Der Knospenaustrieb ist ein heikler Moment für Bäume: Findet er zu früh statt, können späte Fröste den Baum ernsthaft schädigen, kommt er spät, verpasst er die besten Wachstumsbedingungen. Bislang wusste man, dass Bäume aus ihrer Winterruhe (Dormanz) erwachen, wenn sie über einen bestimmten Zeitraum Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt ausgesetzt sind, was «chilling» genannt wird. Die beiden WSL-Ökologen Frederik Baumgarten und Yann Vitasse haben laut Medienmitteilung untersucht, in welchem Temperaturbereich dieses «chilling» für einzelne Baumarten genau liegt und wie lange er dauern muss.
Die Forscher kamen zu einem überraschenden Ergebnis: Der Zeitraum, in dem Frosttemperaturen auf die Knospen wirken, ist von grösserer Bedeutung für das Ende der Winterruhe als bisher angenommen. Die Knospen unterliegen dadurch einem Schutzmechanismus. Dieser verhindert ein Austreiben der Blätter nach einer warmen Winterperiode, wenn das Risiko von fatalen Frostnächten noch hoch ist. Dennoch trägt der gesamte untersuchte Temperaturbereich zwischen -2°C und +10°C zum gesamten chilling-Prozess bei.
Laut Frederik Baumgarten wird die Klimaerwärmung in absehbarer Zeit keinen Einfluss auf das Ende der Winterruhe der Waldbäume in den gemässigten Breiten haben. Lediglich die Reihenfolge, in der die einzelnen Baumarten ihr Frühlingsgrün entfalten, werde sich mit zunehmender Erwärmung verändern. «An der südlichen Verbreitungsgrenze könnte es aber tatsächlich sein, dass einige Arten sogar später oder unvollständig austreiben, da zukünftige Winter dort nicht kalt genug sein werden», vermutet Baumgarten.
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