Die Stadt am Rhein hatte den Bezug zu ihrem Fluss verloren. Im Mittelalter lag die Zähringerstadt Neuenburg (D) direkt an einem der bedeutendsten mitteleuropäischen Wasserwege und Handelsrouten. Es war ein Standortvorteil, der sich ins Gegenteil verkehren sollte. So riss eine verheerende Flut im 16. Jahrhundert den historischen Teil der Stadt mit sich. Die Flussbegradigungen der letzten Jahrzehnte trennten Neuenburg nun über 800 m vom Rhein. Zu einer schier unüberwindbaren Barriere zwischen der schmucken Zähringerstadt und dem Fluss wurden die Autobahn A5 sowie Gewerbegebiete, die vor den Stadttoren erschlossen wurden.
«Eine Stadt geht zum Rhein» lautete der Slogan, mit dem man sich erfolgreich für die Landesgartenschau 2022 bewarb. Ein blühendes Band sollte sich vom Stadtpark Wuhrloch über die alten Streuobstwiesen bis hin zu der einzigartigen Flusslandschaft ziehen und Neuenburg wieder mit dem Rhein verbinden. Die Berliner Landschaftsarchitekten geske.hack überzeugten die Jury mit ihrer Idee von einer prächtigen, 665 m langen Rheinterrasse, die die Stadt wieder mit den Rheinauen vereinen sollte. Im Jahr 2013 erhielt das Büro den Zuschlag für die Gesamtplanung des rund 27 ha grossen Geländes.
Eine Oase zum Entspannen – inmitten der quirligen Zähringerstadt
Im Biergarten am See lässt es sich unter dem Schatten spendenden über 100-jährigen Kastanienhain verweilen. Der neu gestaltete Stadtpark am Wuhrloch ist nun ein Ort zum Entspannen und Genies sen und ein Treffpunkt für Gross und Klein. Der Stadtpark, der aufgrund eines Geländesprungs rund 15 m unterhalb der Innenstadt liegt, war in die Jahre gekommen. Hier fanden sich einst unansehnliche Nachkriegsbauten, in denen die Vereine der Stadt ihren Sitz hatten – um die Anlage toste der Strassenverkehr. Das Herzstück des Stadtparks bildet eine grosse Spiel- und Liegewiese. Ein neuer Uferweg führt über eine Sitzstufenanlage an das Gewässer. Der Blick fällt auf einen sanft in den See plätschernden Bach. Die Sohle und das Ufer des Klemmbaches waren einst komplett mit Pflastersteinen versiegelt. Mit der Renaturierung wurde der lineare Verlauf des Baches aufgebrochen, der Streckenverlauf verlängert und eine kleine Insel geschaffen. Ein neuer Geh- und Radweg, der die Lücke eines überregionalen Radweges schliesst, verbindet nun die Stadt mit dem Land – den Rheingärten.
Die Rheingärten
Ein buntes Blütenband führt die Besucherinnen und Besucher der Landesgartenschau vom Stadtgarten am Wuhrloch in die Rheingärten. Es ist eine prächtige Rheinterrasse mit blühenden Rabatten und berankten, lauschigen Laubengängen mit unzähligen Sitzmöglichkeiten. Drei aufwendig gestaltete Gärten zu den Themen «Zähringerstadt», «Rhein» und «Schwarzwald» zieren die 665 m lange und 35 m breite Parkpromenade. Auf dem 1365 m² grossen Erlebnisspielplatz gilt es für die kleinen Besucherinnen und Besucher der Landesgartenschau, ganz nach dem Motto «Entdecke unsere Region» einen nachgebauten Feldberg zu erklimmen, einmal auf die Kuckucksuhr zu klettern oder sich zwischen Weinstöcken entlangzuhangeln. Eine Rast lässt sich im Schatten der alten Obstbäume inmitten der Rheinwiesen einlegen. Daneben finden regionale Aussteller wie Imker und Winzer sowie Betriebe des Verbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (VGL) und der Genossenschaft Badischer Friedhofsgärtner eG ihren Platz. Die Fachleute der Grünen Branche präsentieren unter dem Motto «Gärten in Rheinkultur» acht erlebnisreiche Schaugärten. Darunter der Schaugarten der Firma Hügel mehr Garten GmbH aus Rümmingen (www.huegel-gartenbau.de), der auf zwei Etagen mit einer Feuerstelle im Senkgarten und einem gemütlichen Sitzplatz mit angrenzendem Wintergarten und Pool begeistert. Einen besonderen Bauerngarten und zwei neue Projekte stellen die Fachleute aus neun regionalen Friedhofsgärtnereien und Steinmetzunternehmen vor: die Bestattung im Bauerngarten und die Mensch-Tier-Bestattung. Die überaus positive Resonanz des Landesgartenschaupublikums zeigt: Sie treffen den Puls der Zeit, in der althergebrachte Traditionen und Strukturen von individuellen Lebensentwürfen überlagert werden und so auch zu einem Wandel in der Friedhofs- und Bestattungskultur führen.
Eine Stadt geht zum Rhein
Gemütlich lässt es sich von den Rheinwiesen zu der einzigartigen Flusslandschaft flanieren. Noch vor zehn Jahren war das Gelände bewaldet und nur selten kam es vor, dass sich eine Neuenburgerin oder ein Neuenburger hierher an den Rhein verirrte. Es war das der Gartenschau vorgeschaltete integrierte Rheinprogramm (IRP) des Landes Baden-Württemberg, das den Beginn der Umgestaltung des Rheinufers einläuten sollte. Das IRP dient dem Schutz vor Hochwasser unter der Nutzung der renaturierten Auenlandschaft als Rückhalteraum für steigende Wassermassen. Das Freiburger Büro «AG Freiraum» erhielt den Zuschlag für die Massnahme, pflanzte Bäume, schuf Retentionsflächen und Aufenthaltsbereiche und öffnete damit das am Rhein gelegene Areal für die Landesgartenschau. Die Rheinauen bieten heute ein einzigartiges Naherholungsgebiet, das den Rhein für die Neuenburgerinnen und Neuenburger sowie die Gäste der Gartenschau zugänglich und erlebbar macht. |
Rheinschauen – die Landesgartenschau in Neuenburg (D)
Dauer: 22. April 2022 bis 3. Oktober 2022
Eintrittspreise: Tageskarte 19 Euro, Dauerkarte 130 Euro. Die Kassen sind täglich von 10 bis
19 Uhr geöffnet. Einlass mit
Ticket bis 20 Uhr.
Weiterführende Informationen: www.neuenburg2022.de
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