Artikel

Die biologische Vielfalt nimmt nicht nur in der Realität, sondern auch in der westlichen Literatur seit der Industrialisierung immer mehr ab. Bild: Gabriele Rada/iDiv

  • Forschung
  • Biodiversität

Artensterben auch in der Literatur

Die biologische Vielfalt nimmt in der westlich geprägten Literatur seit den 1830er-Jahren kontinuierlich ab. Das ist das Ergebnis einer umfangreichen, interdisziplinären Studie, die von Leipziger Forschern geleitet wurde.

Der Weltbiodiversitätsrat (IPBES) schreibt in seinem jüngsten Bericht, dass durch den Einfluss des Menschen seit dem Jahr 1500 mindestens 680 Wirbeltierarten ausgerottet wurden. Das Artensterben nimmt immer mehr zu. Ein internationales Team unter der Leitung Leipziger Forscher wollte herausfinden, ob sich die Biodiversitätskrise der realen Welt auch in der Gedankenwelt des Menschen widerspiegelt. 

Dazu untersuchten sie, wie sich die Verteilung der Biodiversität in der Literatur über die letzten 300 Jahre verändert hat. Sie verwendeten für ihre Arbeit den Literaturbestand des Project Gutenberg. Mit knapp 60.000 Werken ist es die größte digitale, öffentlich nutzbare Sammlung von westlicher Belletristik in ihrer englischen Version. Aus einem Teilbestand dieser Sammlung wurde die Literatur des Zeitraums 1705 bis 1969 ausgewählt. So verblieben 16000 Werke von 4000 Autoren. Die Texte wurden zunächst nach volkstümlichen Bezeichnungen für Lebewesen unterschiedlichster Art durchsucht. So entstand eine Liste von 240000 Wörtern wie Pferd, Maikäfer oder Lavendel. Mit dieser wurden wiederum sämtliche Texte dieser Autoren nach Wortvorkommnissen, -häufigkeiten und -verteilungen überprüft.

Bei ihrer Analyse fiel den Forschern auf, dass die Häufigkeit, Dichte und Ausdrucksvielfalt von Bezeichnungen für Tiere und Pflanzen in der Literatur bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts anstieg, dann aber kontinuierlich abnahm. So ist nach 1835 eine Tendenz zur Verwendung weniger spezifischer Bezeichnungen feststellbar. Das bedeutet beispielsweise, dass eher das Wort Baum statt einer konkreteren Bezeichnung wie Eiche benutzt wurde. Lebewesen jedoch, mit denen der Mensch dauerhaft und häufig zu tun hatte, wurden gleichbleibend oft genannt. Das sind beispielsweise domestizierte Tiere wie Pferd und Hund oder bedrohliche wie Bär und Löwe.

«In der Romantik spiegelt sich vermutlich ein erstes ansteigendes Bewusstsein für den beginnenden Verlust der Artenvielfalt», heisst es in der Medienmitteilung. Mit der Industrialisierung, Urbanisierung und den damit verbundenen Landnutzungsänderungen habe dann nicht nur der reale Biodiversitätsverlust begonnen, sondern möglicherweiswe auch die Verarmung naturbezogener Denkmuster.

«Die reale Biodiversitätskrise scheint mit einer Gedankenkrise eng verbunden zu sein», schätzt Prof. Christian Wirth, Senior-Autor der Studie, Forscher an der Universität Leipzig, die Ergebnisse der Untersuchung ein. «Wir sehen, dass mit dem Beginn der Industrialisierung beide Krisen parallel verlaufen und gehen davon aus, dass sie sich wechselseitig bedingen und verstärken. Ich denke, dass wir einen Stopp des realen Biodiversitätsverlusts nur durch einen tiefgreifenden Bewusstseinswandel erreichen. (...) Heute wären neben Büchern auch die sozialen Medien sehr aufschlussreich.»

Kommentare und Antworten

×

Name ist erforderlich!

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Gib eine gültige E-Mail Adresse ein

Kommentar ist erforderlich!

Google Captcha ist erforderlich!

  • Schwammstadt
  • Baumschutz
  • Stadtgrün
  • Forschung

Eine Studie des Royal Melbourne Institute of Technology (RMIT University) mit Beteiligung der Technischen Universität München (TUM) hat den Zugang zur…

Weiterlesen

  • Forschung
  • Umwelt
  • Biodiversität

Eine neue Studie belegt, dass europäische Waldpflanzen aufgrund von hohen Stickstoffeinträgen im Boden und nicht, wie bisher angenommen, wegen des…

Weiterlesen

  • Produktion
  • Branche
  • Forschung

Nachdem 2023 die Geschäftsstelle des «Swiss Plant Breeding Center» (SPBC), also des Netzwerks der Schweizer Akteure der Pflanzenzüchtung und…

Weiterlesen

  • Forschung
  • Biodiversität

Feldversuche der ETH Zürich zeigen, dass genetische Vielfalt unter Kulturpflanzen deren Resistenz gegenüber Schädlingen erhöhen kann, sodass weniger…

Weiterlesen

  • Forschung
  • Umwelt

Mithilfe eines Algorithmus können Beobachtungsdaten, die in der App «Flora Incognita» erfasst sind, analysiert und ökologische Muster abgeleitet…

Weiterlesen

  • Diverses
  • Forschung
  • Umwelt
  • Biodiversität

Ein neues Berechnungstool der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL zeigt, wo Pflanzenarten heute und in Zukunft vorkommen. Es stützt sich u. a. auf…

Weiterlesen

  • Produktion
  • Forschung
  • Umwelt

In einer aktuellen Studie konnte ein Forschungsteam der Universität Zürich (UZH) nachweisen, dass Pflanzen von vielfältigen Interaktionen mit…

Weiterlesen

  • Diverses
  • Forschung
  • Biodiversität

Die Aktion «Stunde der Gartenvögel» von BirdLife Schweiz lockte vom 8. bis 12. Mai wieder Interessierte zum Feldstecher, um Vögel im Siedlungsraum zu…

Weiterlesen

  • Produktion
  • Forschung

Seit vielen Jahren erodierten die Gartenbauwissenschaften an den verschiedenen universitären Standorten, teils sogar an den Hochschulen, schreibt die…

Weiterlesen

  • Stadtgrün
  • Forschung
  • Biodiversität
  • Organisationen

Umfangreiche botanische Untersuchungen haben im letzten Jahr beim regionalen Projekt wieder zu neuen Erkenntnissen bezüglich Arten und Neophyten…

Weiterlesen

  • Forschung

Der Mechanismus der Schotenexplosion, mit der das Behaarte Schaumkraut seine Samen verbreitet, ist geklärt. Er lässt sich mit einer Muskelkontraktion…

Weiterlesen

  • Diverses
  • Forschung
  • Umwelt
  • Biodiversität

Die Gletscherschmelze hat weitreichende Auswirkungen auf die Lebensräume zahlreicher Lebewesen, die in Bächen leben, die von Gletscherwasser gespeist…

Weiterlesen

  • Produktion
  • Forschung
  • Nutzpflanzen

Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) hat am 15. Februar 2024 unter Auflagen einem Freisetzungsversuch von Agroscope mit gentechnisch veränderter…

Weiterlesen

  • Diverses
  • Forschung
  • Pflanzenschutz
  • Nutzpflanzen

Ackerböden enthalten oft Krankheitserreger, die Pflanzen befallen können und so die Erträge verringern. Nun hat ein Schweizer Forschungsteam der…

Weiterlesen

  • Diverses
  • Auszeichnungen
  • Forschung
  • Botanische Gärten

Der Botanische Garten Neuenburg wurde von der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT) mit dem Prix Museum 2023 ausgezeichnet. Sie würdigt…

Weiterlesen

  • Diverses
  • Forschung
  • Biodiversität

Böden spielen eine entscheidende Rolle bei der Artenvielfalt auf unserem Planeten. Rund zwei Drittel aller bekannten Arten werden im Boden vermutet,…

Weiterlesen

  • Forschung
  • Umwelt

Bodennistende Wildbienen sind nicht nur wichtige Bestäuber, sondern auch nützliche «Bodeningenieure». Das zeigen die Untersuchungen von Agroscope und…

Weiterlesen

  • Stadtgrün
  • Forschung
  • Biodiversität

Um dem Insektenrückgang entgegenzuwirken, arbeiten die Hochschule Geisenheim und das Lore-Steubing-Instituts in einem neuen Forschungsprojekt…

Weiterlesen

  • Branche
  • Digitalisierung
  • Forschung
  • Veranstaltungs-Tipp

Am 8. September 2023 steht in Mannheim die Arbeit der Zukunft im Fokus der öffentlichen Mitgliederversammlung des Zentralverbandes Gartenbau (ZVG).…

Weiterlesen

  • Diverses
  • Forschung
  • Umwelt

Ein internationales Forschungsteam hat den Einfluss des Klimas auf Ökosysteme und die Vegetation nachgewiesen. Mit diesem Wissen könnten…

Weiterlesen

Aktuelle Ausgabe

23/24/2024

Magie der Lichtkunst: Festival in Kronach

Magie der Japangärten: Gestaltung und Rituale

Webtools für mehr Biodiversität

Biozertifizierte Weihnachtssterne

 

Zur Ausgabe E-Magazine

Newsletter Registration

Frau  Herr 

Agenda

«Stadtgrün»
Stadtgärtnerei – Zentrum für Pflanzen und Bildung Sackzelg 27, 8047 Zürich

Die Ausstellung «Stadtgrün» zeigt konkrete Projekte aus dem gleichnamigen Förderprogramm. Zudem gibt es Arbeiten von Studierenden der ZHAW, ETH und OST zu sehen.
Öffungszeiten: täglich 9 bis 17.30 Uhr.

23.11.2024 00:54  –  19.01.2025 00:00
Lehrgang Vegetationstechnik in der Klima- und Schwammstadt
ZHAW Life Sciences und Facility Management, Campus Grüental, 8820 Wädenswil

Im Fokus stehen gesamtheitliche Konzepte, für resiliente, hitzemindernde und wassersensible Freiraumgestaltung. Der Lehrgang zur Fachperson Vegetationstechnik in der Klima- und Schwammstadt (6 ECTS) dauert 12 Monate (inkl. Projektarbeit). Die 24 Präsenztage fallen voraussichtlich auf den Donnerstag. Der Unterricht findet von 9 bis16 Uhr statt (6 Lektionen à 45 Minuten). Kosten: Fr. 5900.–.
Weitere Infos und Anmeldung

09.01.2025  –  09.12.2025
Volkshaus Zürich, Stauffacherstrasse 60, 8004 Zürich

Grün, blau und grau gemeinsam denken: Das ist das Motto der ersten Zürcher Klimatagung «Wie die Stadt zum Schwamm wird» am Donnerstag, 23. Januar. Es ist eine Veranstaltung des Amts für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kantons Zürich in Kooperation mit Grün Stadt Zürich. Im Fokus der Tagung stehen inspirierende Schwammstadt-Pilotprojekte aus der Schweiz und dem benachbarten Ausland sowie Aktuelles aus der Forschung. Das Vormittagsprogramm beinhaltet Projektpitches, Fachreferate und Podiumsdiskussionen im Plenum. Am Nachmittag liegt der Schwerpunkt auf Vertiefungsworkshops zu diversen Themen. Kosten: 200 Fr. 
Programm und Anmeldung

23.01.2025 08:30  –  17:00

Submissionen

Region Zürich
Restaurant Schifflände
Angebotsfrist: 08.01.2025
Region Winterthur
Grosszyklische Sanierung Theater Winterthur
Angebotsfrist: 09.01.2025
Region Zürich
Gleisbogen
Angebotsfrist: 17.01.2025