Bischofszell, die Nachbargemeinde von Hauptwil, ist auf der Landkarte der Rosenliebhaber ein fixer Punkt. Daran möchte die Besitzerin von Schloss Hauptwil, die di Gallo Gruppe, anknüpfen und im Kanton Thurgau einen Rosengarten mit überregionaler Ausstrahlung realisieren. In Ergänzung zum vom Büro Pflanzwerk erarbeiteten Plan, der die Rekonstruktion des Parterres nach Plänen aus dem Staatsarchiv Thurgau vorsieht, wurden im Rahmen des Studienprojektes weitere Gestaltungsideen ermittelt.
Der Kontakt ist durch Lehrgangsteilnehmer Ernst Biere hergestellt worden, der als Inhaber der Gartenbaufirma und Spezialitätengärtnerei Bieri, Münchwilen, in das Projekt involviert war. Das um 1664 von der Kaufmannfamilie Gonzenbach erbaute Schloss wechselte im Laufe seiner Geschichte mehrmals die Besitzer und wird nun als Wohn- und Pflegeheim für Menschen mit psychosozialen Beeinträchtigungen genutzt. Vor diesem Hintergrund galt es für die 18 Lehrgangsteilnehmerinnen und -teilnehmer, ein Konzept für einen Rosengarten zu erarbeiten, das die Sprache und die Geschichte des Ortes aufgreift.
Recherchen über Rosen
Die Projektaufgabe wurde im Oktober 2015 abgegeben, und im Anschluss daran wurden in Zweiergruppen die Grundlagen erarbeitet. Eine Gruppe befasste sich mit der Rose in der Kulturgeschichte, vier Gruppen erarbeiteten Bereiche zur Klassifizierung der Rosen von den einmalblühenden Alten Rosen über Wildrosen, Tee-Hybrid-Rosen, die Englischen Rosen bis hin zu den Wilden Kletterrosen und ihren Hybriden. Der Bogen spannte sich weiter über Rosenbegleitpflanzen, Rosenpflege sowie Rosenzüchtungen und Rosengärten in Europa. Den gartengeschichtlichen Hintergrund vermittelte Gabi Lerch, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für Technik Rapperswil und Dozentin für Gartengeschichte im Lehrgang Gestalten mit Pflanzen. Die Ergebnisse der Gruppenarbeiten wurden der Klasse präsentiert. Als Vorbereitung auf die Schlusspräsentation vor der Fach-
jury war eine zweieinhalbtägige Schulung in Rhetorik und Kommunikation mit Kommunikationstrainer Raymond Fein, Netzwerkpartner Kissling-Institut, Dinhard und Zürich, in das Projekt integriert.
In Einzelarbeit erstellten die Teilnehmenden von Ende Januar bis Ende Mai ein Konzept, einen Präsentationsplan (mit Perspektive, Schnitt, Blütenabfolge) sowie einen Pflanzplan.
Halbzeit des Lehrgangs
Der Zeitpunkt der Schlusspräsentation Anfang Juli auf Schloss Hauptwil fiel mit der Halbzeit des über drei Jahre laufenden berufsbegleitenden Lehrgangs am Oeschberg zusammen, der nebst dem projektorientierten Unterricht eine Vielzahl von Exkursionen und Studienreisen umfasst. Der Lehrgang wird mehrheitlich von Selbstständigerwerbenden GaLaBauern oder Kadermitarbeitenden in GaLaBau-Betrieben besucht, die sich durch Gestaltungskompetenz in der Pflanzenverwendung abheben möchten. Maja Tobler, Landschaftsarchitektin mit eigenem Planungsbüro, die die Leitung von ihrem Vorgänger Ueli Zollinger übernommen hat, legt denn auch den Schwerpunkt auf die gestalterische Umsetzung des im Lehrgang vertieften Pflanzenwissens. Im Vordergrund steht der Gestaltungsprozess. Wie lässt sich eine auf den Ort und die Aufgabe bezogene angemessene Formensprache finden? Was ist der Leitfaden einer Gestaltung? Das sind grundlegende Fragestellungen, die von Projekt zu Projekt kreative Antworten erfordern.
Feedback-Kultur: aus Zustimmung wie aus kritischen Voten lernen
Selbst die beste Idee und das durchdachteste Konzept verlieren ihren Wert, wenn sie nicht kommuniziert werden können. Hier kommen Präsentationstechnik und Rhetorik zum Zug. In Vorträgen à zehn Minuten galt es, die Fachjury mit Benjamin di Gallo (Bauherr), Bernhard Bischof (OK-Präsident Bischofszeller Rosen- und Kulturwoche), Martin Kyburz (Mitarbeiter Büro Pflanzwerk) und die Dozierenden von den Gestaltungsabsichten zu überzeugen. Für die anschliessende Fragerunde waren ebenfalls zehn Minuten reserviert.
Die Auseinandersetzung mit den Projekten lässt erkennen, wie etwas gemacht ist. Welche Mittel wurden angewandt? Was kann ich selbst übernehmen? Die im Lehrgang gepflegte Feedback-Kultur ermöglicht die Selbsteinschätzung. «Gestaltung bedeutet kommunizieren. Es ist immer eine Botschaft dahinter», kommentierte Tobler etwa den Vorschlag, den Garten mit einer 5 m hohen Hecke abzuschirmen. «Wo ist im Vergleich zu den bestehenden Rosengärten das Alleinstellungsmerkmal?», wollte die Lehrgangsleiterin bei einem weiteren Projekt wissen. Wohlklingende Projekttitel wie «Rosenparadies» und «Duftoase» geben eine Ahnung von der Vielfalt und Üppigkeit, die Einzug halten soll auf Schloss Hauptwil. Einen Duftgarten mit Schwerpunkt Rosen, kombiniert mit weiteren Gattungen, die viele Duftpflanzen beinhalten, stellte Stefan Ebnert vor. Der an die Formensprache des Barock angelehnte Senkgarten wirkt als Duftfänger und dient als Lärmschutz gegenüber der stark befahrenen Strasse. So wird die für das Konzept des «Wohlfühlgartens» essenzielle Stille geschaffen. Das Konzept fand Anklang. «An der Dramaturgie arbeiten, Überraschungsmomente einbauen, z. B. durch einen Stinkgarten», konnte der Referent als Anregungen mitnehmen.
Herzstück im Konzept «Wandel der Zeit» von Marco Pfiffner ist der Wechsel von den alten Sorten hin zu den neuen Sorten. Mit der Begleitpflanzung wird aufgezeigt, «dass sich nicht nur mit Blüten viel bewirken lässt». Pflanzen, die den Tast- und Geruchssinn ansprechen, werden im «Garten der Sinne» präsentiert. Die überregionale Ausstrahlung bezieht das Konzept durch die Vielfalt historischer Rosensorten. Dem Projekt wurde ein Potenzial attestiert, auf dem der Bauherr aufbauen kann. Einen englischen Rosengarten von der Geschichte in die Moderne präsentierte Steven Eitner. Nach einem feinnuancierten Farbverlauf werden die Rosen in offenen und geschlossenen Gräserbändern angeordnet. Lavendelfelder nehmen das Farbkonzept auf und schaffen einen Wolkeneffekt, eingestreut sind Säulen- und Kugeleiben. «Das Projekt zeugt von einem reflektierten Umgang mit der Ausgangslage und überzeugt von der Idee über die Gestaltung bis hin zur Präsentation», befand die Jury.
Kommunikationstrainer Raymond Fein zeigte sich überzeugt vom hohen Engagement jedes Einzelnen sowie dem sprachlichen Niveau der Präsentationen. Inhalt und Form der Präsentationen wurden nach einem Raster bewertet. Offensichtlich sind die Teilnehmenden zur Halbzeit des Lehrgangs gut unterwegs.
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