Das Thema der invasiven Neophyten ist in Fachkreisen wohlbekannt. In dieser Arbeit wird es aus einem neuen Blickwinkel betrachtet, nämlich aus der Sicht eines Unternehmers, der ökologisch sinnvoll handelt sowie die bestehende Gesetzgebung interpretieren und auch anwenden kann. Denn dem Kader eines Unternehmens obliegt eine grosse Verantwortung, aber auch ein unternehmerisches Risiko, das es zu tragen gilt. Die Arbeit soll kein Vergleich sein im Sinne von «gute Pflanze – böse Pflanze», sondern den Führungspersönlichkeiten beim Umgang mit invasiven Neophyten helfen.
Gesetzliche Grundlagen
Die wichtigen Gesetzesgrundlagen sind das Umweltschutzgesetz (USG) und das Natur- und Heimatschutzgesetz (HSG). Diese beiden Gesetze bilden den rechtlichen Grundstein. Das Fazit aus Telefongesprächen mit Experten ist, dass bisher noch keine rechtlichen Massnahmen gegen Gartenbauer oder Private eingeleitet wurden.
Die Freisetzungsverordnung (FrSV) regelt den Umgang mit gebietsfremden Pflanzen, Tieren und Organismen. Sie nennt unter anderem die Pflanzen, mit denen der Umgang verboten ist (Verbotsliste). Das heisst, diese Pflanzen dürfen weder eingeführt, verkauft, transportiert, vermehrt, gepflanzt oder gepflegt werden. Wer dagegen verstösst macht sich strafbar. Die Bekämpfung dieser 16 Arten ist zulässig. Bei der Aufrechten Ambrosia schreibt der Gesetzgeber jedoch eine Melde- und Bekämpfungspflicht vor.
In der Schwarzen Liste sind Pflanzen aufgeführt ( zurzeit 24 ), die in den Bereichen Biodiversität, Gesundheit und Ökonomie Schäden verursachen. Allerdings hat die Schwarze Liste an sich keine rechtliche Verbindlichkeit. Die Watch-Liste zählt
20 Arten auf, die über ein invasives Potenzial verfügen und beispielsweise im Ausland schon Schäden angerichtet haben.
Auslegung der Gesetze
Der Art. 2 des Umweltschutzgesetzes beschreibt das Verursacherprinzip. Wer Massnahmen verursacht, muss die Kosten für diese Massnahmen tragen. Somit ist klar, dass jeder, der durch die Verwendung problematischer Pflanzen Schäden verursacht, dafür verantwortlich gemacht werden kann. Auf welcher Liste diese Pflanze steht, ist sekundär. Dies zu verstehen, ist vermutlich der wichtigste Faktor im Umgang mit invasiven Neophyten.
Des Weiteren appelliert die Freisetzungsverordnung an die Sorgfaltspflicht bzw. an die Selbstkontrolle. Wer eine Ausbildung in der Grünen Branche genossen hat, kennt die Pflanzen und kann abschätzen, wie sich eine bestimmte Pflanze verhält, beispielsweise bezüglich der Ausbreitung. Er trägt deshalb auch eine gewisse Verantwortung dafür.
Richtig und verbindlich informieren
Die Problematik liegt nun darin, dass die Pflanzen der Schwarzen Liste und der Watch-Liste verwendet, verkauft, gepflegt und kultiviert werden dürfen. Einige Arten werden von der Kundschaft sogar stark nachgefragt. Wie reagiere ich nun als Unternehmer, der einerseits die Kundenwünsche erfüllen will, andererseits aber auch das unternehmerische Risiko trägt und für Schäden, verursacht durch Pflanzen, verantwortlich gemacht werden kann?
Die Kantone haben erlassen, dass der Verkäufer den Käufer bzw. den neuen Besitzer der Pflanze über deren invasives Potenzial informieren muss. Sobald dies geschehen ist, obliegt die Verantwortung dem neuen Besitzer der Pflanze und er hat alle notwendigen Massnahmen zu treffen, um das Ökosystem zu schützen. Er muss z. B. die Ausbreitung der Pflanze verhindern. Ob dies nun durch das Abschneiden der Blütenstände oder andere Massnahmen erfolgt, ist abhängig von
der Pflanze, um die es sich handelt.
Das Schnittgut oder Wurzelteile von Problempflanzen sind nicht in herkömmlichen Kompostieranlagen zu entsorgen, sondern in der Kehrichtverbrennung.
Der Kunde muss darauf aufmerksam gemacht werden, welche rechtlichen Konsequenzen auf ihn zu kommen können und welche Pflichten er hat. Mit der richtigen Information kann der Verkäufer Verantwortung abgeben, wenn ein Kunde trotzdem auf dem Kauf einer problematischen Pflanze beharrt. Kaum ein Gärtner möchte die Kosten für die Massnahmen tragen, die eine solche Pflanze verursacht.
Zwar wurde noch nie ein rechtlicher Anspruch geltend gemacht, doch es ist unserer Meinung nach nur eine Frage der Zeit, bis dies geschieht. Aus diesem Grund haben wir im Rahmen dieser Arbeit neue Verträge und weitere Absicherungen entwickelt.
Kontaminierter Aushub
Laut der Freisetzungsverordnung muss der Aushub, der mit Organismen von nach der Liste verbotenen Pflanzen belastet ist, am Entnahmeort verwertet oder so entsorgt werden, dass eine Weiterverbreitung dieser Organismen ausgeschlossen ist (Ambrosiabefall muss gemeldet, dann bekämpft werden). Die Entsorgung hat daher in Deponien stattzufinden. Der Boden ist mit Kiessand zu überschütten und darf nich mehr ausgebaut werden. Bei einigen Arten sind beträchtliche Schichtstärken an Kiessand nötig.
Fazit
Die Gärtnerinnen sollten die Gesetzesgrundlagen betreffend den Umgang mit invasiven Neophyten kennen und in groben Zügen wiedergeben können. Sie müssen die Verbotsliste, die Schwarze Liste und die Watch-Liste kennen und respektieren. Es können auch schöne und attraktive Gärten gebaut werden, ohne problematische Pflanzen zu verwenden. Wer sonst kann denn so grossen Einfluss auf die Erhaltung unseres Ökosystems nehmen? Es liegt an uns, vorbildlich zu handeln. Architektinnen, Bauherren sowie Partnerunternehmen müssen für die Problematik der invasiven Neophyten sensibilisiert werden. Es liegt an uns, kreative Alternativen zu bieten. Falls man dies aus irgendeinem Grund nicht umsetzen kann, wird es immer wichtiger, sich abzusichern.
Das Personal an der Front (in den Gärten) muss ebenfalls sensibilisiert werden. Es geht vor allem um den Umgang mit den Kunden. Man soll die Kunden auf diese Thematik aufmerksam machen, wenn man z. B. bei der Pflege auf problematische Arten trifft, und zwar so, dass sich der Kunde nicht als Angeklagter fühlt, sondern ein angenehmes Beratungsklima entsteht. Gerade die Vorarbeiter spielen dabei eine grosse Rolle, da sie oftmals am meisten persönlichen Kontakt mit den Kunden haben. Sie müssen die invasiven Neophyten erkennen und dann das Gespräch mit der Kundschaft aufnehmen.
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