Das Facelifting der Weiten Gasse ist das wichtigste Puzzleteil im Rahmen der Neugestaltung der gesamten Badener Altstadt. Die planerische Grundlage dazu bildet ein im Jahr 2003 durch die Stadt Baden ausgeschriebener Gestaltungswettbewerb. Das inzwischen in Etappen umgesetzte Konzept des Siegerteams Appert Zwahlen Partner AG, Landschaftsarchitekten, mosersidler., AG für Lichtplanung, und Schoop Architekten sieht als gemeinsames Gestaltungsmerkmal für alle Gassen und Plätze der oberen Altstadt den Einbau von Pflästerungsbelägen aus Guberstein vor. Dieser graue, oft mit weissen Adern durchzogene Quarzsandstein wird oberhalb von Alpnach im Kanton Obwalden abgebaut.
Ein Teppich aus Naturstein
Für die Weite Gasse sah das Gestaltungskonzept zunächst eine Intarsie aus grossformatigen Betonplatten vor, umgeben von einer Bogenpflästerung aus Guberstein. Diese Lösung wurde damals im Hinblick auf die grosse Belastung durch den auch künftig noch einige Jahre durch die Gasse führenden Busverkehr gewählt. Da sie aus denkmalpflegerischer Sicht aber nicht restlos überzeugte, prüfte man zwei weitere Möglichkeiten: durchgehende Pflästerung; grossflächige Natursteinplattenintarsie mit einer Pflästerung nur in den Randbereichen.
Die Betonplattenlösung wäre mit ca. 3,7 Mio. Franken die kostengünstigste Variante gewesen, gefolgt von der reinen Pflästerung mit ca. 3,9 Mio. und der Natursteinintarsie mit 4,2 Mio. Die jetzt ausgeführte Natursteinplattenintarsie ist also die teuerste, hinsichtlich des Altstadtbildes aber zweifellos die attraktivste Lösung. Da die Weite Gasse die Hauptgasse der Badener Altstadt ist und sie als ehemalige Marktgasse historisch gesehen die Bedeutung eines Aufenthalts- und nicht eines Verkehrsraumes hat, hielten die Badener Behörden diese Variante trotz den Mehrkosten für angebracht.
Die Intarsie aus grossformatigen Guber-Steinplatten folgt dem sanften Bogen der Gasse und gleicht sinnbildlich einem ausgerollten Teppich. Diese besondere Intervention soll die wichtige Bedeutung der Weiten Gasse für die Badener Altstadt unterstreichen. Die Oberflächen sowohl der Pflästerung als auch die der Intarsie sind gesägt/geschliffen und geflammt; beide Belagsarten erfüllen damit die Anforderungen an die Rutschsicherheit.An schrägen, in die Pflästerung integrierten Schalensteinen (Führungskante) können sich sehbehinderte Menschen orientieren.
Bogenpflästerung für den Löwenplatz
Am westlichen Ende der Weiten Gasse liegt der Löwenplatz. Dieser wurde als Übergang der hier aufeinandertreffenden unterschiedlichen Gassenräume grossflächig mit einer Bogenpflästerung gestaltet. Dabei legte man grossen Wert auf die fachmännische Gestaltung der Details. So galt es, die Übergänge und Richtungswechsel der ineinander verlaufenden Bogenpflästerungen nach den Prinzipien alter Handwerkerkunst zu erstellen. Der historische Löwenbrunnen im Zentrum des Platzes erhielt in Form von radial verlegten Steinplatten einen verbreiterten Sockel und damit eine ihm angemessene grosszügige und würdige Plattform.
Aufwertung als Begegnungszone
Die Weite Gasse ist seit mehreren Jahren bereits Bestandteil einer grösseren Begegnungszone in der Badener Altstadt. Die definitive bauliche Umsetzung dieser Begegnungszone erfolgte nun, indem die klassische Strasseneinteilung Trottoir–Fahrbahn–Trottoir weggelassen wurde. Dadurch wirkt die Gasse breiter und lässt sich fortan variabel nutzen. Nebst grösseren Bereichen für den Aussenbetrieb der Restaurants erhalten auch die Fussgänger grosszügigere und attraktivere Flächen zum Einkaufen, Verweilen und Flanieren. Insbesondere aber auch für die Märkte, Veranstaltungen und Festivitäten in der Bäderstadt lässt die gewählte Gestaltung flexiblere Nutzungen zu.
Sofort oder später verlegen?
Zwar wird die Weite Gasse bereits heute deutlich weniger befahren als bis 2001, als der Bus sich noch im Gegenverkehr durch die Gasse und den Stadtturm zwängte. Bis zur weitgehenden Busbefreiung nach der geplanten Neuführung des öffentlichen Verkehrs (voraussichtlich 2017) wird sie aber vorerst trotzdem weiterhin täglich von mehr als 400 schweren Busfahrzeugen genutzt. Diese Belastung entspricht der Verkehrslastklasse T 5. Weil Natursteinplattenbeläge gemäss VSS-Norm aber nur bis zur Verkehrslastklasse T 4 normiert sind und Erfahrungen mit so hohen Belastungen fehlen, kann eine schadenfreie Nutzung während der nächsten vier Jahre nicht garantiert werden.
Eine mögliche Variante wäre gewesen, einen provisorischen Schwarzbelag (Asphalt) einzubauen und die Natursteinplatten erst 2017 zu verlegen. Ein provisorischer Schwarzbelag hätte aber Ein- und Ausbaukosten von etwa 140 000 Franken verursacht. Mit diesem Betrag kann etwa ein Viertel der Natursteinplatten im Fahrbereich der Busse ersetzt werden, d. h., ein Schwarzbelag wäre erst bei umfangreicheren Schäden günstiger. Aufgrund dieser Kostenverhältnisse und der Nachteile einer zweiten Bauphase hielten die zuständigen Fachleute der Abteilung Planung und Bau der Stadt Baden einen sofortigen Einbau für vertretbar. Um die Schäden möglichst klein zu halten, wurde eine verstärkte Fundationsschicht eingebaut (Sickerbeton mit 20 cm Stärke). Auch die Gewerbetreibenden, die während der Bauzeit erhebliche Umsatzeinbussen in Kauf nehmen mussten, begrüssten diese Lösung ausdrücklich.
Die Neugestaltung umfasste nebst der neuen Oberflächengestaltung noch weitere Elemente wie eine neue Beleuchtung in Form einer dezenten LED-Beleuchtung, eine sanft renovierte Bushaltestelle mit behindertengerechten Einstiegsmöglichkeiten, die Umgestaltung des «Grabens» sowie verschiedene Möblierungen. Gleichzeitig mit der Strassensanierung erneuerten die Stadt Baden, die Regionalwerke AG Baden, die Swisscom und die Cablecom ihre Werkleitungen. Die Gesamtkosten all der genannten Baumassnahmen belaufen sich auf rund 5,5 Mio. Franken.
Beteiligte
- Bauherrschaft: Stadt Baden, Abteilung Planung und Bau, in Zusammenarbeit mit den Regionalen Verkehrsbetrieben Baden Wettingen AG, der Regionalwerke AG Baden, der Swisscom und der Cablecom
- Planung und Gestaltung: Appert Zwahlen Partner AG, Landschaftsarchitekten BSLA, Cham, mosersidler. AG für Lichtplanung, Zürich, Schoop Architekten AG, Baden
- Umsetzung: Granella AG, Würenlingen, Scheidegger+Partner AG, Baden (Ingenieurbüro und Bauleitung), Swissfix GmbH, Altendorf (Baubegleitung und Beratung Platten- und Pflästerungsbeläge)
- Bauzeit: 4. März 2013 bis Mitte August 2013
1000 Tonnen Naturstein
Die Guber Natursteine AG lieferte für die Neugestaltung der Weiten Gasse insgesamt nahezu 1000 t Guber-Quarzsandstein. Der Naturstein-Auftrag im Gesamtwert von Fr. 900 000.– umfasste 875 m² massive Bodenplatten in freien Längen, einer Breite von 35 cm und einer Stärke von 18 cm, Oberfläche geflammt. Hinzu kamen 300 m abgeschrägte Bindersteine als Führungslinien für Sehbehinderte, 440 t Pflastersteine 11/ 13 cm und 8/11 cm, ebenfalls mit geflammter Oberfläche sowie diverse Spezialteile (u. a. für die Sockelgestaltung des Löwenbrunnens).R. Stadler
Aufbau, Produkte und Verfahren
Plattenbelag
Tragschicht: Sickerbeton 20 cm stark, 16/ 32 mm Korn, Zementgehalt 250 kg/ m3
Bettungsmaterial: Splittbeton 3–5 cm, 4/ 8 mm Korn, Zementgehalt 250 kg/ m3
Haftbrücke: «Acotop weiss», 2 mm stark
Naturstein: Guber-Quarzsandsteinplatten, 18 cm stark, in freien Längen
Verfahren: Die Natursteinplatten wurden vorgängig mit dem Haftkleber vollflächig auf der Unterseite angestrichen und dann mithilfe eines Vakuumhebegeräts frisch in frisch in einen Splitt- oder Rundkornbeton verlegt. Das Verfugen erfolgte mit dem Fugenmörtel «Samco 88», 2 mm Korn und dem Flüssigzusatzmittel «Samco San Quick». Eingebracht und verdichtet wurde nach dem patentierten Verfahren A&C von der Acosim AG, Pfäffikon SZ. Abschliessend wurde die Steinoberfläche mit einem Schwammfixgerät gereinigt. Die Belagsflächen konnten örtlich schon 48 Stunden nach dem Verfugen für den Verkehr freigegeben werden.
Pflästerung
Tragschicht: Sickerbeton 20 cm stark, 16/ 32 mm Korn, Zementgehalt 250 kg/ m3
Bettungsmaterial : Splittbeton 3–5 cm stark, 4/8 mm Korn, Zementgehalt 250 kg/ m3
Bogenpflästerung : Guber Pflastersteine 11/13 cm und 8/11 cm
Verfahren: Die Pflastersteine wurden ebenfalls nach dem A&C-Verfahren verfugt und verarbeitet. Verwendet wurde jedoch ein 4 mm Korn. Flächen, die mit «Samco Quick» verfugt werden, konnten auch hier schon 48 Stunden später für den Verkehr freigegeben werden. R. Stadler
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