Jahre. Zusätzlich sind die abgebauten und verarbeiteten Tonnen jährlich zu deklarieren. Ist das abbaubare Material ausgeschöpft, muss die Grube rekultiviert werden. 

Der Kunde wählt zwischen maschinell und von Hand bearbeiteten Produkten. Ein älterer Mann war gerade dabei, Natursteine nach einer Kartonvorlage von Hand zu bearbeiten. Er erzählte uns, dass er bei der Sanierung der Trulli von Alberobello mitwirkt.  

Trulli von Alberobello

In der von Olivenbäumen geprägten Landschaft treten die atemberaubenden Bauten wie aus dem Nichts in Erscheinung. Sie stammen aus dem 17. Jahrhundert. Graf Giangirolamo II. erteilte seinen Untertanen den Auftrag, Lagerräume, Wohnhäuser und Ställe zu errichten, die ohne Mörtel auskommen. So musste er keine Steuern abgeben. Im Falle einer Inspektion konnte man die Häuser schnell niederreissen und rasch wieder aufbauen. Die Kunst dieser Bauten ist das Dach. Es ist sehr stabil und ohne Mörtel widerstandsfähig. Die Stabilität wurde erreicht, indem die Steine mit einem minimalen Überhang gegen das Zentrum hin aufgeschichtet wurden, sodass der grösste Teil des Gewichtes eines Steines immer auf den unteren Stein drückt. Über diese Tragkonstruktion wurden kleinere, scheibenförmige Steine aufgeschichtet, was die sichtbare Schicht bildet.

Castel del Monte

Auf der Fahrt zum Castel del Monte, das in der Umgebung von Bari liegt, erzählte  unsere Reiseleiterin Brigitte schon viel von Friedrich II. Dieser Kaiser regierte in einer Zeit, in der die Kirche wissenschaftlichen Fortschritt vehement bekämpfte. Er war jedoch sehr fortschrittlich und seiner Zeit voraus. Dies hatte auch Auswirkungen auf den Bau, den wir besichtigten. Das 26 m hohe Schloss wurde zwischen 1240 und 1250 erbaut. Schon beim Erklimmen der Anhöhe, auf dem das Castel del Monte steht, waren wir vom Bauwerk beeindruckt. Besonders prunkvoll gestaltet ist das Portal der achteckigen Burg. Dieses wurde mit Korallschotter gebaut. Das Gestein sieht ähnlich aus wie Nagelfluh, wirkt jedoch aufgrund seiner leuchtenden Farben sehr imposant. Unscheinbar in das Portal eingebaut war ein Falltor. Die Mauern wurden aus dem in der Umgebung gewonnenen weissen Kalkstein gebaut. Die Torbögen sind mit Korallschotter verziert. Die Säulen in den Innenräumen bestehen aus grauem Marmor. Der Bau des Schlosses war für die damalige Zeit eine Pionierleistung. Das Regenwasser wurde auf den Türmen gesammelt und in die Zisterne im Innenhof, die 300 m3 fasst, geleitet. Das fliessende Wasser konnte gestaut und in den Räumen genutzt werden. Zudem wurden die Zimmer beheizt. Sie hatten nach aussen schmale Lüftungsschlitze, mithilfe derer die Räume durchlüftet werden konnten. 

Nachdem der Kaiser 1250 verstorben war, diente die Burg seinen Nachkommen als Gefängnis. Als die Pest wütete, wurde das Castel del Monte als Quarantäneort ge-nutzt. In den darauffolgenden Jahrhunderten diente es als Ressourcenlager. 1876 wurde das Bauwerk von der italienischen Regierung für 25 000 Lira gekauft und umfassend restauriert. 

Aragon-Gärten

Zum Abschluss unserer Studienreise besuchten wir die Aragon-Gärten von Bari. Wir wurden von einem Stadtgärtner durch die Anlage geführt, die sich rund um das Schloss Isabellas von Apulien erstreckt. Die öffentliche Anlage, die sehr starker Nutzung und hoher Hitze ausgesetzt ist, ist sehr einfach gestaltet. Während der Führung erhielten wir spannende Einblicke in die Pflanzenverwendung im Mittelmeerklima im öffentlichen Raum. So wurde uns z.B. die Steineiche (Quercus ilex) vorgestellt. Sie zeichnet sich durch extreme Trockenheitsverträglichkeit aus und ist dennoch ein guter Schattenspender. Mit diesen interessanten Eindrücken machten wir uns nach einer spannenden Woche auf den Heimweg. |

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