Artikel

Problemlose Auswurzelung

Problemlose Auswurzelung von Ahorn nach drei Jahren.

  • Garten- und Landschaftsbau

Balliermaterialien: nur den Spanndraht durchkneifen

Fast alle Baumschulgehölze werden ab dreimal verschult zusätzlich zum Ballenleinen mit einem Drahtkorb balliert. Die Drahtballierung sorgt bei den grösseren Ballen für die erforderliche Stabilität beim Transport vom Quartier bis zur Pflanzung.

Auf dem Weg von der Baumschule bis zum endgültigen Standort werden die Pflanzen oft mehrmals auf- und abgeladen. Eine ausreichende Festigkeit ist hier nur durch eine Drahtballierung gegeben. Durch diese Ballenstabilität reissen die Feinwurzeln nicht ab und können durch den direkten, dauerhaften Bodenschluss den durch die Rodung verursachten Pflanzschock abmildern. Bei dicht durchwurzelten Ballen ist ein Entfernen von Drahtkorb und Ballentuch möglich. Bei Baumarten, die aber weniger intensive Wurzelsysteme bilden wie Crataegus-Arten, oder aber bei Bäumen, die kurz nach der Verpflanzung bereits verkauft werden, führt das Entfernen des Drahtes unweigerlich zu einer Zerstörung der Ballenstruktur und somit zu einer Gefährdung des Anwachsens. Aus diesem Grunde geben viele Baumschulen in diesen Fällen keine Anwachsgarantie mehr.

Korb und Tuch entfernen?

Als Balliermaterial wird als Leinen ein Acryl-Jute-Gemisch oder reine Jute und ein Korb aus vorgeglühtem Draht verwendet. Diese Materialien wurden so entwickelt, dass eine Gefährdung von Wurzeln und/oder Stamm ausgeschlossen ist. Die Frage, ob die Balliermaterialien bei der Pflanzung entfernt werden sollen, wird immer wieder kontrovers diskutiert. Es wird befürchtet, dass Einschnürungen und Einwachsungen bei Wurzeln und Stamm eine vitale, langfristige Baumentwicklung gefährden könnten. Bezüglich des Ballentuches haben Versuche gezeigt, dass die aktuellen Materialien ( z. B. Konitex ) im Vergleich zum vor vielen Jahren verwendeten reinen Acrylgewebe Balledur keinerlei Gefährdungen verursachen. Der Juteanteil in den aktuellen Geweben ist bereits nach wenigen Monaten verrottet und der mit Jute durchwirkte Acryl­faden mürbe. Die Drahtkörbe sind vorgeglüht, rotten im feuchten Bodenmilieu sehr schnell an und verlieren ihre mechanische Festigkeit.

Versuche an der Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau und Technik Quedlinburg haben gezeigt, dass unter den «ariden» Bedingungen des Ostharzes nach drei Jahren der Draht noch recht stabil war. In diesen Versuchen wurde der Drahtkorb geöffnet und seitlich in das Pflanzloch gelegt. Dadurch entstand seitlich, wo die stärkste Auswurzelung erfolgt, eine Drahtwulst, die für die Wurzeln kaum zu durchdringen war und unweigerlich zu Einwachsungen führte. Durch den Drahtwulst und den in Quedlinburg vorhandenen schweren Boden kam es weiterhin nicht zu dem für eine Verrottung erforderlichen Bodenschluss. Das Verfahren des seitlichen Herunterlegens ist daher grundsätzlich abzulehnen.

Versuchsergebnisse hinsichtlich Verrottung, Auswurzelung und Wachstum

Um den Abbau von Balliermaterialien zu testen, wurde am Gartenbauzentrum Münster-Wolbeck 2011 ein Versuch angelegt. Varianten waren, neben einer praxisüblichen Ballierung, auch eine doppelte Ballierung, um verschärfte Bedingungen zu schaffen. Als Pflanzen wurden zweimal verschulte Heckenpflanzen (Fagus, Carpinus), dreimal verschulte Sträucher ( Kolkwitzia, Physocarpos, Liguster ) und dreimal verschulte Alleebäume ( Tilia, Acer, Quercus, Carpinus ) verwendet. Beim Boden handelte es sich um einen lehmigen Sand. Nach einer Vegetationsperiode wurde im Herbst das Wachstum der Sträucher gemessen und die Zersetzung des Ballentuches bonitiert.

Der Juteanteil war bereits nach einem halben Jahr nicht mehr vorhanden. Eine intensive Auswurzelung konnte auch bei der doppelten Ballierung beobachtet werden. Bezüglich des Zuwachses waren keine Unterschiede feststellbar. Selbst die Doppeltballierung erwies sich als absolut unproblematisch.

Nach dem dritten Standjahr wurden die Bäume gerodet und der Zersetzungsgrad der Tücher und Körbe und das Auswurzelungsverhalten der verschiedenen Baumarten festgestellt. Bei den Körben wurde zwischen dem oberen, stabilen Spanndraht und dem Geflecht differenziert. Bei den Linden, Ahornen und Eichen waren sowohl die Tücher als auch die Drahtkörbe weitestgehend so mürbe, dass keinerlei Einschnürungsgefahr für die Wurzeln bestand. Vom Drahtgeflecht waren nur noch Fragmente vorhanden.

Die Spanndrähte waren hingegen noch recht stabil. Bei der korrekten Ballierung mit einem ausreichenden Abstand zwischen Spanndraht und Stamm wird in den nächsten Jahren keine Gefahr des Einwachsens bestehen. Es sollte aber vorsichtshalber nach der Pflanzung der Spanndraht durchgekniffen werden. Gemäss den überarbeiteten FLL-Empfehlungen für Baumpflanzungen Teil 1 sollen die Bäume prinzipiell höher als üblich gepflanzt werden. Der Spanndraht wird sich daher erst nach längerer Zeit auflösen, da er keinen intensiven Bodenkontakt hat.

Die Hainbuchen zeigten im Bereich des Drahtgeflechtes eine intensive Auswurzelung und das Drahtgeflecht war am besten erhalten. Durch das dichte Wurzelsystem wird der Boden so trocken gehalten, dass der «physikalische» Zermürbungsprozess deutlich langsamer abläuft als unter feuchten Bedingungen. Dies erklärt auch die Ergebnisse in Quedlinburg. Die geringen Regenfälle in Quedlinburg sowie der mangelhafte Bodenschluss durch die Drahtwulst erklären die auch nach drei Jahren noch relativ intakten Drahtgeflechte.

Die Feuchtigkeits- und Luftverhältnisse des Standortes spielen eine entscheidende Rolle beim physikalischen Abbau des Drahtes und mikrobiellen Abbau der Jute. Aber auch bei einer Verzögerung besteht bei der grossen Maschenweite der Körbe keine Einwachsungsgefahr, da bis zum Erreichen einer derartigen Wurzeldicke ein ausreichender Abbau stattgefunden hat.

Die Empfehlung lautet also, den Drahtkorb bei der Pflanzung ungeöffnet am Ballen zu belassen und nur den Spanndraht durchzukneifen. Insofern decken sich die Empfehlungen, die sich aus den aktuellen Versuchsergebnissen ableiten lassen, mit den Aussagen aus der überarbeiteten Fassung von 2014 der FLL-Empfehlungen für Baumpflanzungen Teil 1.

Sind Solitärbäume gefährdet?

Viele Baumschulen produzieren grosse Solitärbäume mit bis zu acht Verschulungen. Wenn der Drahtkorb ein «letales» Handicap für diese grossen Bäume wäre, dürften von diesen Baumschulen keine mehrmals verpflanzten Solitärgehölze verkauft werden, da sich in deren Ballen mehrere Generationen von Körben befinden, die nicht entfernt wurden. Bei einem nicht geöffneten Ballen ist ein teilweise geforderter Wurzelrückschnitt nicht möglich. Dieser wird in den Baumschulen beim Verschulen auch nicht durchgeführt und trotzdem kommt es zu einer vitalen Entwicklung der Bäume und einer langfristigen Standsicherheit. Ein Wurzelrückschnitt wird in der Baumschule bei wurzelnackten Gehölzen durchgeführt, um überlange Wurzeln einzukürzen.

Unterflurverankerung

An manchen Standorten werden aus optischen oder technischen Gründen Unterflurverankerungen ausgeschrieben. Bei viermal verschulten Bäumen ist der Ballen oft auch nach Entfernung des Drahtkorbes so kompakt, dass eine Unterflurverankerung möglich ist. Bei dreimal verschulten Bäumen ist ein Belassen des Korbes jedoch fast immer zwingend erforderlich, insbesondere bei einer Rodung bereits nach den ersten ein bis zwei Standjahren. P. Uehre

Kommentare und Antworten

×

Name ist erforderlich!

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Gib eine gültige E-Mail Adresse ein

Kommentar ist erforderlich!

Google Captcha ist erforderlich!

  • Garten- und Landschaftsbau
  • Fokusthema

Als Baumaterial mit einer uralten Tradition kann Lehm auch im Garten eingesetzt werden. Wichtig ist jedoch ein guter Wetterschutz, um eine Erosion zu…

Weiterlesen

  • Garten- und Landschaftsbau
  • Wettbewerbe

Zum dritten Mal in Folge holten die Schweizer Landschaftsgärtner das begehrte Gold an den WorldSkills. Vom 10. bis 14. September 2024 kämpften Samuel…

Weiterlesen

  • Garten- und Landschaftsbau
  • Landschaftsarchitektur
  • Ausstellungen

Mustergültig, vorbildlich, vollkommen – so beschreibt das Lexikon den Begriff «ideal». Mit der fordernd-provokativen Vorgabe «Der ideale Garten» war…

Weiterlesen

  • Garten- und Landschaftsbau
  • Landschaftsarchitektur
  • Aus- und Weiterbildung

An der Schnittstelle von Planung und Umsetzung erarbeiteten die Studierenden der Technikerklasse der Höheren Fachschule (HF) an der Gartenbauschule…

Weiterlesen

  • Nachhaltig konkret
  • Garten- und Landschaftsbau
  • Landschaftsarchitektur

Die Wohnanlage «In den Bäumen» in Egg ZH wurde mit dem Innovationspreis der Sophie und Karl Binding Stiftung ausgezeichnet. Die nachhaltige…

Weiterlesen

  • Garten- und Landschaftsbau
  • Innovation 2021

Neben Minibaggern mit Standardheck haben sich Modelle mit Kurzheck oder sogar Nullheck etabliert. Völlig ersetzen werden sie die Standardbauweise aber…

Weiterlesen

  • Garten- und Landschaftsbau
  • Branche
  • Biodiversität

Bioterra konnte im letzten Quartal 2024 das 105. Unternehmen als Fachbetrieb Naturgarten zertifizieren. Das sind rund ein Viertel mehr als im Jahr…

Weiterlesen

  • Garten- und Landschaftsbau
  • Branche
  • Fachmessen

Fünf Monate nach dem Messeabschluss zieht die Leitung ein positives Fazit der ÖGA 2024. Sowohl organisatorisch als auch finanziell sei die…

Weiterlesen

  • Garten- und Landschaftsbau
  • Auszeichnungen

Während des jährlichen Partnertreffens, das vom 14. bis 15. November auf Mallorca stattfand, vergab Biotop einen Design-Award für die besten…

Weiterlesen

  • Garten- und Landschaftsbau
  • Buch-Tipp

Das neue Buch von Haymarket Media widmet sich auf 128 Seiten dem unterirdischen Aussehen der Wurzeln verschiedener Baumarten.

Weiterlesen

  • Garten- und Landschaftsbau
  • Aus- und Weiterbildung

«Dipl. Gartenbautechniker/-in HF» – zwei Absolventinnen und elf Absolventen erhielten ihre Diplome im feierlichen Rahmen.

Weiterlesen

  • Garten- und Landschaftsbau
  • Fachmessen

Zahlreiche technische Neuheiten zum Gestalten und Pflegen von Gärten und Grünanlagen waren während der 25. Fachmesse GaLaBau in Nürnberg zu bewundern.…

Weiterlesen

  • Garten- und Landschaftsbau

Die im Garten- und Landschaftsbau tätige B&G Schweiz Holding hat sich neu positioniert. Der neue Auftritt der Holding wurde von der Bieler Agentur…

Weiterlesen

  • Pflanzenverwendung
  • Garten- und Landschaftsbau
  • Stadtgrün

Im Innovationscluster URBORETUM erforschen Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) gemeinsam mit Partnern, wie Stadtbäume auch…

Weiterlesen

  • Garten- und Landschaftsbau
  • Stadtgrün
  • Landschaftsarchitektur
  • Web-Tipp
  • Biodiversität
  • Internet

Zwei neue Webtools ermöglichen es, Planungs- und Bauprozesse mit einfach messbaren Kennwerten und erprobten Werkzeugen zu optimieren, um ökologisch…

Weiterlesen

  • Garten- und Landschaftsbau
  • Branche

Die Aktion «Grüne Kita» von JardinSuisse will den Kleinsten Natur und Gärten näherbringen. Anfang Juni ist nun die Image- und Kompetenzkampagne an den…

Weiterlesen

  • Pflanzenverwendung
  • Garten- und Landschaftsbau
  • Stadtgrün

Einwohner der Gemeinde Worb müssen bis 2027 den Kirschlorbeer aus ihrem Garten entfernen.

Weiterlesen

  • Garten- und Landschaftsbau
  • Stadtgrün

Im Juli voraussichtlich starten die Bauarbeiten im Stadtgarten Winterthur. Wie die Stadt schreibt, soll der Garten in den nächsten zwei Jahren den…

Weiterlesen

  • Garten- und Landschaftsbau
  • Stadtgrün

Die 10. Auflage des Ratgebers Regenwasser der Mall GmbH geht auf die aktuellsten Themen der Stadthydrologie ein.

Weiterlesen

  • Garten- und Landschaftsbau
  • Stadtgrün
  • Buch-Tipp

Die Welt der gartentauglichen Gehölze ist viel grösser als in der Praxis oft zu sehen, wie Wolfgang Borchardt zeigt.

Weiterlesen

Aktuelle Ausgabe

23/24/2024

Magie der Lichtkunst: Festival in Kronach

Magie der Japangärten: Gestaltung und Rituale

Webtools für mehr Biodiversität

Biozertifizierte Weihnachtssterne

 

Zur Ausgabe E-Magazine

Newsletter Registration

Frau  Herr 

Agenda

«Stadtgrün»
Stadtgärtnerei – Zentrum für Pflanzen und Bildung Sackzelg 27, 8047 Zürich

Die Ausstellung «Stadtgrün» zeigt konkrete Projekte aus dem gleichnamigen Förderprogramm. Zudem gibt es Arbeiten von Studierenden der ZHAW, ETH und OST zu sehen.
Öffungszeiten: täglich 9 bis 17.30 Uhr.

23.11.2024 00:54  –  19.01.2025 00:00
Lehrgang Vegetationstechnik in der Klima- und Schwammstadt
ZHAW Life Sciences und Facility Management, Campus Grüental, 8820 Wädenswil

Im Fokus stehen gesamtheitliche Konzepte, für resiliente, hitzemindernde und wassersensible Freiraumgestaltung. Der Lehrgang zur Fachperson Vegetationstechnik in der Klima- und Schwammstadt (6 ECTS) dauert 12 Monate (inkl. Projektarbeit). Die 24 Präsenztage fallen voraussichtlich auf den Donnerstag. Der Unterricht findet von 9 bis16 Uhr statt (6 Lektionen à 45 Minuten). Kosten: Fr. 5900.–.
Weitere Infos und Anmeldung

09.01.2025  –  09.12.2025
Volkshaus Zürich, Stauffacherstrasse 60, 8004 Zürich

Grün, blau und grau gemeinsam denken: Das ist das Motto der ersten Zürcher Klimatagung «Wie die Stadt zum Schwamm wird» am Donnerstag, 23. Januar. Es ist eine Veranstaltung des Amts für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kantons Zürich in Kooperation mit Grün Stadt Zürich. Im Fokus der Tagung stehen inspirierende Schwammstadt-Pilotprojekte aus der Schweiz und dem benachbarten Ausland sowie Aktuelles aus der Forschung. Das Vormittagsprogramm beinhaltet Projektpitches, Fachreferate und Podiumsdiskussionen im Plenum. Am Nachmittag liegt der Schwerpunkt auf Vertiefungsworkshops zu diversen Themen. Kosten: 200 Fr. 
Programm und Anmeldung

23.01.2025 08:30  –  17:00

Submissionen

Region Zürich
Restaurant Schifflände
Angebotsfrist: 08.01.2025
Region Winterthur
Grosszyklische Sanierung Theater Winterthur
Angebotsfrist: 09.01.2025
Region Zürich
Gleisbogen
Angebotsfrist: 17.01.2025