Die Gestaltung des Parks versteht sich als die Verwebung zweier Themen, die den Killesberg prägen: von Menschen bearbeitete Steinbrüche als harte Topographien und weiche, naturnahe Landschaft. Die schroffen, karstigen Formen des ehemaligen Steinbruchs verändern sich im Laufe der Jahre und entwickeln sich zu einer weichen Landschaft, die mit Erde und Grün überzogen ist. Es entsteht nach und nach eine weiche Topographie aus Rasenkissen.
Spiel mit der Wahrnehmung
Beim Durchwandern des Parks lassen die bewegte Topographie und die versenkten Wege eine Vielzahl unterschiedlicher Perspektiven entstehen. Die Verfremdung der gewohnten Umgebung durch die Anhebung der Topographie und dazwischen eingeschnittene Wege erzeugen ein überraschendes Spiel mit der Wahrnehmung von Raum und dem menschlichen Massstab.
Der Bezug auf die soziale und naturräumliche Vergangenheit des Orts in Form von Neuinterpretation des Themas Steinbruch, Wellen, Wildnis ist ein Aspekt zukunftsorientierter Gestaltung, das Auslösen neuer Sinneseindrücke mithilfe von Überformung gewohnter Sichtweisen ein anderer. Die Offenheit des Konzepts ermöglicht eine Reaktionsfähigkeit auf die Entwicklung und Strukturierung des Veränderungsprozesses des neuen Quartiers und des Ökosystems auf dem Parkgebiet.
Nachhaltigkeit und Ökologie
Zentral ist auch das Thema der nachhaltigen und ökologischen Entwicklung. So werden Flachdächer und Fassaden der näheren Umgebung wenn möglich begrünt und die anfallenden Dachwasser in einer Zisterne im bestehenden unterirdischen Messegebäude gesammelt, in den See abgeführt und wieder in den Wasserkreislauf eingespeist. Die 3600 m3 fassende Zisterne ist ein Relikt des Untergeschosses der alten Messehalle 5, das statisch gesichert und abgedichtet wurde. Die Rasenkissen bilden durch ihre unterschiedlichen kleinklimatischen Bedingungen Lebensräume für unterschiedliche Flora und Fauna.
Grüne Fuge und rote Wand
Durch Rasenkissen mit einer Höhe von maximal 95 cm, die durch Ansaat von Wildblumenwiesen je nach Jahreszeit unterschiedlich blühen, führen die beiden Rahmenwege von Nord nach Süd hinunter zum neu angelegten Natursee. Ein Wasserlauf, in den die Dachwasser der neuen Bebauung eingespeist werden, durchfliesst die grüne Fuge und mündet im See. Wasserdurchlässige Wege durchziehen den Park und laden ein zum Flanieren und Entspannen. Im Westen entsteht ein Hain aus gemischten heimischen Laubbäumen als räumliche Kante zur Bebauung der angrenzenden neuen Wohnbebauung. Lockere Gruppen von Obstbäumen im Osten gewähren den Blickbezug zum Killesbergpark.
Die rote Wand wurde im Teilbereich der ehemaligen Aussichtskanzel wieder freigelegt. Die Felswand bildet den räumlichen Abschluss und in ihrer Massivität und Kantigkeit den Kontrast zur Weichheit der Hügellandschaft. Vor der Wand zieht sich ein Band mit verschiedenen Stauden, Sträuchern und Gräsern entlang und bildet in seiner Farbigkeit einen zusätzlichen Blickfang als Hintergrund für das gesamte Parkgelände. In einzelnen dieser farbigen Gärten befinden sich zudem Spielangebote. Auch hier dienen Obstbäume und heimische Gehölze als Rahmenpflanzungen und einzelne Blickpunkte.
Spielen im Park
Der Park kann als grosser Spielplatz verstanden werden. Rennen und Hüpfen auf dem Wegenetz und über die bewegte Landschaft übt eine grosse Faszination für Kinder aller Altersgruppen aus. Neben diesem flächenübergreifenden Spielangebot kann auf den Rasenkissen, die in grossen Teilen die Fläche von Kleinspielfeldern aufweisen, Ball, Federball, Frisbee u. a. gespielt werden. Der Wasserlauf mit seinen unterschiedlichen Aufweitungen und Fliessgeschwindigkeiten übt eine weitere Faszination auf Kinder aus.
Projektdaten
• Entwurf: ARGE Zukunft Killesberg; Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten GmbH
• Ausführung: Pfrommer+Roeder Landschaftsarchitekten
• Planungs- und Bauzeit: 2008 bis 2012; Baustart ab 2009 mit dem Abriss der Messehallen
• Auftraggeber: Stadt Stuttgart
• Fläche: ca. 10 ha
Ein Blick zurück
Die Geschichte des Höhenparks Killesberg hat ihren Ursprung in der industriellen Nutzung des Areals als Steinbruch. Bekannt als «Stuttgarter Werkstein» wurde der Schildsandstein lange Zeit intensiv abgebaut und hinterliess eine schroffe künstliche Topographie wie eine offene Wunde in der Landschaft. Zeugnis davon gibt heute noch die «rote Wand», deren leuchtend roter Sandstein eine sichtbare Abbruchkante markiert.
1939 bewarb sich die Stadt Stuttgart für die Reichsgartenschau mit dem visionären Gedanken, das Areal zu sanieren, zu integrieren und mit einem Verkehrskonzept und landschaftsplanerischer Neuordnung der Bevölkerung als Grünraum zugänglich zu machen. Von Hermann Mattern konzipiert, gilt der Park bis heute als einziges gut erhaltenes Beispiel für die Gartenbaukunst der 1930er- Jahre mit einem ausgeklügelten Konzept zum Erhalt der Grundstrukturen der Landschaft und mit wechselnden Sichtachsen und Ausblicken. Die Bedeutung der Parkanlage als Naherholungsort für die Bevölkerung wird sichtbar in den Bemühungen, den Höhenpark Killesberg unter Denkmalschutz zu stellen, zu einer Zeit als das Gartendenkmal noch gar kein Bestandteil des Denkmalschutzgesetzes war.
Die Erweiterung des bestehenden Höhenparks Killesberg wurde möglich durch den Abriss des Messegeländes, das diesen bislang nach Süden begrenzte. Arge Zukunft Killesberg
Kommentare und Antworten