Auf dem Weg von der Baumschule bis zum endgültigen Standort werden die Pflanzen oft mehrmals auf- und abgeladen. Eine ausreichende Festigkeit ist hier nur durch eine Drahtballierung gegeben. Durch diese Ballenstabilität reissen die Feinwurzeln nicht ab und können durch den direkten, dauerhaften Bodenschluss den durch die Rodung verursachten Pflanzschock abmildern. Bei dicht durchwurzelten Ballen ist ein Entfernen von Drahtkorb und Ballentuch möglich. Bei Baumarten, die aber weniger intensive Wurzelsysteme bilden wie Crataegus-Arten, oder aber bei Bäumen, die kurz nach der Verpflanzung bereits verkauft werden, führt das Entfernen des Drahtes unweigerlich zu einer Zerstörung der Ballenstruktur und somit zu einer Gefährdung des Anwachsens. Aus diesem Grunde geben viele Baumschulen in diesen Fällen keine Anwachsgarantie mehr.
Korb und Tuch entfernen?
Als Balliermaterial wird als Leinen ein Acryl-Jute-Gemisch oder reine Jute und ein Korb aus vorgeglühtem Draht verwendet. Diese Materialien wurden so entwickelt, dass eine Gefährdung von Wurzeln und/oder Stamm ausgeschlossen ist. Die Frage, ob die Balliermaterialien bei der Pflanzung entfernt werden sollen, wird immer wieder kontrovers diskutiert. Es wird befürchtet, dass Einschnürungen und Einwachsungen bei Wurzeln und Stamm eine vitale, langfristige Baumentwicklung gefährden könnten. Bezüglich des Ballentuches haben Versuche gezeigt, dass die aktuellen Materialien ( z. B. Konitex ) im Vergleich zum vor vielen Jahren verwendeten reinen Acrylgewebe Balledur keinerlei Gefährdungen verursachen. Der Juteanteil in den aktuellen Geweben ist bereits nach wenigen Monaten verrottet und der mit Jute durchwirkte Acrylfaden mürbe. Die Drahtkörbe sind vorgeglüht, rotten im feuchten Bodenmilieu sehr schnell an und verlieren ihre mechanische Festigkeit.
Versuche an der Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau und Technik Quedlinburg haben gezeigt, dass unter den «ariden» Bedingungen des Ostharzes nach drei Jahren der Draht noch recht stabil war. In diesen Versuchen wurde der Drahtkorb geöffnet und seitlich in das Pflanzloch gelegt. Dadurch entstand seitlich, wo die stärkste Auswurzelung erfolgt, eine Drahtwulst, die für die Wurzeln kaum zu durchdringen war und unweigerlich zu Einwachsungen führte. Durch den Drahtwulst und den in Quedlinburg vorhandenen schweren Boden kam es weiterhin nicht zu dem für eine Verrottung erforderlichen Bodenschluss. Das Verfahren des seitlichen Herunterlegens ist daher grundsätzlich abzulehnen.
Versuchsergebnisse hinsichtlich Verrottung, Auswurzelung und Wachstum
Um den Abbau von Balliermaterialien zu testen, wurde am Gartenbauzentrum Münster-Wolbeck 2011 ein Versuch angelegt. Varianten waren, neben einer praxisüblichen Ballierung, auch eine doppelte Ballierung, um verschärfte Bedingungen zu schaffen. Als Pflanzen wurden zweimal verschulte Heckenpflanzen (Fagus, Carpinus), dreimal verschulte Sträucher ( Kolkwitzia, Physocarpos, Liguster ) und dreimal verschulte Alleebäume ( Tilia, Acer, Quercus, Carpinus ) verwendet. Beim Boden handelte es sich um einen lehmigen Sand. Nach einer Vegetationsperiode wurde im Herbst das Wachstum der Sträucher gemessen und die Zersetzung des Ballentuches bonitiert.
Der Juteanteil war bereits nach einem halben Jahr nicht mehr vorhanden. Eine intensive Auswurzelung konnte auch bei der doppelten Ballierung beobachtet werden. Bezüglich des Zuwachses waren keine Unterschiede feststellbar. Selbst die Doppeltballierung erwies sich als absolut unproblematisch.
Nach dem dritten Standjahr wurden die Bäume gerodet und der Zersetzungsgrad der Tücher und Körbe und das Auswurzelungsverhalten der verschiedenen Baumarten festgestellt. Bei den Körben wurde zwischen dem oberen, stabilen Spanndraht und dem Geflecht differenziert. Bei den Linden, Ahornen und Eichen waren sowohl die Tücher als auch die Drahtkörbe weitestgehend so mürbe, dass keinerlei Einschnürungsgefahr für die Wurzeln bestand. Vom Drahtgeflecht waren nur noch Fragmente vorhanden.
Die Spanndrähte waren hingegen noch recht stabil. Bei der korrekten Ballierung mit einem ausreichenden Abstand zwischen Spanndraht und Stamm wird in den nächsten Jahren keine Gefahr des Einwachsens bestehen. Es sollte aber vorsichtshalber nach der Pflanzung der Spanndraht durchgekniffen werden. Gemäss den überarbeiteten FLL-Empfehlungen für Baumpflanzungen Teil 1 sollen die Bäume prinzipiell höher als üblich gepflanzt werden. Der Spanndraht wird sich daher erst nach längerer Zeit auflösen, da er keinen intensiven Bodenkontakt hat.
Die Hainbuchen zeigten im Bereich des Drahtgeflechtes eine intensive Auswurzelung und das Drahtgeflecht war am besten erhalten. Durch das dichte Wurzelsystem wird der Boden so trocken gehalten, dass der «physikalische» Zermürbungsprozess deutlich langsamer abläuft als unter feuchten Bedingungen. Dies erklärt auch die Ergebnisse in Quedlinburg. Die geringen Regenfälle in Quedlinburg sowie der mangelhafte Bodenschluss durch die Drahtwulst erklären die auch nach drei Jahren noch relativ intakten Drahtgeflechte.
Die Feuchtigkeits- und Luftverhältnisse des Standortes spielen eine entscheidende Rolle beim physikalischen Abbau des Drahtes und mikrobiellen Abbau der Jute. Aber auch bei einer Verzögerung besteht bei der grossen Maschenweite der Körbe keine Einwachsungsgefahr, da bis zum Erreichen einer derartigen Wurzeldicke ein ausreichender Abbau stattgefunden hat.
Die Empfehlung lautet also, den Drahtkorb bei der Pflanzung ungeöffnet am Ballen zu belassen und nur den Spanndraht durchzukneifen. Insofern decken sich die Empfehlungen, die sich aus den aktuellen Versuchsergebnissen ableiten lassen, mit den Aussagen aus der überarbeiteten Fassung von 2014 der FLL-Empfehlungen für Baumpflanzungen Teil 1.
Sind Solitärbäume gefährdet?
Viele Baumschulen produzieren grosse Solitärbäume mit bis zu acht Verschulungen. Wenn der Drahtkorb ein «letales» Handicap für diese grossen Bäume wäre, dürften von diesen Baumschulen keine mehrmals verpflanzten Solitärgehölze verkauft werden, da sich in deren Ballen mehrere Generationen von Körben befinden, die nicht entfernt wurden. Bei einem nicht geöffneten Ballen ist ein teilweise geforderter Wurzelrückschnitt nicht möglich. Dieser wird in den Baumschulen beim Verschulen auch nicht durchgeführt und trotzdem kommt es zu einer vitalen Entwicklung der Bäume und einer langfristigen Standsicherheit. Ein Wurzelrückschnitt wird in der Baumschule bei wurzelnackten Gehölzen durchgeführt, um überlange Wurzeln einzukürzen.
Unterflurverankerung
An manchen Standorten werden aus optischen oder technischen Gründen Unterflurverankerungen ausgeschrieben. Bei viermal verschulten Bäumen ist der Ballen oft auch nach Entfernung des Drahtkorbes so kompakt, dass eine Unterflurverankerung möglich ist. Bei dreimal verschulten Bäumen ist ein Belassen des Korbes jedoch fast immer zwingend erforderlich, insbesondere bei einer Rodung bereits nach den ersten ein bis zwei Standjahren. P. Uehre
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