Zum Auftakt unserer Studienwoche besichtigten wir den zweitgrössten Hafen Europas. Beeindruckend am Hafen in Antwerpen ist, dass dieser aufgrund der starken Gezeiten mit einem Schleusensystem erbaut wurde. Der Hafen nimmt eine Fläche von 20 000 Fussballfeldern ein. Beschäftigt werden 150 000 Menschen. Jeder 4. Einwohner von Antwerpen arbeitet für den Hafen oder für externe Firmen, die im Hafenareal ihren Sitz haben. Während der Führung besuchten wir zwei Umschlagplätze, in denen Kaffee und Bananen aus aller Welt gelagert wurden.
Vom globalen Import und Export ging es am Nachmittag im Klinkerwerk der Firma Desta in Hoggstraten zur inländischen Produktion über. Auf dem Rundgang durch das Firmenareal konnten wir den kompletten Produktionsablauf eins zu eins miterleben. Das Rohmaterial Ton wird mit Wasser vermengt und zerkleinert, danach in rechteckige Formen gepresst, zugeschnitten, getrocknet und bei 1100 °C bis 1300 °C gebrannt. Die Produktion eines Klinkersteines dauert drei Tage.
Klinker prägt das Bild belgischer Städte. Der gebrannte Ton findet sich an Fassaden, bei Mauern und auf Plätzen wieder. Auch in London, Amsterdam und Kopenhagen ist Klinker traditionell weitverbreitet. Aktuell findet Klinker in der Architektur wieder vermehrt Beachtung, sodass sich die Firma Desta vor allem in Nordeuropa über eine starke Nachfrage freuen kann.
Baumschule Van den Berk
«Mit einem Baum kauft man Zeit, mit einem Baum kauft man Geschichte und Zukunft.» Mit diesem Slogan aus einem Infovideo begrüsste uns Jan Geerts, Verkaufsleiter Schweiz und Luxemburg, im grossräumigen Konferenzsaal der Baumschulen Van den Berk. Bereits bei der Anreise kündeten Reihen um Reihen hochstämmiger Alleebäume – keiner unter 7 m Stammhöhe – das Kerngeschäft dieser Baumschule an. Die dritte Generation der Familie Van den Berk pflegt nach 77 Jahren Betriebsgeschichte eine innovative Wirtschaftsweise. Das Unternehmen produziert zurzeit auf 500 Hektaren an den Standorten Sint-Oedenrode (NL, Hauptsitz), Geldern (D) und Rastede (D).
Die Betriebsführung startete in der Werkhalle. In der Hauptsaison werden hier täglich 35 Lkw mithilfe der unter dem Dach angebrachten Kräne beladen. Geliefert wird europaweit. Zwei Lkw-Ladungen gehen wöchentlich in die Schweiz. «Der überdimensionale Wetterschutz» erleichtere jedem einzelnen der 53 Mitarbeitenden an diesem Standort den Winter, sagte Jan Geerts. Anschliessend an den Logistikbereich befinden sich Abstellflächen mit Gehölzen, die zwischengelagert werden. Uns fiel ein Formgehölz mit der Aufschrift «Enea gardens» auf. Die Kurzzeitbesucher stehen auf weissem Rundkies, das die Sonnenstrahlen absorbiert. Auf unserem Rundgang begegneten wir weiteren solchen Details.
Der Betrieb verwendet keine mineralische Düngemittel, sondern verwertet Mist und Kompost von Bauernhöfen aus der Region. Der Einsatz von Spritzmitteln beschränkt sich auf ein Minimum. Die Böden können sich durch die einjährige Zwischenkultur mit einer Gründüngung regenerieren. Wichtig ist ein genügend grosser Wurzelraum – 1 m3 soll es sein, so die Faustregel.
Zum Abschluss dieses Tages kehrten wir in der Stadtbrauerei «de Koninck» ein und gewannen einen Einblick in die Kunst des Bierbrauens. Der Betrieb existiert seit 1833. Wissenswertes zur Geschichte erfährt man im angegliederten Museum.
Im Garten des Persicaria-Königs
Die Studienreise führte weiter nach Oedelem in den Privatgarten von Chris Ghyselen. Der Landschaftsarchitekt ist bekannt für seine Art der Staudenverwendung und seine eigenen Züchtungen. Dies kommt in seinem Privatgarten besonders zum Ausdruck. Den Garten entwickelte er gemeinsam mit seiner Frau Anne, die eine begeisterte Botanikerin ist und ein besonderes Flair für einjährige Pflanzen hat. Seit Beginn des Jahres 1988 wurde der Garten immer wieder verändert. Carpinus-Hecken umschliessen den vorderen Teil des Gartens. Bei jedem Schritt eröffnen sich uns neue Perspektiven und Sichtachsen. Das Herzstück dieses Bereichs ist ein rechteckiger Teich, der von Hosta in verschiedenen Sorten und von Asarum gerahmt wird.
Die formale Gestaltung überwiegt auch im hinter dem Haus gelegenen Gartenteil. Hier kommt die eigentliche Spezialität des Landschaftsarchitekten zum Tragen. Begrenzt von geschwungen geschnittenen Hecken entfalten sich raffiniert gestaltete Staudenbeete. Elegant angeordnete Leitstauden in beträchtlicher Höhe und Gräser verleihen Struktur. Blütenpflanzen wie Aster, Echinacae und Persicaria sorgen für Formenkontrast und Farbenvielfalt. Vielzählige Persicaria, der besondere Stolz des Gestalters, wurden verwendet. Einige Sorten wie Persicaria amplexicaulis ‘Amethyst’, ‘Pink Elephant’ und ‘Fat Domino’ sind eigene Züchtungen. Dieser Vorliebe für Knöteriche verdankt Chris auch seinen Beinamen «Persicaria-König». Im Anschluss an die Staudenbeete erstreckt sich der landschaftliche Teil. Hier dominieren fliessende Linien. Den Hecken sind transparente Grenzen gewichen.
Die Gestaltung der Staudenrabatten beruht auf einer durchdachten Ordnung. Entwurfs- und Pflanzpläne zeichnet Chris von Hand. «Die Kreativität entfaltet sich durch handgezeichnete Pläne am besten, manchmal sogar während des Zeichnens», so Chris Ghyselen. Besonderen Wert legt er auf die Pflanzarbeiten. Während seiner 35-jährigen Tätigkeit als Landschaftsarchitekt hat er den Bezug zum Handwerk nie verloren. Sämtliche Pflegearbeiten auf dem 4500 m2 grossen Grundstück führt er selbst durch. Vielleicht ist dies der Grund, weshalb der Landschaftsarchitekt seinen Projekten so nahe ist. Wir haben ihn jedenfalls als sehr humorvollen und bodenständigen Menschen kennengelernt. Ein Besuch des Gartens des Knöterich-Königs lohnt sich allemal.
Arboretum von Wespelaar
Zum Abschluss unserer Studienreise besichtigten wir das Arboretum von Wespelaar in der flämischen Gemeinde Haacht. Zuerst erhielten wir einen Einblick in die Anzucht der Jungbäume. Während der Führung fielen uns die niederen Hecken mit Ilex crenata auf, die als Buchsbaumersatz verwendet werden. Fast alle Bäume sind auf Hügeln gepflanzt. Dadurch wird die ungünstige Lage des Arboretums ausgeglichen. Philippe de Spoelberch fand bei der Anlage des Arboretums in den 1970er-Jahren einen stark vernässten Boden vor. Dies liegt daran, dass wir uns hier auf nur gerade 17 m ü.M. und somit sehr nahe am Grundwasserspiegel befinden. Weidetiere hatten die Erde zuvor stark verdichtet. Um das Areal nutzbar zu machen, kam man auf die Idee, die Bäume etwas erhöht zu pflanzen, damit das Wasser ablaufen, Sauerstoff zirkulieren und keine Vernässung mehr stattfinden kann.
Für uns Gärtner ist der Baumschnitt ein zentrales Thema. Im Arboretum von Wespelaar gilt der gärtnerische Leitsatz: «Schnitt = Wachstum». Doch wann ist der beste Zeitpunkt? Im Allgemeinen kann man sagen, dass die Bäume im Frühsommer geschnitten werden sollten. In dieser Zeit stehen sie nicht in vollem Saft und es steht genügend Zeit für den Wundverschluss bis zum Wintereinbruch zur Verfügung. Generell gilt, nie im Frühjahr schneiden, da die Gehölze im vollen Saftstrom sind und nie im Herbst schneiden, da sich der Baum im Saftabwärtsstrom befindet.
Nach einem gemütlichen Mittagessen auf der Gartenterrasse des Arboretums war es bereits Zeit, uns auf den Heimweg zu machen. Wir blicken auf eine lehrreiche und spannende Studienreise zurück, wobei das gemütliche Beisammensein nicht zu kurz kam. Die Technikerklasse 18/20 bedankt sich bei ihren Lehrern für die tolle Organisation und bei den Sponsoren für die finanzielle Unterstützung. Sie blickt mit Zuversicht und neuen Ideen auf das fortlaufende Studium an der Gartenbauschule Oeschberg.
Der Atlantikwall
Am fünften Tag unserer Studienreise besichtigten wir die zum Atlantikwall gehörende Bunkeranlage Tirpitz (v0ormals Salzwedel) aus dem Zweiten Weltkrieg. Nach Kriegsausbruch griff die deutsche Armee Holland, Belgien und Frankreich an. Diese drei Länder mussten sich bereits nach kurzer Zeit geschlagen geben. Da sich die Engländer trotz dem starken Bombardement nicht in die Knie zwingen liessen, erwartete die deutsche Wehrmacht einen Gegenschlag der Engländer bzw. der Alliierten an der Küste Europas. Aus diesem Grund begann die deutsche Wehrmacht mit dem Bau des Atlantikwalls. Dieser erstreckte sich von der Nordspitze Norwegens bis nach Spanien. Der Atlantikwall hatte eine Länge von 2685 Kilometern und umfasste 15 000 Bunker. Für den Bau der Bunkeranlagen nutzte die Wehrmacht regionale und beschlagnahmte Baustoffe. Zudem sicherte die deutsche Wehrmacht den gesamten Strand mithilfe von Hindernissen wie Baumstämmen und Betonblöcken mit angebrachtem Sprengstoff. Enge Verbindungsgänge aus Klinkersteinen verteilen sich über das gesamte Gelände. Die Anlage ist teils durch unterirdische Gänge verbunden. Sämtliche Bunker wurden so erbaut, dass diese von oben möglichst schwer erkannt werden konnten.
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