Der Gewinn von nutzbarer ebener Fläche geht bei steilen Geländen meist mit dem Bau von Stützmauern einher. Die Hangsicherung bzw. Terrassierung mit harten Verbauungen war bei diesem Privatgarten an bevorzugter Lage im Zürcher Oberland von Anfang an ausgeschlossen. Von den Planern, Robin Lustenberger und Jan Schelling, war auf Wunsch der Kundin eine alternative Lösung gefragt.
Der Garten wurde vor 30 Jahren mit dem Bau des Wohnhauses angelegt. Die Umgestaltung sollte den baulichen Veränderungen in der Umgebung Rechnung tragen, mehr Natürlichkeit bringen, Intimsphäre, Nutzungsvielfalt und bessere Aufenthaltsqualität bieten. Grosser Wert wurde auf die Einbindung in die Landschaft gelegt. Die Offenheit der Bauherrin ermöglichte es den Planern, ein Experiment einzugehen und den Steilhang mit einem englischen Staudengarten in der Vertikalen zu begrünen. Schelling lobt den Mut der Kundin. Direkt vor dem Haus wurden mehrstämmige Solitäre (Amelanchier) gepflanzt. Das schafft ein angenehmes Klima beim Sitzplatz. Das Aufschneiden der Gehölze im fertigen Garten prägt dabei den Charakter mit.
So behutsam wie der Garten in die Umgebung eingefügt wurde war auch der Umgang mit Bestehendem. Es gab kein Tabula rasa. Der Sitzplatzbelag z. B. wurde aufgenommen und an die neue Formensprache angepasst. Der Garten wird laufend weiterentwickelt. Jüngstes Projekt ist ein massgefertigtes Hochbeet.
Staudengarten in der Vertikalen
Bauliches tritt visuell in den Hintergrund, die Bühne gehört den Stauden und Gehölzen in diesem Hanggarten. Weil eine Stützmauer nicht infrage kam, wird der Höhenunterschied von rund drei Metern zwischen der unteren und der mittleren Terrasse mit einer intensiv begrünten Steilböschung überwunden. Die Bauherrin ist Pflanzenliebhaberin und hat ein Faible für englische Staudenrabatten. Die Planer gingen ein Experiment ein und legten einen englischen Staudengarten mit grossen Tuffs in der Vertikalen an. Der Steilhang wurde mit dem erdbewehrten Stützsystem Sytec TerraMur 2 gesichert (Böschungsneigung 60°). Eine bautechnische Herausforderung waren die vielen Schrägen und Übergänge. Das ausgefeilte Bepflanzungskonzept sorgt für jahreszeitlich wechselnde Blühaspekte. Das Wagnis hat sich gelohnt. Jahre nach der Anlage ist diese Pflanzung am Südhang eine Augenweide. Ein weiteres Projekt dieser Art mit einer steilen Böschung ist in Planung.
Über die Leichtbautreppe aus verzinktem Stahl gelangt man auf die Gartenebene vor dem Wohnhaus mit leicht modellierter Rasenfläche.
Thymianwiese und Sitzplatz
Der Garten geht nahtlos in den Rebberg über. Mit einer Thymianwiese wurde eine harmonische Überleitung zur Kulturlandschaft geschaffen. Der neue Sitzplatz mit Rundkiesbelag am Fuss des vertikalen Staudengartens und dem angrenzenden Rebberg wird mit massgefertigten Betonelementen gestützt. Sie dienen zugleich als Sitzelemente. Das Eigengewicht der Betonelemente reduziert sich durch die Aussparungen mit Styroporkernen.
Begrünte Stahltreppe
Für die frei stehende Leichtbautreppe aus feuerverzinktem Stahl liessen sich die Planer von der Treppenkonstruktion in der Masoala-Halle im Zoo Zürich inspirieren. Das hochwertige massive Geländer wurde auf der Oberkante der Steilböschung auf Armierungseisen aufgeschraubt. Diese werden in PE-Rohren auf die unterste Ebene gezogen und dort auf einer Stahlbetonplatte betoniert. Die Geländer sind mit Drahtgeflecht bespannt. Daran ranken sich Kletterpflanzen.
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