Folgt man den Ausführungen der Referenten, so ist unter dem Vorzeichen des Klimawandels Artenvielfalt die Strategie für widerstandsfähige und nachhaltige Pflanzungen. Dies wurde aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet. Als Ersatz für die ausgeräumte Landschaft empfahl Peter Lüthi ein Mosaik von Lebensräumen (vom Wasser- bis zum Trockenbiotop) im Siedlungsraum, das mit seiner Vielfalt an Wildblumen und ganzjähriger Blütenpracht den Insekten Nahrung bietet.
Artenvielfalt bedeutet auch Risikostreuung. Anstelle von Monoalleen und Monohecken treten Mischpflanzungen. So wird eine Allee oder eine Hecke nicht gleich ihrer Funktion beraubt, wenn eine einzelne Art ausfällt. Dieser Aspekt bestimmte die Empfehlungen zum Sortiment der Baumschule Hauenstein und wurde auch von Dr. Philipp Schönfeld von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) vertreten. Aus erster Hand konnten sich die Teilnehmenden beim Leiter des Forschungsprojektes «Stadtgrün 2021» über den aktuellen Stand informieren. Bis zum Jahr 2021 wird an drei Standorten in Bayern geprüft, welche der für den Versuch gewählten 20 Baumarten dem prognostizierten Klima in den Städten standhalten. Darunter finden sich drei in Mitteleuropa heimische Arten (Acer monspessulanum, Carpinus betulus ‘Frans Fontaine‘, Ulmus ‘Lobel ‘), Gehölzarten aus dem süd- und südosteuropäischen Balkangebiet sowie aus Asien und Nordamerika.
Mischwald in die Stadt holen
Wie Schönfeld erläuterte, steht es in den Städten schlecht um die Gehölzartenvielfalt. Aus dem Sortiment der 100 von der Gartenamtsleiterkonferenz (GALK) empfohlenen Baumarten werden nur sieben bis acht Arten verwendet, davon am häufigsten Acer, Tilia und Fraxinus. Sie haben einen Anteil von 80 % am Strassenbaumbestand in Deutschland. Anstelle der derzeitigen Perspektive von zehn Jahren, forderte der Referent für nachhaltige, klimawirksame Strassenbaumpflanzungen eine Lebensdauer von 40 Jahren. Der Forschungsleiter empfahl, «Mischwald in die Stadt zu holen».
Gewinner und Verlierer
Schönfeld erläuterte am Beispiel von Wetterereignissen, wie sich einzelne Baumarten unter den klimatisch unterschiedlichen Bedingungen bewährten. Die Hitze- und Trockenresistenz steht im Fokus am Versuchsstandort Würzburg. Teststandort für Frosttoleranz ist Hof/Münchberg mit kontinentalem Klimaeinfluss. Kempten weist ein gemässigtes niederschlagsreiches Voralpenklima auf. Zu Versuchsbeginn 2010 gab es kalte Winter. Von den Frostschäden wieder erholt hat sich Sophora japonica. Beim Barfrost 2012 in Hof, mit Temperaturen unter -25 ° C und bis in einen Meter Tiefe gefrorenem Boden, «war Celtis australis weggefroren». Keine Ausfälle gab es hingegen bei Acer monspessulanum.
Trocken- und Hitzeschäden traten bei Parrotia persicaria auf. «Ganz starke Trockenheit verträgt sie offenbar nicht», kommentierte Schönfeld. Nicht so trocken- und hitzeresistent wie angenommen, ist zudem Liquidambar styraciflua, wie 2015 und 2018 beobachtet wurde. Magnolia kobus tut sich am heissen Standort Würzburg schwer und wächst im kalten Hof am besten. Das Gegenteil ist bei der Hopfenbuche (Ostrya carpinifolia), einer Verwandten der Hainbuche, der Fall. Sie fühlt sich am wohlsten im heissen Würzburg. Das gilt auch für Zellkova serrata ‘Green Vase‘. Als Strassenbaum ist sie nur bedingt geeignet, weil beim Aufasten ein Drittel der vasenförmigen Kronenform entfernt wird.
Im Sommer 2018 wurden Streusalzschäden beobachtet. Auch dies eine Folge der Trockenheit. Das Salz gelangte durch die Verdunstung im Boden nach oben. Mit Hitze und Streusalz schlecht zurecht kommt Acer buergerianum. Hinzu kamen Stammrisse. Diese Ahornart aus den Bergwäldern Japans scheidet laut Schönfeld als Strassenbaumart aus. Eine «Universalbaumart», die sich an den drei Standorten gut machte, ist Alnus x spaethii. Wie er erwähnte, strich die Stadt Zürich die Purpurerle jedoch von ihrer Strassenbaumliste, weil sie die Saison für Allergiker verlängert. Auch Ulmen (Ulmus ‘Lobel‘) stehen an jedem Standort auf der vorläufigen Best-of-Liste. «Trauen Sie sich, wieder Ulmen zu pflanzen», ermunterte Schöndorf die Pflanzenverwender.
Wie er betonte, wird sich jedoch keine für sämtliche Standorte taugliche Baumart finden lassen. Auch sind nicht alle vielversprechenden Arten auf der Versuchsbaumliste. Ein Teilnehmer vermisste z. B. Quercus pubescens, die im Wallis gut gedeiht. Wie Schönfeld einräumte, hätte sie durchaus einen Platz verdient. Aus Budget gründen war die Anzahl der Versuchsbaumarten beschränkt. Arten, die bekanntermassen im prognostizierten Stadtklima gut gedeihen wie Acer campestre, stehen ebenfalls nicht im Versuch. Der Referent gab sich zuversichtlich: «Wenn wir tiefer ins Sortiment einsteigen, finden wir Arten.» So wurden bei der Versuchserweiterung 2015 zehn Arten, darunter Acer opalus, Acer rubrum ‘Somerset’, Juglans nigra, Sorbus latifolia ‘Henk Vink‘ und Ulmus ‘Rebona‘ hinzugenommen. Schönfeld berichtete zudem von einer Masterarbeit an der Universität Würzburg, die untersucht, ob sich auf heimischen Baumarten eine höhere Artenvielfalt einstellt als auf Arten anderer Herkunft. Die Auswertungen ergaben bislang keinen Unterschied. Als Lebensraum schnitten Pflanzstreifen besser ab als Einzelbaumgruben.
Bestenliste des Baumschulisten
Beim Rundgang durch das Baumschulquartier gab Produktionsleiter Hans-Ruedi Weber seine Erfahrungen weiter. Schönfelds Empfehlung, Resista-Ulmen zu verwenden, kann er nur unterstreichen. Noch ist die Nachfrage für die robusten, rasch wachsenden Gehölze bescheiden. Die Blüteneschen (Fraxinus ornus) sind auch im fünften Standjahr vom Eschentriebsterben verschont geblieben. Als Ersatz für Robinien empfiehlt Weber den Leberhülsenbaum (Gleditsia triacanthos ‘Skyline‘). Sehr robust zeigen sich der Europäische Zürgelbaum (Celtis australis) und der amerikanische Zürgelbaum (Celtis occidentalis). Der Schneeball-Ahorn (Acer opalus), der im Jura wächst, kommt ebenfalls infrage. Beim «Superbaum» Parrotia persicaria, dem Persischen Eisenholzbaum, macht auch Weber Abstriche, was die Trockenverträglichkeit anbelangt. Skeptisch ist er in Bezug auf die Eignung von Carpinus betulus ‘Frans Fontaine‘. Gut macht sich die Hopfenbuche (Ostrya carpinifolia). Zu den Favoriten zählt Weber die Zerreiche (Quercus cerris). Positiv entwickelt sich zudem die Traubeneiche (Quercus petraea). Nicht unerwähnt blieb der Eichenprozessionsspinner. Ob sich die Raupen, die durch ihre giftigen Haare schädlich für den Menschen sind, in der Schweiz massiv vermehren, lässt sich nicht sagen. Wäre bei der Silberlinde (Tilia tomentosa) nicht die Sortenechtheit ein Problem, so stünde auch sie auf der Bestenliste des Baumschulisten ganz oben.
Stress durch Trockenheit und die Folgen
Thuja ist zwar weit verbreitet, doch längst nicht bei allen beliebt. Derzeit fällt Thuja vor allem durch die Schäden auf, die sich landauf landab beobachten lassen. Von braunen Stellen über grossflächige Braunfärbungen in Hecken bis hin zum Ausfall ganzer Pflanzen lässt sich alles feststellen. Baumschulberater Dirk Leistikow distanzierte sich vom «Thuja-Bashing». Er gab Hinweise zu den Ursachen der Schäden, die im Kundengespräch nützlich sind. Die Not der Thuja, so der Referent, erklärt sich durch die Bedingungen im Orginalwuchsgebiet. Thuja kommt aus dem südöstlichen Kanada und dem nordöstlichen Teil der USA. Der jährliche Niederschlag ist in Montreal (1100 mm) doppelt so hoch wie in Zürich (580 mm). Durch anhaltende Trockenheit wird Thuja stark geschwächt. «Neun von zehn Thuja-Problemen sind auf Trockenheit zurückzuführen», erklärte der Baumschulberater. Dadurch wird Thuja anfällig für Pilzkrankheiten und Schädlinge.
Grössere braune Flecken sind ein Hinweis auf Schildlausbefall. Die Nadeln im Inneren der Thuja verfärben sich gelb und fallen ab. Die Thuja-Miniermotte ist zwar heute unbedeutend, hingegen häuft sich der Befall durch den Thuja-Borkenkäfer. Ein Indiz sind massive braune Verfärbungen einzelner Triebe im ansonsten vitalen Bestand. Ein weiterer Schädling ist der metallisch grün gefärbte Wacholder Prachtkäfer. Er bringt Äste oder ganze Pflanzen zum Absterben. Pilzliche Krankheiten treten vor allem am jüngsten Nadeljahrgang auf. Der Baumschulberater empfahl, das Wasserdefizit der Thuja auszugleichen und mittels Tropfschlauch tiefgehend zu wässern, und zwar einmal pro Woche während fünf Stunden!
Auf Alternativen setzen
«Wie es mit Thuja weitergeht, wissen wir nicht. Alternativen gibt es genügend», sagte Tagungsleiter Rainer Marxsen, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Hauenstein AG. Auch bei Neophyten mit invasivem Potenzial setzt die Baumschule auf Ersatz. Weber riet Cupressocyparis ‘Cast Gold‘ anstelle von Thuja zu verwenden. Aus dem Repertoire an Heckenpflanzen schlug er die Ölweide (Eleagnus ebbingei) als Alternative zum Kirschlorbeer vor. Die Portugiesische Lorbeerkirsche (Prunus lusitanica ‘Angustifolia‘) ähnelt dem Kirschloorbeer. Als immergrüne Heckenpflanze wurde zudem Photinia fraseri ‘Red Robin‘ empfohlen. Auch als Hecke ist der Feldahorn (Acer campestre) sehr robust. Sein starkter Wuchs erfordert zwei Schnitte pro Jahr.
Wieder mehr Beachtung finden sollte nach Einschätzung des Produktionsleiters die Grossblättrige Berberitze (Berberis julianae). Das gilt auch für die Kornelkirsche (Cornus mas). Sowohl für frei wachsende als auch geschnittene Hecken eignet sich die Duftblüte (Osmanthus burkwoodii). Kurznadlige dunkelgrüne Hecken, so der Tipp von Weber, lassen sich am besten mit der Taxus-Sorte ‘Overeynderi‘ anlegen. Im Gegenzug animierte Weber die Pflanzenverwender, Mischhecken zu pflanzen. Sie bereichern nicht nur die Gestaltung, sondern sind, wie eingangs erwähnt, eine Versicherung gegen unvorhersehbare Ausfälle.
Der profunde Pflanzenkenner stellte in einem weiteren Kurzvortrag weniger verwendete Kleingehölze vor, wie sie für mobiles Grün auf Terrassen und Plätzen sowie in Rabatten gefragt sind. Aus der Palette der rund 30 Arten herausgegriffen, seien die Zistrose aus dem Mittelmeerraum (Cistus salviifolius), der einheimische Ginster (Genista germanica) und die als Ersatz für den Schmetterlingsflieder gepriesene Lagerstroemia (in den Sorten ‘Tuscarora‘ und ‘Whit II‘) sowie «der Favorit für Duft» – die Zimtrose (Philadelphus ‘Little White Love‘).
Staudenmischpflanzungen und Blumenzwiebelmischungen
Mit Staudenmischpflanzungen und den Blumenzwiebelmischungen von Green Pflanzenhandel komplettiert die Baumschule ihr Vollsortiment für den GaLaBau, das auch im Webshop zu beziehen ist. Patrick Schlüssel, Geschäftsführer Green Pflanzenhandel, gab rund einen Monat vor der Pflanzzeit der Blumenzwiebeln Tipps für die Pflanzung: «Es kommt auf das Timing an – nicht zu früh, nicht zu spät. Eine Bodentemperatur von 9 ° C ist ideal.» Mit Mischungen aus Tulpensorten gestaffelter Blütezeiten, wie dies «Keukenhof» bietet, liessen sich Wow-Effekte erzielen, so Schlüssel. Wiesencharakter hat die Mischung «Spring Modern». Im Staudensortiment richtete sich der Fokus beim Rundgang auf die mit der ZHAW Wädenswil und der Hochschule Weinheim entwickelten Konzepte für Mischpflanzungen. Besonders ansprechend war die «Blütensteppe». Sie bestach durch die Vielfalt der verwendeten heimischen Arten. |
Kommentare und Antworten