D ie Knappheit des freien Raums, der ein Garten sein könnte, bewirkt in manchen Regionen und Städten eine Wiederbelebung des Kleingarten-Gedankens, der lange Zeit eher als spiessig galt. Heute gibt es gerade junge Familien, die sich um einen Schrebergarten bemühen, um für sich und ihre Kinder private, geschützte Aufenthalts- und Spielräume im Freien, in einer der Natur nahen Umgebung zu nutzen.
Urban Gardening auf kleinstem Raum zwischen Fussweg und Strasse oder gar als temporäre Gärten sind in aller Munde, seien es Baulücken in Manhattan, die liebevoll angelegt werden, kleinste, von Nachbarn genutzte Gärten in der Innenstadt von Paris oder die bekannten «Prinzessinnengärten» in Berlin-Mitte. Dort wachsen Gemüse – weit mehr als 80 Kartoffelsorten – und Kräuter in alten Reissäcken oder Kisten, da der anstehende Boden nicht bepflanzt werden darf.
Das subversiv anmutende und Abenteuer versprechende «Guerilla Gardening« mit den sogenannten Samenbomben hat so manchen Grossstädten mehr Spontaneität und Lebendigkeit verliehen. Kein Wunder, denn die Städte gleichen zunehmend Strassen- und Steinwüsten und auch in den Randlagen haben die Grundstücke der neuen Einfamilienhäuser heute ein eher bescheidenes Ausmass.
Es braucht seine Zeit
Umso wichtiger ist es, sich intensiv mit der Frage der Gestaltung dieser kleinen Räume zu befassen. Der Raum ist beschränkt und jeder Zentimeter sollte geschätzt und genutzt werden. Ein kleiner Gartenraum ist meist auf einen Blick erfassbar; er wird als Ganzes wahrgenommen. Ihn zu planen, braucht Zeit und viel Nachdenken, Fehler werden nicht so schnell verziehen.
Die Lichtverhältnisse und die Lage des Gartens sind feste Grössen, die bei einer Planung Beachtung finden müssen. In einem schattigen Nordgarten wird sich kaum ein mediterranes Flair realisieren lassen. Die Bodenverhältnisse sind zwar für die Pflanzplanung wichtig, lassen sich aber in einem kleinen Garten verändern oder verbessern. Doch bevor es ins Detail geht, gilt es, grundsätzliche Fragen zu klären:
Welche Beziehungen gibt es zwischen dem Innen- und dem Aussenraum? Wie und von wem wird der Garten hauptsächlich genutzt? Möchte ich ein Wohn- oder Esszimmer im Freien, eine grüne, ruhige Rückzugsoase, einen Spielbereich, einen ganz privaten, geschützten oder aber einen geöffneten Raum? Welchen Stil oder Charakter soll mein Garten haben? Gibt es ein übergeordnetes Thema, das die Planung leiten kann? Welche Stimmungen sollen zum Tragen kommen und mit welchen Mitteln können sie umgesetzt werden?
Weniger ist mehr
Die Gestaltungselemente sollten zueinander passen, ebenso zur Wohnung oder zum Haus wie auch zu den Menschen, die in ihnen leben. Es empfiehlt sich immer, zwei Blickrichtungen im Auge zu haben: Der Blick aus dem Haus in den Garten und umgekehrt vom Garten zum Haus, damit beides zu einer Einheit werden können, besondere Elemente in den Fokus rücken oder anderes verdeckt werden kann. In einem kleinen Garten sollten Reduktion und Beschränkung wichtige Massstäbe sein! Ein Zuviel an unterschiedlichen Formen, Linienführungen, Pflasterbelägen, Gartenmöbeln, Deko, Pflanzen und Farben können überladen und unstrukturiert wirken und den Raum noch kleiner erscheinen lassen.
Wenn entschieden ist, welchen Charakter der Garten haben soll, dient ein massstabsgerechter Grundriss als Planungshilfe, um zu einer Formgebung zu kommen. In einem kleinen Garten empfiehlt es sich grundsätzlich, Formen zu wählen, die sich wiederholen und eine Einheit bilden, je nach Thema aber sehr unterschiedlich sein können.
Ein Gartenthema finden
In einem eher naturnahen Garten können Wegeführung und Terrasse in organischen Formen angelegt werden. Ein formaler, moderner Garten zeichnet sich durch klare Linienführung aus. In einem asiatisch inspirierten Garten haben Stein, Kies, Bambus und Azaleen eine Bedeutung. Ein Bauerngarten spielt mit geometrischen Formen wie Kreis und Wegekreuzungen. In einem mediterranen Garten, der einem gepflasterten Innenhof gleicht, sorgen Pflanzen in Töpfen für die entsprechende Atmosphäre. Zugleich können hohe Mauern als Begrenzung für Schutz und Abgeschiedenheit sorgen. Hingegen könnte auch nur der Sitzplatz von Mauern oder schmalen Hecken eingefasst werden, während im übrigen Gartenbereich eine gewisse Offenheit belassen wird, indem Übergänge in Nachbargärten fliessend gehalten sind, Heckenelemente oder platzsparende Spaliergehölze hier und da einen Durchblick ermöglichen. Man «borgt» sich den Garten aus der Nachbarschaft, sodass der eigene Garten grösser wirkt, oder nutzt ihn vielleicht sogar gemeinsam.
Die Pflanzen machen den Garten zum Garten
Reduktion und Zurückhaltung sind auch bei der Pflanzenauswahl ein wichtiges Thema. In einem kleinen Garten sind einfach nicht alle Lieblingspflanzen unterzubringen, sonst würde ein heilloses Durcheinander entstehen. Formen, Geräusche, Düfte und Farben werden in einem kleinen Garten oft intensiver wahrgenommen und sollten deshalb sorgfältig geplant sein.
In der kalten Jahreszeit, wenn der Garten kaum genutzt wird, rücken winterblühende Gehölze wie Winterjasmin oder Duftschneeball in den Fokus, wenn sie vom Haus aus gesehen werden können. Ein gewisser Anteil an immergrünen Pflanzen sorgt auch im Winter für bleibende Strukturen. Diese Funktion übernehmen durch Habitus und Astwerk aber auch Laub- und Formschnittgehölze. Diewechselnden Jahreszeiten sollten in einem Garten zur Wirkung kommen. Rinde, Austrieb, Blüten, Beerenschmuck und Blattfärbung von Laub abwerfenden Gehölzen können auch auf kleinem Raum über viele Monate für Abwechslung sorgen. Es eignen sich kleinkronige oder säulenförmige Bäume (z. B. Sorten von Zierkirsche, Zierapfel, Vogelbeere, Kleeulme, Weidenblättrige Birne), die nicht zu viel Platz brauchen und den Garten stärker als Raum wahrnehmen lassen. Allein mit dem Thema Farbe kann man sich endlos beschäftigen. Ihre Wirkungen sind recht unterschiedlich: Weiss erscheint elegant, Gelb wirkt fröhlich, Blau vermittelt Tiefe, Rot schiebt sich in den Vordergrund, Grau schimmert kühl, Grün beruhigt.
Zwischen öffentlich und privat
Nicht zu vergessen für das Wohlfühlen im urbanen Raum ist die Bedeutung von kleinen Vorgärten. Sie sind ein Zwischenraum, privat und doch öffentlich wirksam. Manche Menschen mögen es nicht, sich darin wirklich aufzuhalten, doch könnte man hier sehr wohl – bei angenehmer Nachbarschaft und wenig Verkehrsaufkommen – die Morgen- oder Abendsonne geniessen. Dafür reichen vielleicht schon die Treppenstufen, ein kleiner Platz für einen Stuhl oder eine Bank. Zudem verändern interessant gestaltete Vorgärten das Bild des gesamten Strassenraumes. Selbst wenn wenig offener Boden besteht, bereichern Topfarrangements, Fassadenbegrünung, die Betonung von Fenstern, Hauseingängen und Treppenstufen das Bild. Die durchdachte Gestaltung kann wie ein Willkommensgruss oder eine Einladung wirken. Vorgärten müssen nicht durch hohe Mauern, Hecken oder Zäune eingegrenzt werden, sie können sich gern etwas mehr Offenheit erlauben. Auch eine Natursteinreihe oder eine kleine Buchsbaumhecke kann den Raum einfassen und trotzdem eine gewisse Privatheit betonen, ohne dass der Blick beschränkt und der Raum optisch verkleinert wird. Eine Bepflanzung mit einem kleinkronigen Baum oder kleinen Gehölzen und Stauden können für Lebendigkeit und Abwechslung sorgen und die urbane Umgebung in den Hintergrund treten lassen.
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